Gesellschaft

Dieses Video stammt von 2014 und zeigt Tumult in einem Berliner Freibad

Ein Video aus einem Schwimmbad wird massiv auf Facebook verbreitet. Es zeigt eine große Gruppe Jugendlicher, die sich offenbar einem Bademeister gegenüber respektlos verhalten. Unsere Recherchen zeigen: Das Video ist echt. Es ist fünf Jahre alt und stammt aus Berlin. 

von Alice Echtermann

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Ein Video zeigt grölende Jugendliche in einem Freibad. (Screenshot: CORRECTIV)
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Größtenteils richtig. Das Video entstand an Pfingsten 2014 in einem Berliner Freibad. 

Mehr als 14.000 Mal wurde ein Video, das einen Tumult rund um einen Sprungturm in einem Freibad zeigt, auf Facebook geteilt. Hochgeladen hat es die Seite „DCT Kontaktbüro“ am 30. Juni. Die etwa 40 Sekunden lange Sequenz zeigt, wie einige junge Männer unter Jubel und Pfiffen von zahlreichen jugendlichen Zuschauern offenbar einen älteren Mann im weißen Shirt von einem Sprungbrett vertreiben. Der Mann gehört scheinbar zum Personal des Schwimmbads und wollte die Jugendlichen zuvor davon abhalten, auf das Brett zu gelangen.

Dasselbe Video wurde einen Tag später auch von dem AfD-Politiker Ronald Gläser auf Facebook hochgeladen und dort bereits etwa 12.500 Mal geteilt. Beide, „DCT Kontaktbüro“ und Gläser, behaupten im Text über dem Video („Merkels Multi-Kulti-Paradies“), die Szene habe sich in Deutschland abgespielt. Der Bademeister werde respektlos mit einem Schuh auf den Kopf geschlagen. Er stehe stellvertretend für alle Deutschen. Zu dem Video auf der Seite „DCT Kontaktbüro“ schreiben Nutzer Kommentare wie: „Das wäre mein letzter Arbeitstag als Zoowärter“ oder „Kommen hierher und benehmen sich wie Affen“.

CORRECTIV hat die Echtheit des Videos und seinen Kontext geprüft.

Das Video auf der Facebookseite von „DCT Kontaktbüro“. (Screenshot: CORRECTIV)

Wann und wo wurde das Video aufgenommen?

Das Video ist nicht aktuell; es stammt aus dem Jahr 2014 und wird immer wieder im Netz geteilt. Bereits im Jahr 2017 veröffentlichten die Faktenchecker von Mimikama einen Bericht dazu, in dem sie aufklären, dass das Video schon älter sei und aus einem Berliner Schwimmbad stamme. Tatsächlich ist auf dem Video zu sehen, wie ein junger Mann den Mann im weißen Shirt mit einer Badelatsche auf den Arm und den Kopf schlägt.

Es existiert jedoch noch ein zweites, längeres Video, das zeigt, was vor dieser Szene geschah. Mimikama verweist auf das Youtube-Video vom 8. Juni 2014. Die Sequenz mit dem Titel „Sommerbad Neukölln AK-Außer Kontrolle“ ist etwa drei Minuten lang und zeigt zunächst nur, wie zahlreiche Jugendliche vom Sprungturm ins Becken springen. Bei Minute 1:30 sieht man, wie der Mann im weißen Shirt auf das Sprungbrett klettert und zwei Jugendliche, die darauf stehen, schubst und vom Brett jagt. Eine Stimme im Hintergrund fragt: „Hat er ihn getreten?“ Ein Mädchen antwortet „Habe ich nicht gesehen.“ Der Sprungturm wird offenbar geschlossen; zwei andere Mitarbeiter des Schwimmbads sind auf den höheren Ebenen des Sprungturms zu sehen.

Dieselbe Person, die das längere Video hochgeladen hat, veröffentlichte am selben Tag auch die zweite, kürzere Sequenz auf Youtube, die aktuell auf Facebook kursiert. Titel: „Sommerbad Neukölln Junge schlägt Bademeister.“ Im Text darunter steht: „Junge schlägt Bademeister mit Badelatschen weil er einen jungen davor getreten hatte.“

Die 40-sekündige Videosequenz auf Youtube. (Screenshot: CORRECTIV)

Das Video von „DCT Kontaktbüro“ stammt vom Pfingstsonntag 2014 aus dem Freibad am Columbiadamm in Berlin-Neukölln, auch Sommerbad Neukölln oder Columbiabad genannt. Allerdings wird auf Facebook nicht erklärt, dass es fünf Jahre alt ist. Die kurze Vorgeschichte der Szene, in der der Bademeister einen Jugendlichen schubst, wird ebenfalls nicht erwähnt.

Es gibt zahlreiche Medienberichte, die von Tumulten in diesem Freibad berichten. Über den Vorfall an Pfingsten 2014 (8./9. Juni) schreibt der Tagesspiegel in der Rückschau: „Drei Tage in Folge herrschte hier rund um Pfingsten 2014 Aufruhr. Mehrere Dutzend Jugendliche hatten den Turm besetzt, sprangen unkontrolliert ins Wasser, gefährdeten andere Badegäste und sich selbst. Schließlich standen 100 aggressive Typen in Badehosen diversen Polizisten gegenüber. Drei Tage in Folge wurde das Bad geräumt.“ Jeweils gegen 19 Uhr hätte eine große Gruppe männlicher Jugendlicher den Sprungturm besetzt, weshalb die Polizei gerufen wurde, heißt es in einem anderen Artikel des Tagesspiegel vom 11. Juni 2014. 

Suchergebnis bei Google zu den Vorfällen an Pfingsten 2014 im Columbiabad in Berlin. (Screenshot: CORRECTIV)

In diesem Schwimmbad kommt es Medienberichten zufolge immer wieder zu Polizeieinsätzen. Wie aus einer aktuellen Antwort des Berliner Abgeordnetenhauses auf eine Anfrage des FDP-Politikers Marcel Luthe hervorgeht, wurden 2018 an der Adresse des Freibads (Columbiadamm 160) insgesamt 130 Straftaten erfasst. Damit steht das Schwimmbad im Vergleich der Berliner Bäder auf Platz eins. Den größten Teil der Taten machen einfache Diebstähle aus, es gibt aber auch einige Fälle von Körperverletzung. Sexualdelikte wurden in dem Freibad 2018 nicht erfasst.