Fehler bei „Tagesschau“: Nein, die meisten tödlichen Unfälle in Deutschland gibt es nicht auf Autobahnen
In der Debatte um die Einführung eines Tempolimits geht es oft um die Unfallstatistik in Deutschland. Die Tagesschau erwähnte in einem Artikel, die meisten tödlichen Unfälle gebe es auf deutschen Autobahnen. Das ist nicht richtig.
Am 2. Februar berichtete die Tagesschau auf ihrer Webseite über eine Online-Kampagne der CSU gegen die Einführung eines Tempolimits auf deutschen Autobahnen. In dem Artikel heißt es auch, tödliche Unfälle würden meistens auf Autobahnen passieren.
Die Zahl der Verkehrstoten sei zwar rückläufig. „Die meisten tödlichen Unfälle gibt es allerdings auf deutschen Autobahnen – und in 30 Prozent wurden sie durch überhöhte Geschwindigkeit verursacht.“ In anderen Ländern der EU wie beispielsweise Dänemark, Schweden, Großbritannien, Polen und Österreich habe es auf Autobahnen pro Million Einwohner weniger Verkehrstote gegeben als in Deutschland.
Ein Leser hat uns auf diesen Artikel hingewiesen, wir haben ihn überprüft und festgestellt: Die Aussagen über die Unfallstatistik stimmen nicht.
Die meisten Menschen sterben auf Straßen außerorts, aber nicht auf der Autobahn
Als Quellen werden von der Tagesschau eine Erhebung der EU von 2017 und eine Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes von Dezember 2019 genannt. In letzterer geht es jedoch nicht um Autobahnen.
Laut EU-Auswertung lag Deutschland 2017 bei der Zahl der Verkehrstoten pro Million Einwohner vor Ländern wie Schweden, Großbritannien, Dänemark, Niederlande, Irland und Estland – aber noch deutlich unter dem EU-Schnitt. Der Anteil der Todesopfer auf Autobahnen war dabei zwar tatsächlich höher als beispielsweise in Schweden, Dänemark oder Großbritannien. Aber auch niedriger als zum Beispiel in Spanien, Luxemburg oder Belgien.
Insgesamt gibt es die meisten tödlichen Unfälle im Straßenverkehr in Deutschland nicht auf Autobahnen, sondern auf anderen Straßen außerorts, zum Beispiel Landstraßen. Das Statistische Bundesamt schreibt in seinem Bericht für 2018: „Nach wie vor ereigneten sich die meisten Unfälle mit Personenschaden innerhalb von Ortschaften (69,0 %); jedoch wurden hier nur 30,0 % der Getöteten registriert. Auf den Außerortsstraßen (ohne Autobahnen) passierten 24,3 % der Personenschadens-Unfälle, aber 57,0 % der Verkehrsopfer kamen hier ums Leben. Auf den Autobahnen wurden 6,7 % aller Unfälle mit Personenschaden und 12,9 % aller Getöteten gezählt“ (PDF, Seite 43). Daten für 2019 liegen noch nicht vor.
Häufigste Unfallart ist das Abkommen von der Fahrbahn
Bei hoher Geschwindigkeit sind Unfälle also wesentlich häufiger tödlich. „Während 2018 innerorts 5 Getötete auf 1.000 Unfälle mit Personenschaden kamen, lag der entsprechende Wert für Autobahnen bei 21 und für die Landstraßen sogar bei 25 Todesopfern“, schreibt das Statistische Bundesamt. Die häufigste Unfallart außerorts sei das „Abkommen von der Fahrbahn“, fast jeder dritte Unfall passiere so (PDF, Seite 43).
Generell war „nicht angepasste Geschwindigkeit“, also zu schnelles Fahren, 2018 die vierthäufigste Ursache bei Unfällen mit Personenschaden. Die meisten Menschen wurden verletzt durch „Fehler beim Abbiegen, Wenden, Rückwärtsfahren, Ein- und Anfahren“.
Zum direkten Vergleich der absoluten Zahlen: 2018 gab es in Deutschland 3.096 tödliche Verkehrsunfälle, bei denen 3.275 Menschen starben (PDF, Seite 55). Davon passierten 383 Unfälle auf Autobahnen, dort starben 424 Menschen (PDF, Seite 58). Auf anderen Straßen außerhalb von Ortschaften, wie Landstraßen, gab es 2018 insgesamt 1.759 Unfälle mit Getöteten, dabei starben 1.867 Menschen (PDF, Seite 59).