Politik

Der angebliche Tweet von Jens Spahn zu dem getöteten Jungen in Frankfurt ist eine Fälschung

Ein angeblicher Tweet von Jens Spahn soll zeigen, dass der CDU-Politiker den Tod eines Jungen in Frankfurt relativiert habe. Außerdem soll Spahn behauptet haben, dass wesentlich mehr Kinder an Masern sterben würden. Der Beitrag ist eine Fälschung. 

von Alice Echtermann

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Im Netz kursiert eine gefälschte Aussage von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. (Foto: Tobias SCHWARZ / AFP)
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Völlig falsch. Der Tweet ist eine Fälschung. 

Auf Facebook wird ein Bild verbreitet, das einen angeblichen Beitrag von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) auf Twitter zeigen soll. Es wurde unter anderem am 31. Juli von der AfD-Politikerin Ina Buchmann auf Facebook hochgeladen und innerhalb von drei Stunden mehr als 300 Mal geteilt. Buchmann forderte in ihrem Beitrag den Rücktritt Spahns, da er die Tat als „Unfall“ bezeichnet habe. 

Der Facebook-Beitrag von AfD-Politikerin Ina Buchmann. (Screenshot am 31. Juli 2019: CORRECTIV)

Der Text des angeblichen Tweets von Jens Spahn relativiert die Tat in Frankfurt, bei der am Montag ein Achtjähriger vor einen Zug gestoßen wurde und starb. Der Tatverdächtige ist laut Medienberichten ein 40-jähriger Mann. Das Motiv ist bisher unklar; es werde auch geprüft, ob der Mann psychisch krank ist.

Der vollständige Text auf dem Bild, das auf Facebook verbreitet wird, lautet: „Die Tat in Frankfurt heute zeigt mal wieder ganz deutlich: Die öffentliche Wahrnehmung im Bezug auf Kriminalität von vermeintlich „nichtdeutschen“ ist sehr angespannt. Dabei sollte man aber ganz nüchtern betrachtet einmal feststellen, dass wesentlich mehr Kinder 2019 an Masern gestorben sind, als bei Unfällen mit Zügen. Deshalb finde ich es wichtig und richtig, dass wir im Bundesministerium für Gesundheit das Gesetz zur Impfpflicht gegen Masern auf den Weg gebracht haben. So traurig dieser Unfall auch sein mag, lasst uns dabei nicht vergessen, dass Kinder an Krankheiten sterben, die man verhindern kann. Weiterhin soll man zum jetzigen Zeitpunkt auch keine voreiligen Schlüsse über den Hergang ziehen. Die Instrumentalisierung durch rechts ist bereits im vollen Gange, deshalb meine Bitte an euch: Lasst den Hass nicht zu! Meine Gedanken sind bei den Flüchtlingen, die jetzt wieder Tag für Tag abwertende Blicke von Einheimischen kassieren und um die an den Bahnhöfen ein großer Bogen gemacht wird.“

CORRECTIV hat geprüft, ob der Tweet echt ist. 

Der Beitrag ist viel zu lang für einen Tweet

Zunächst fällt auf, dass der Tweet zu lang ist. Auf Twitter kann ein Beitrag nur maximal 280 Zeichen lang sein, inklusive Leerzeichen. Der Text von Jens Spahn ist jedoch mehr als 700 Zeichen länger. 

Ein Test auf Twitter zeigt: Der Text ist zu lang für einen Tweet und hätte so nicht gesendet werden können. (Screenshot: CORRECTIV)

Zudem sieht die Datumsanzeige auf dem Bild aus, als sei sie manipuliert worden; die 9 ist sehr unscharf. In Jens Spahns Twitter-Kanal befindet sich kein anderer Tweet vom 29. Juli, daher musste die 9 wohl per Bildbearbeitung eingefügt werden. 

Die Datumsanzeige „29. Juli“ wurde manipuliert. (Screenshot: CORRECTIV)

Spahns Sprecher: Tweet ist ein Fake

Auf Anfrage beim Bundesgesundheitsministerium teilt ein Sprecher, Hanno Kautz, CORRECTIV per E-Mail mit: „Dieser Beitrag ist ein Fake. Er stammt nicht von Herrn Spahn. Bereits heute morgen wurde der Post auf Facebook unter dem Account ‘Elize Baims’ verbreitet. Nach unserer Intervention bei Facebook wurde der Eintrag gelöscht. Offenbar hat aber ein anderer User den Beitrag kopiert und erneut gepostet. Wir werden genauso dagegen vorgehen wie heute morgen.“ 

Jens Spahn äußerte sich am 31. Juli auch zu der Fälschung auf Twitter. Sie sei „besonders perfide und plump“. 

Tweet von Jens Spahn am 31. Juli 2019 als Reaktion auf die Fälschung. (Screenshot: CORRECTIV)