Nein, die Grünen fordern kein generelles Luftballonverbot
In dieser Woche berichteten zahlreiche Medien, die Grünen in Niedersachsen wollten Luftballons verbieten. Die Forderung wurde jedoch stark übertrieben dargestellt, so dass der eigentliche Inhalt verloren ging.
Fordern die Grünen ein „Luftballonverbot“? Zahlreiche Medien behaupteten dies am Donnerstag, 12. September. Der Hintergrund ist ein missverständlich wiedergegebenes Interview der Neuen Osnabrücker Zeitung mit der Landesvorsitzenden der Grünen in Niedersachsen, Anne Kura.
Die Neue Osnabrücker Zeitung veröffentlichte am 12. September eine Pressemitteilung dazu mit dem Titel „Niedersachsens Grüne für Luftballonverbot“. Diese Nachricht wurde am selben Tag von zahlreichen Medien aufgegriffen. Sie stimmt, so pauschal ausgedrückt, jedoch nicht.
Das in fast allen Überschriften verwendete Wort „Luftballonverbot“ ist stark irreführend, weil es wirkt, als wolle die Partei Ballons insgesamt verbieten. In der Pressemitteilung wird Anne Kura mit den Worten zitiert: „Steigen gelassene Luftballons landen in den allermeisten Fällen in der Natur. Vögel und andere Tiere fressen die weichen Ballonreste und verhungern dann mit vollem Magen. Auch Ballons aus Naturlatex sind deswegen keine wirkliche Alternative.“ Sie begrüße deshalb einen Beschluss der Stadt Gütersloh, bei öffentlichen Veranstaltungen das Ballon-Steigenlassen zu verbieten.
Verbot in Gütersloh bezieht sich auf städtische Events und Plätze
Der Umweltausschuss der Stadt Gütersloh hat am 2. September einstimmig beschlossen, dass „in Zukunft bei städtischen Veranstaltungen und auf städtischen Flächen auf den Massenstart von gasgefüllten Luftballons verzichtet werden soll“. Dass sich dies nicht auf private Feiern auf privaten Grundstücken bezieht, wie zum Beispiel der NDR oder Zeit Online erwähnten, steht in der Pressemitteilung der NOZ nicht explizit.
Das ist vermutlich der Grund, weshalb das Thema in den Medien und Sozialen Netzwerken oft stark übertrieben dargestellt wurde. Das Compact-Magazin titelte: „Völlig losgelöst: Grüne starten Krieg gegen die Luftballons“. In dem Artikel wird nicht erwähnt, dass es nicht um ein generelles Verbot ging. Der Radiosender Antenne Niedersachsen startete auf seiner Facebook-Seite eine Umfrage und schreibt: „Die Grünen in Niedersachsen fordern ein Luftballonverbot. Sollten Luftballons in Zukunft verboten sein?“
Die Krone-Zeitung in Österreich trieb das Thema auf die Spitze und titelte: „Deutsche Grüne fordern absolutes Luftballonverbot“. Im Text heißt es weiter: „Kaum ein Kindergeburtstag, eine Hochzeit oder ein Jahrmarkt kommt ohne Luftballons aus. Geht es nach den Grünen im deutschen Bundesland Niedersachsen, sollen sie allerdings schon bald Geschichte sein.“ Auch in diesem Artikel wird nirgends erklärt, dass es bei dem Verbot nur um das Steigenlassen von Ballons bei öffentlichen Veranstaltungen gehen sollte.
Grüne: „Von einem generellen Verbot von Luftballons war und ist nicht die Rede“
Die niedersächsischen Grünen veröffentlichten am Donnerstag eine Pressemitteilung, in der sie klarstellen, dass kein generelles Verbot von Luftballons gefordert werde: „Von einem generellen Verbot von Luftballons war und ist deshalb nicht die Rede. Es geht nicht um Luftballons bei Kindergeburtstagen im Wohnzimmer oder bei Hochzeitsfeiern im Saal.“
Es geht den Grünen also um das Steigenlassen von mit Gas gefüllen Ballons bei Veranstaltungen. Bei privaten Events, zum Beispiel Hochzeiten, wollen sie die fliegenden Ballons nicht verbieten, erklärt der Landesgeschäftsführer der Grünen in Niedersachsen, Josef Voß, auf Nachfrage von CORRECTIV am Telefon. Die Problematik für die Umwelt entstehe natürlich auch bei privaten Feiern. „Das muss man nicht gut finden, aber verbieten wollen wir das nicht.“ Ein solches Verbot sei auch gar nicht durchsetzbar – anders als bei Events, für die eine Genehmigung einer Stadt erforderlich sei.
Auch die Grünen in Niedersachsen hätten in der Vergangenheit bei Veranstaltungen Ballons steigen lassen, wird Grünen-Chefin Anne Kura in der Pressemitteilung zitiert. „Das machen wir jetzt nicht mehr.“
Mehrere Medien, darunter auch die NOZ, fügten ihren Berichten am Donnerstag noch die Erklärung der Grünen hinzu oder veröffentlichten weitere Artikel dazu. Völlig einfangen ließ sich die ausgelöste Debatte dadurch jedoch nicht mehr. Berichte wie der der Krone-Zeitung waren am Freitag noch immer unverändert online.