Wie wir arbeiten

Unsere Satire-Richtlinie: Was wir als Satire bewerten – und was als Falschmeldung

Nicht immer wird Satire auch als solche verstanden. Wenn viele Menschen sie für wahr halten, ist das für uns ein Indiz, dass bewusst Aufregung geschürt oder desinformiert werden soll. Hier erklären wir, ab wann wir „Satire“ als Falschmeldung bewerten.

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Satire sollte in unseren Augen auf Anhieb erkennbar sein. (Foto: Gerd Altmann auf Pixabay)

Bei unserer Arbeit als Faktenchecker wollen wir die Inhalte, die wir prüfen, fair und ausgewogen bewerten. Deshalb arbeiten wir mit einer Skala, die von „unbelegt“ – wenn wir keine Belege für die zentrale Behauptung finden – bis zu „völlig falsch“ beziehungsweise „frei erfunden“ reicht. Diese Bewertung vergeben wir, wenn die zentrale Behauptung einer Meldung oder eines Bildes frei erfunden ist. 

Immer wieder diskutieren wir intern bei Satire: Wir sind auf einen Text oder ein Bild aufmerksam geworden, weil Menschen ihn anzweifeln. Nach einigen Klicks durch die Webseite oder anderen Recherche stellen wir fest: Der Beitrag soll eigentlich Satire sein. Sollen wir das überhaupt prüfen? Denn zentrales Stilmittel der Satire ist per Definition Übertreibung bis hin zu ausgedachten Behauptungen (also „völlig falsch“). In der Regel überprüften wir Satire daher nicht, weil das den Rezipienten normalerweise klar sein dürfte. Doch derzeit bemerken wir vermehrt, dass Menschen Artikel von selbsternannten „Satire“-Medien für wahr halten und manche Autoren falsche Behauptungen gezielt unter dem Deckmantel der „Satire“ verbreiten.

Deshalb haben wir entschieden, uns durch eine Satire-Richtlinie Vorgaben zu geben, wie wir künftig mit dieser Problematik umgehen wollen. Dafür nehmen wir uns die Satire Policy unserer Faktencheck-Kollegen von Lead Stories zum Vorbild.

Warum ist das wichtig?

Wie Lead Stories arbeiten auch wir bei CORRECTIV mit Facebook zusammen. Wenn unsere Redaktionen eine Nachricht als „falsch” einstufen und dies bei der Plattform melden, wird laut Facebook die Reichweite der betroffenen Beiträge verringert und die Seiten verlieren bei wiederholten Falschmeldungen die Möglichkeit, ihre Beiträge zu monetarisieren oder Anzeigen zu schalten. Bei der Einstufung „Satire” passiert das nicht. 

Auch wenn beide Arten von Beiträgen im eigentlichen Sinne „falsch“ sind, macht es demnach einen gewaltigen Unterschied, ob wir als „Satire“ oder „falsch“ bewerten. Wenn wir feststellen, dass Webseiten oder Accounts ihre Beiträge unter dem Deckmantel „Satire“ veröffentlichen, das aber nicht allen Nutzern auf Anhieb klar ist, wollen wir das entsprechend kenntlich machen.

Was ist für uns Satire – und was nicht?

Der Duden beschreibt Satire wie folgt:

Kunstgattung (Literatur, Karikatur, Film), die durch Übertreibung, Ironie und [beißenden] Spott an Personen, Ereignissen Kritik übt, sie der Lächerlichkeit preisgibt, Zustände anprangert, mit scharfem Witz geißelt

Das Digitale Wörterbuch der Deutschen Sprache, das von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften herausgegeben wird, beschreibt Satire so

Form des Komischen in der Kunst, besonders in der Literatur, die mit dem Anliegen, Bestehendes zu verändern, durch Ausdrucksmittel des schärfsten Spottes und enthüllender Polemik charakteristische Widersprüche in Individuum und Gesellschaft aufdeckt und der Lächerlichkeit preisgibt

Wenn wir einen gemeinsamen Nenner herausfiltern wollten, wäre das in unseren Augen: Satire ist lustig oder spöttisch, arbeitet mit Mitteln wie Ironie oder Übertreibung und soll Menschen, Politik/Gesellschaft oder Ideen kritisieren/lächerlich machen/verspotten/bloßstellen oder auf komische Weise Missstände anprangern.

Satire ist für uns folglich, wenn ein Beitrag:

  1. Lustig ist,
  2. einen erkennbaren Missstand, Menschen, Politik/Gesellschaft oder Ideen kritisiert/lächerlich macht/verspottet/bloßstellt/anprangert und
  3. direkt oder ohne große Mühe als Witz oder Satire-Beitrag erkennbar ist.

Keine Satire ist für uns, wenn ein Beitrag:

  • Personen beleidigt, ihnen falsche Aussagen zuschreibt oder sie in ein falsches Licht rückt,
  • keinen Missstand anprangert oder Kritik äußert,
  • keine satirische Botschaft oder Kontext liefert,
  • nicht, nur schwer oder erst durch eigene Recherche als Satire erkennbar ist.

Treffen einer oder mehrere der letztgenannten Punkte zu, werten wir den Beitrag als Falschmeldung. Wichtig dabei: Ein Satire-Disclaimer, der schwer sichtbar oder erst durch Scrollen oder Klicken auf Links zu einer anderen Seite sichtbar wird, ist für uns kein Grund, von dieser Wertung abzurücken. Im Gegenteil: Wenn es Menschen zu schwer gemacht wird, einen satirischen Beitrag als solchen zu erkennen, weil er nicht offensichtlich ironisch oder spöttisch ist, so dass die Satire auf der Hand liegt, ist das für uns eher ein Zeichen dafür, dass dies mit Vorsatz geschehen könnte.