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CORRECTIV startet eigene Lokalredaktion – Ein Gespräch mit Tobias Hauswurz

In Gelsenkirchen entsteht etwas Besonderes: Mit SPOTLIGHT Gelsenkirchen verbindet CORRECTIV erstmals eine Lokalredaktion mit einem offenen Café. Hier wird nicht nur über die Stadt berichtet – hier begegnen sich Journalist*innen und Bürger*innen im Alltag. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage: Wie kann Lokaljournalismus wieder näher an die Menschen rücken und ihre Themen sichtbar machen? Tobias Hauswurz, Redaktionsleiter von SPOTLIGHT Gelsenkirchen, gibt Einblicke in die Entstehung, die Ziele und Herausforderungen des Projekts – und erklärt, warum Gelsenkirchen dafür der richtige Ort ist.

von Svenja Schilling

Spotlight_Gelsenkirchen
Foto: SPOTLIGHT Gelsenkirchen

Redaktion oder Café – was seid ihr eigentlich?

Beides! SPOTLIGHT Gelsenkirchen wird ein Ort für gutes Frühstück, Mittagstisch, Kaffee und Kuchen – also ein richtig schönes Café. Gleichzeitig entsteht hier aber auch eine Redaktion: Zwei Lokaljournalist*innen arbeiten vor Ort, stehen im direkten Austausch mit den Besucherinnen und sammeln Geschichten. Diese werden einmal pro Woche in einem Newsletter veröffentlicht.

Warum gerade Gelsenkirchen?

Weil Gelsenkirchen eine extrem spannende Stadt ist. Politisch ist hier einiges in Bewegung – bei der letzten Wahl wurde die AfD stärkste Kraft – und auch die Lokalwahlen finden bald statt.  Gleichzeitig steht Gelsenkirchen stellvertretend für viele Herausforderungen, die auch andere Städte betreffen: finanzielle Engpässe, Strukturwandel, soziale Spannungen.

Tobias, was verbindet dich persönlich mit Gelsenkirchen?

Ich bin hier geboren und aufgewachsen, habe hier studiert und mein Volontariat beim Lokalradio gemacht. Ich lebe gerne in Gelsenkirchen – trotz aller Probleme ist es eine Stadt, in der man unkompliziert leben kann. Sie liegt mitten im Ruhrgebiet, hat somit kulturell einiges drum herum zu bieten – und viele meiner Freundinnen und Freunde leben hier.

Was macht SPOTLIGHT Gelsenkirchen anders als andere lokale Medien?

Der enge Kontakt zu den Menschen. Durch das Café und unsere Veranstaltungen stehen wir im direkten Austausch mit den Bürgerinnen und Bürgern. Uns geht es nicht nur um Berichterstattung, sondern darum, gemeinsam nach positiven Ideen und Visionen für die Stadt zu suchen.

Welche Themen wollt ihr aufgreifen?

Wir wollen Missstände benennen – sei es in der Stadtverwaltung, bei der Bildung oder in der Stadtentwicklung. Wir scheuen uns nicht vor harten Themen wie Misswirtschaft oder Korruption. Aber wir wollen nicht nur Probleme aufzeigen, sondern immer auch diskutieren, wie man Dinge besser machen kann, positive Lösungen und Visionen aufzeigen – im Dialog mit den Menschen vor Ort.

Welche Rolle spielen die Bürgerinnen und Bürger dabei?

Eine zentrale! Sie bringen Themen ein, stellen Fragen und erzählen ihre Geschichten. Über gemeinsame Veranstaltungen wollen wir nicht nur zuhören, sondern auch an Lösungen arbeiten.

Woran arbeitet ihr gerade konkret?

Aktuell gibt es in Gelsenkirchen einen kleinen Finanzskandal – auch das Thema Bildung beschäftigt uns stark: überfüllte Schulen, internationale Vorbereitungsklassen, die nicht so funktionieren wie geplant. Zudem blicken wir auf die Entwicklung der Innenstadt und Stadtteile, die abzurutschen drohen. Parallel arbeiten wir intensiv daran, das Café zu eröffnen und möglichst viele Kontakte in die Stadtgesellschaft aufzubauen – unter anderem über runde Tische und andere Formate.

Gab es im Austausch mit den Menschen schon Überraschungen?

Nicht direkt Überraschungen, aber schöne Erkenntnisse: Viele Menschen haben ein sehr positives Bild von ihrer Stadt. Und sie wünschen sich Lokaljournalismus, der nicht nur Probleme beschreibt, sondern Engagement und positiven Wandel in der Stadt sichtbar macht – und mit ihnen gemeinsam an Lösungen arbeitet.

Ist auch schon mal etwas richtig schiefgelaufen?

Richtig schief nicht – aber natürlich gibt es Dinge, die man rückblickend anders machen würde. Zum Beispiel hätten wir von Anfang an eine Elektrikerin oder Elektriker mit ins Boot holen sollen, die oder der sich alles genau anschaut. Und generell: Mit allem ein bisschen früher anfangen.

Was bedeutet für dich „Community-first“?

Das heißt für uns: Von Beginn an die Stadtgesellschaft mitdenken. Wir haben schon vor Monaten begonnen, gezielt Kontakt zu aktiven Gruppen, Vereinen und engagierten Menschen aufzunehmen – rund 70 bis 100 Personen. Mit ihnen sprechen wir über ihre Themen, holen ihre Perspektiven ein und sehen sie auch als Multiplikator*innen, um unsere Arbeit in der Stadt zu verankern.

Gab es auch negative Reaktionen?

Nur vereinzelt. Bei einer politischen Partei habe ich mich nicht willkommen gefühlt – und nein, es war nicht die AfD. Im Großen und Ganzen erfahren wir aber viel Zuspruch. Viele wünschen sich einen anderen, lösungsorientierten Journalismus – genau das wollen wir bieten.

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Dieses Fallbeispiel ist Teil des Angebots vom CORRECTIV.StartHub, der Anlaufstelle für alle, die ihr eigenes Community-zentriertes Medienprojekt im Lokalen starten wollen.

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