Faktencheck

Keine Belege für Echtheit eines angeblichen US-Dokuments über die „Schwächung Deutschlands“

In einem Blogartikel wird über ein angeblich geleaktes Dokument spekuliert. Es soll belegen, dass die USA die Zerstörung der deutschen Wirtschaft plane. Das Dokument soll von einer US-amerikanischen Denkfabrik stammen – diese dementiert. Es gibt weitere Unstimmigkeiten, die an der Echtheit des Dokuments zweifeln lassen.

von Sophie Timmermann

Symbolbild Dokumente - Unsplash
Behauptung
Ein Dokument belege, dass die USA die deutsche Wirtschaft zerstören wolle. Es sei von der RAND Corporation, einer US-amerikanischen Denkfabrik, verfasst worden.
Bewertung
Unbelegt. Für die Echtheit des Dokuments gibt es keine Belege. Die RAND Corporation dementiert die Meldung als „fake“.

Anfang September veröffentlichte der Blog Anti-Spiegel einen Artikel mit dem Titel „Mit Hilfe der Grünen: Die USA planen die Zerstörung der deutschen Wirtschaft“. Belegen soll das ein Dokument mit dem Namen „Schwächung Deutschlands, Stärkung der USA“, welches dem Autor angeblich zugeschickt worden sei. Die Echtheit des Dokuments könne er nicht verifizieren, es sei jedoch angeblich am 25. Januar 2022 an US-Regierungsbehörden verschickt worden. In einem Nachtrag heißt es, das Dokument sei von der RAND Corporation verfasst worden, einer Denkfabrik (Think Tank) aus den USA. 

Eine nationalistische schwedische Tageszeitung und der US-Amerikaner Vernon Coleman, der für die Verbreitung von Desinformation bekannt ist, veröffentlichten den vermeintlichen Bericht der RAND Corporation Mitte September. Thorsten Schulte, ein der AfD nahestehender und laut Netzpolitik verschwörungsideologischer Autor, sprach in einem Youtube-Video ebenfalls von dem Dokument, das ihm zugespielt worden sei. „Layout, Wortwahl und Inhalte sprechen für die Echtheit dieses Dokuments“, so Schulte. 

Für die Echtheit des Dokuments gibt es jedoch keine Belege. Es weist Unstimmigkeiten auf. Die RAND Corporation dementierte, dass das Dokument von ihr verfasst worden sei. 

RAND Corporation dementiert – Dokument weist Unstimmigkeiten auf 

Eine Suche nach dem angeblichen Titel des Dokuments („Weakening Germany“) auf der Webseite der RAND Corporation liefert keine relevanten Ergebnisse. Die Suche führt stattdessen zu einem Eintrag vom 14. September, in dem die Denkfabrik den angeblichen Bericht als „fake“ dementiert. 

In dem vermeintlichen Bericht wird vor Deutschlands „wachsender Unabhängigkeit” gewarnt. Obwohl es noch immer ein Land mit „eingeschränkter Souveränität“ sei, bewege Deutschland sich seit Jahrzehnten konsequent darauf zu, diese Einschränkungen aufzuheben und ein „vollständig unabhängiger Staat zu werden“, heißt es unter anderem.

Das vermeintliche Dokument weist jedoch Unstimmigkeiten auf. So sind auf der zweiten Seite Informationen über die RAND Corporation aufgeführt. Unter dem Verweis „Für mehr Informationen zu diesem Dokument, besuche folgende Webseite“ findet sich nur ein allgemeiner Verweis auf die Startseite www.rand.org/ und dort finden sich keine weiteren Informationen zu der Veröffentlichung. Öffentlich einsehbare RAND-Publikationen (zum Beispiel hier) haben dagegen spezifische Internetadressen, die direkt zu der Publikation führen. Da es sich um einen geheimen („confidential“) Bericht handeln soll, ist zudem fraglich, warum ein Verweis zu weiterführenden Informationen überhaupt vorhanden ist. 

Vergleich zweier Dokumente
Die zweite Seite des angeblichen Dokuments der RAND Corporation (oben) weist Unstimmigkeiten auf. Das zeigt ein Vergleich mit einem Ausschnitt einer echten (unten) RAND-Publikation (Quelle: Nya Dagbladet; Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

Auffällig ist auch, an wen das Dokument angeblich geschickt werden soll. Darunter sind neben US-Geheimdiensten (CIA und NSA) das US-Außenministerium (Department of State) und der Nationale Sicherheitsberater des US-Präsidenten (Assistant to the President for National Security Affairs). Letzterer wird üblicherweise mit „APNSA“ und nicht „ANSA“ abgekürzt. Das nationale Organisationsgremium der Demokratischen Partei (DNC) soll angeblich auch adressiert werden – was merkwürdig ist, weil das DNC nicht zur US-Regierung gehört. Das DNC sammelt Spenden und unterstützt Kandidatinnen und Kandidaten der demokratischen Partei im Wahlkampf. 

Angebliches Titelblatt des RAND-Dokuments
Das vermeintliche Titelblatt mit den Abkürzungen der Organisationen, an die das Dokument geschickt werden soll (Quelle: Nya Dagbladet; Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

Behauptungen über wirtschaftlichen Einfluss der RAND Corporation auf Deutschland nicht neu 

Behauptungen zum vermeintlichen Einfluss der RAND Corporation auf Deutschland sind nicht neu. Die AfD stellte im Januar 2020 eine kleine Anfrage an die Bundesregierung zu „den Auswirkungen der Aktivitäten der US-amerikanischen RAND Corporation auf Deutschland, die Europäische Union und Russland“. Fragen, ob „offizielle US-Regierungsprogramme zur Destabilisierung der Russischen Föderation durch repressive wirtschaftliche Maßnahmen“ oder „US-Destabilisierungsmaßnahmen“ bekannt seien, verneinte die Bundesregierung in ihrer Antwort. 

Redigatur: Kimberly Nicolaus, Steffen Kutzner

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