Nein, es gab keinen Angriff mit einer Schere auf eine Netto-Kassiererin in Reichenbach
Eine Falschmeldung taucht seit Jahren immer wieder auf: Demnach soll ein Geflüchteter in Reichenbach einer Netto-Kassiererin mit einer Schere in den Hals gestochen haben. Doch es gab keinen solchen Vorfall.
„Wo sind die Medien“, fragt ein Nutzer auf Facebook und teilt ein Foto von einer Netto-Filiale mit einer angeblichen Meldung darüber. „Die nächste Attacke, es wird weiter geschlitzt“, heißt es dort. Ein „Asylant“ habe im Netto Reichenbach, Ortsteil Löbau, bei Görlitz einer Kassiererin in den Hals gestochen, nachdem er beim Diebstahl erwischt worden sei.
Diese Behauptung verbreitet sich immer wieder, schon seit 2018. Aktuell kursiert sie auch auf Whatsapp – mehrere Menschen haben uns die angebliche Nachricht zur Prüfung an unseren Whatsapp-Chatbot geschickt. Damals wie heute ist sie falsch.
Polizei dementierte schon mehrfach – weder 2018 noch 2024 gab es einen solchen Scheren-Angriff
Eine Stadt namens Reichenbach mit einem Ortsteil Löbau bei Görlitz gibt es gar nicht. Es gibt zwar die sächsische Stadt Reichenbach in der Oberlausitz, die rund 20 Kilometer von Görlitz entfernt liegt und die Stadt Löbau liegt ebenfalls in der Nähe, ist aber eine eigene Stadt und gehört nicht zu Reichenbach. Einen Stadtteil namens Löbau gibt es in Reichenbach in der Oberlausitz laut einem Verzeichnis des sächsischen Statistikamts (PDF, Seite 74) aber nicht. Eine Netto-Filiale liegt allerdings in der Löbauer Straße in Reichenbach.
Es gibt in Sachsen auch die Stadt Reichenbach im Vogtland, 200 Kilometer entfernt von der gleichnamigen Stadt bei Görlitz. Und dort ist ein kleiner Teil der Geschichte tatsächlich passiert.
Die sächsische Polizei hat die Behauptung zu dem angeblichen Angriff auf die Kassiererin schon 2018 dementiert, als das Gerücht zum ersten Mal aufkam. Das passierte offenbar nach einem Diebstahl in einem Supermarkt in Reichenbach im Vogtland.
Die Polizei schrieb damals auf Facebook: „Im Moment geistern viele Gerüchte und Falschmeldungen durchs Netz. So auch in #Reichenbach im Vogtland, wo ein Mann eine Schere gestohlen und einer Angestellten beim Verlassen des Geschäfts in den Hals gestochen haben soll. Dies stimmt so nicht. Richtig ist, dass der junge Mann eine Schere gestohlen hat und dass wir wegen Diebstahls von geringwertigen Sachen ermitteln. Der Rest ist wohl böswillige Unterstellung.“
Auch aktuell dementiert die Polizei die Meldung erneut. Es handle sich um Fake-Nachrichten, heißt es in einer Pressemitteilung vom 11. Juli 2024. Die Polizeidirektion Görlitz habe in den vergangenen Tagen keinen derartigen Einsatz in Reichenbach in der Oberlausitz durchgeführt. Das Bild vom Facebook-Beitrag zeigt laut der Polizei eine geschlossene Filiale.
Weder in Reichenbach in der Oberlausitz, noch in Reichenbach im Vogtland gab es folglich laut der Polizei Sachsen einen solchen Vorfall.
Bürgermeisterin von Reichenbach in der Oberlausitz bezeichnete Meldung über Netto-Angriff als Gerücht
2018 berichtete auch die Sächsische Zeitung über die Falschmeldung. In dem Artikel bezeichnet auch die Bürgermeisterin von Reichenbach in der Oberlausitz, Carina Dittrich, die Meldung als „Gerücht“.
Redigatur: Uschi Jonas, Steffen Kutzner