Bundestagswahl 2025

AfD-Anhänger unterstellen Grünen-Politiker Winfried Kretschmann falsches Zitat zu Magdeburg-Anschlag

Nach dem Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt wolle Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann dem Täter angeblich verzeihen und entschlossen gegen „Extremisten aus der AfD“ handeln. Warum das nicht stimmt – ein Faktencheck.

von Kimberly Nicolaus

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Anders als online behauptet, sagte Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann nach dem Anschlag in Magdeburg Ende Dezember 2024 nicht, es sei Zeit, dem Täter zu verzeihen (Foto: Christoph Schmidt / DPA / Picture Alliance)
Behauptung
Nach dem Anschlag in Magdeburg habe Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann gesagt: „Es ist an der Zeit, dem Täter zu verzeihen.“ Kretschmann forderte ein entschlossenes Handeln gegen „Extremisten aus der AfD“, indem er sagte: „Wir müssen alles tun, um diese Kräfte zurückzudrängen. Es ist keine Zeit um Heulen [sic!] – wir haben Bundestagswahl!“
Bewertung
Falsch. Es gibt keine Hinweise darauf, dass sich Kretschmann so geäußert hat. Ein Sprecher des Staatsministeriums dementiert.

Bei seiner Amokfahrt auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt tötete Taleb A. am 20. Dezember 2024 sechs Menschen und verletzte fast 300 weitere (Stand: 6. Januar 2024). Kurz darauf verbreiteten Akteure aus rechtsextremen Kreisen Desinformation, um die Tat migrationspolitisch für sich zu instrumentalisieren. AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel nannte den mutmaßlichen Täter „einen Islamist voller Hass“, obwohl es dafür, dass die Tat islamistisch motiviert gewesen wäre, keine Belege gibt. Stattdessen gilt er als islamophob, bis heute gibt es keine klaren Informationen zu seinem Motiv (Stand: 6. Januar 2024). 

Falschinformationen zu verbreiten, scheint bei den Anhängern der AfD das Mittel der Wahl, um der Konkurrenz bei der kommenden Bundestagswahl zu schaden. So schoben zwei AfD-Politiker und dutzende weitere Personen der SPD-Bundesvorsitzenden Saskia Esken zum Anschlag in Magdeburg ein falsches Zitat unter. 

Teilweise noch im selben Atemzug wurde auch dem baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) unterstellt, er habe gesagt: „Es ist an der Zeit, dem Täter zu verzeihen.“ Weiter heißt es, Kretschmann fordere entschlossenes Handeln „gegen Extremisten aus der AfD“ mit dem Zitat: „Wir müssen alles tun, um diese Kräfte zurückzudrängen. Es ist keine Zeit um Heulen [sic!] – wir haben Bundestagswahl!“

Nach dem Anschlag in Magdeburg verbreiten sich erfundene Zitate, die der SPD-Bundesvorsitzenden Saskia Esken und dem grünen baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann unterstellt werden. Teilweise verbreiten sich die falschen Zitate sogar im selben Beitrag. (Quelle: Tiktok / X; Screenshot, Collage und Schwärzung: CORRECTIV.Faktencheck)
Nach dem Anschlag in Magdeburg verbreiten sich erfundene Zitate, die der SPD-Bundesvorsitzenden Saskia Esken und dem grünen baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann unterstellt werden. Teilweise verbreiten sich die falschen Zitate sogar im selben Beitrag. (Quelle: Tiktok / X; Screenshot, Collage und Schwärzung: CORRECTIV.Faktencheck)

Grünen Ministerpräsident Kretschmann forderte kein Verzeihen nach Magdeburg-Anschlag

Das angebliche Zitat des grünen Ministerpräsidenten kursiert in Facebook-Gruppen mit Namen wie „Anti B 90 / Grüne Gruppe“, „Neue AfD Gruppe“ oder „AfD für Deutschland“. Nutzerinnen und Nutzer, darunter auch AfD-Anhänger, verbreiten es zudem auf Telegram, Instagram, X und Tiktok. Die Beiträge erreichten hunderttausende Aufrufe.

Doch dafür, dass Kretschmann zum Anschlag in Magdeburg um Vergebung aufgerufen hätte, gibt es keine Quellen. Das angebliche Zitat ist nicht bei Google und auch nicht in der Pressedatenbank Genios auffindbar. Ein Sprecher des Staatsministeriums Baden-Württemberg schreibt uns dazu auf Anfrage: „Es handelt sich um ein frei erfundenes Zitat.“

Kretschmanns offizielles Statement zu dem Anschlag ist auf der Webseite der Landesregierung zu lesen. Demnach sei er erschüttert von dem „schrecklichen Ereignis“. Das Bundesland stehe fest an der Seite der Menschen in Sachsen-Anhalt. Kretschmann dankte den Einsatzkräften vor Ort. Konkreten Bezug auf den Täter nimmt er nicht.

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Redigatur: Uschi Jonas, Steffen Kutzner