Teaser Bild des CORRECTIV Spotlight Newsletters
Autor Bild Anette Dowideit

Liebe Leserinnen und Leser, 

die Staats- und Regierungschefs von Deutschland, Schweden, Dänemark, Finnland, Estland, Litauen, Lettland und Polen sowie der Generalsekretär der Nato haben sich heute getroffen und darüber beraten, wie sich die Ostsee besser gegen Russland schützen lässt. Warum genau das notwendig ist und was es konkret mit uns zu tun hat: heute unser Thema des Tages.

Außerdem im SPOTLIGHT: In der „Werkbank“ berichtet Hawagul Attayee aus der bei uns angedockten afghanischen Exilredaktion über eine, wie ich finde, empörende Entwicklung in ihrem Heimatland: Frauen sollen nun nicht mal mehr durch Fenster in die Freiheit blicken dürfen.

Ich möchte Ihnen auch einen Blick auf die heutige Grafik des Tages empfehlen: Mein Kollege Sebastian Haupt zeigt darin anschaulich, was es mit den „Abschiebetickets“ auf sich hat, die derzeit für Aufregung sorgen.

Was sind die Themen, die Sie in dieser Woche besonders umtreiben? Schreiben Sie mir: anette.dowideit@correctiv.org.

Thema des Tages: Warum die Ostsee uns alle angeht

Der Tag auf einen Blick: Das Wichtigste

Faktencheck: Nein, Böller waren an Silvester nicht der Grund für den Wasserrohrbruch in Berlin-Wedding

Gute Sache(n): Erklärt: Warum sich die AfD von der Jungen Alternative trennt • Wie eine Kleinstadt auf Integration setzt – trotz Rechtsaußen-OB • Postsendung nach Jahrzehnten angekommen

CORRECTIV-Werkbank: Immer drastischere Einschränkungen für Frauen in Afghanistan

Grafik des Tages: „Abschiebeticket“ – AfD-Werbung im Stile der NPD

Die heutigen Beratungen, an denen Noch-Bundeskanzler Olaf Scholz teilnahm, drehten sich also darum: Wie lässt sich die Ostsee besser vor Russland schützen? Wie das gehen kann und was genau die Ostsee mit uns zu tun hat:

Welche Leitungen durch die Ostsee verlaufen:
Dazu haben wir kürzlich eine Grafik gebaut, die wir heute noch einmal aktualisiert haben. Man sieht darauf nicht nur die Kabel und Pipelines in der Ostsee, sondern alle Unterseekabel, die Europas Staaten miteinander verbinden.

All diese Pipelines und Kabel gehören zur sogenannten kritischen Infrastruktur. Dieser Begriff bezeichnet die Versorgung mit alltäglichen Dingen, die für uns lebenswichtig sind – etwa Öl und Gas, Strom und Telekommunikation. Werden große Leitungen gekappt, kommt das Leben bei uns teilweise zum Stillstand.

Warum wird vermutet, dass Russland die Infrastruktur sabotiert?
Eine Reihe von Indizien weist darauf hin. Jüngstes Beispiel: die „Eagle S“. Der alte Ölfrachter gehört offenbar zur sogenannten russischen Schattenflotte. Vorrangig werden diese Schiffe wohl für Warenschmuggel genutzt, also um westliche Sanktionen zu umgehen, die es seit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine gibt. 

Die „Eagle S“ (die offiziell nicht unter russischer Flagge fährt, sondern der Flagge der Cookinseln) soll dafür verantwortlich sein, an Weihnachten ein wichtiges Stromkabel und mehrere Datenleitungen beschädigt zu haben. Die zuständigen Ermittlungsbehörden in Finnland fanden einen Anker, der offenbar zum Schiff gehört – und gehen davon aus, dass er absichtlich über den Boden schleifte, um die Leitungen zu beschädigen. Sie beschlagnahmten das Schiff deshalb. Das war schon eine neue Eskalationsstufe gegenüber Russland.

Was jetzt beschlossen wurde:
Die Anrainer-Staaten der Ostsee wollen sich ab sofort besser dabei abstimmen, das riesige Gebiet zu überwachen – es geht um mehrere tausend Quadratkilometer, in denen all die Leitungen verlaufen. Erste Maßnahmen hat die Nato schon ergriffen: Sie hat (nach der Sprengung der Erdgas-Pipeline Nord Stream 2 vor zwei Jahren) das „Maritime Zentrum für die Sicherung kritischer Infrastruktur“ in London eröffnet. Dort wird jetzt die Überwachung unter anderem des Ostsee-Raums koordiniert. Und es gibt Unterwasser-Drohnen, um ein besseres Bild zu bekommen. 

Bundesligavereine müssen bald wohl für Polizei-Großeinsätze bei Risikospielen zahlen 
Das Bundesverfassungsgericht hat eine Beschwerde der DFL zurückgewiesen. Demnach dürfen die Länder nun die hohen Kosten, die bei Risikospielen entstehen, nun in Rechnung stellen. Bislang macht das nur Bremen.
spiegel.de 

Lokal: Betroffene von Anschlag in Magdeburg sollen wie Terroropfer entschädigt werden
Sechs Menschen starben bei dem Anschlag auf dem Weihnachtsmarkt, 300 wurden verletzt. Jedoch wird von über 600 Betroffenen ausgegangen. Der Bund und das Land Sachsen-Anhalt wollen sie jetzt finanziell unterstützen.
mdr.de

Investigativ: Firmen kämpfen gegen Einschränkung von gesundheitsschädlichen „Ewigkeitschemikalien“
PFAS gelten als krebserregend, sie schädigen den Fettstoffwechsel, die Fruchtbarkeit und das Immunsystem. Sie sind in Textilien oder in Pfannen und gelangen so ins Wasser. Trotz der bekannten Gesundheitsrisiken wehrt sich die Industrie-Lobby mit falschen Angaben gegen Verbote, wie eine Recherche von NDR, WDR und der Süddeutschen Zeitung zeigt.
tagesschau.de / sueddeutsche.de (€)

Feuerwehrmann steht auf einer überschwemmten Straße im Wedding in Berlin in der Silvesternacht

So geht’s auch
Die sizilianische Kleinstadt Piazza Armerina ist ziemlich erfolgreich bei der Integration von Geflüchteten. Und das, obwohl die rechtsextreme Fratelli d’Italia den Bürgermeister stellt. Einen Eindruck vom Leben vor Ort gibt die taz in dieser Reportage.
taz.de

Fundstück
Manchmal kann es mit der Post etwas dauern, bis sie ankommt. Die Auslieferung dieser Ausgabe vom Hamburger Abendblatt ließ allerdings ungewöhnlich lange auf sich warten: Sie wurde vor 61 Jahren abgeschickt. 
ndr.de


Die Verordnung ist eine weitere, tiefgreifende Einschränkung der Frauenrechte in Afghanistan. Frauen, die bereits von Bildung, Arbeit und öffentlichen Räumen ausgeschlossen wurden, sollen so auch in ihren eigenen Häusern isoliert werden. 

Eine weitere Folge: fehlendes Sonnenlicht. In einem Land, in dem die Winter bis zu minus 25 Grad kalt werden können, ist dieses überlebenswichtig. Ohne die Sonne sind Familien gezwungen, auf teure Heizmethoden zurückzugreifen – in einem Land mit so viel Armut eine weitere finanzielle Hürde. Familien müssen außerdem die zusätzlichen Kosten für die Einhaltung der Vorschriften und Baumaßnahmen tragen, vom Material bis zu den Arbeitskräften. Auch die Bauindustrie wird voraussichtlich darunter leiden, dass Projekte ins Stocken geraten und Materialkosten in die Höhe schnellen. Sie ist ein wichtiger Sektor für Arbeitsplätze und Wachstum. 

Während sich die pragmatischen Taliban-Fraktionen in Kabul gegen das Dekret stellen könnten, werden die Achundsada-Hardliner auf die Umsetzung drängen. 

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts – besonders in den 1920ern und 1930ern – hetzten rassistische und antisemitische Gruppen mit imitierten Zugtickets gegen Jüdinnen und Juden. Die „Freifahrkarte nach Jerusalem“ oder auch Palästina sollten ihre Adressaten symbolisch vertreiben. „Hin und nicht wieder zurück“, wie darauf vermerkt ist.   

Laut AfD sei aber alles gar nicht so schlimm, schließlich stünden auf der Rückseite Forderungen, die „der aktuellen Rechtslage und dem Grundgesetz entsprechen.“ So gehe es etwa nicht um deutsche Staatsbürger. Doch diese Beschwichtigung wirkt schwach.

So verbreiten AfD-Anhänger vor allem die Vorderseite im Netz. Zudem finden sich auch auf der Rückseite Rechtsaußen-Parolen wie „Keine Islamisierung!“. Und auch die Polizei hat Ermittlungen wegen des Verdachts auf Volksverhetzung aufgenommen. 

An der heutigen Ausgabe haben mitgewirkt: Robin Albers, Till Eckert und Sebastian Haupt.