
Liebe Leserinnen und Leser,
die Staats- und Regierungschefs der EU haben bei ihrem Sondergipfel in Brüssel ungewöhnlich handfeste Ergebnisse erzielt. Sie haben sich auf konkrete Ziele geeinigt, wer genau womit aufrüstet, um die militärische Verteidigungsfähigkeit Europas sicherzustellen. Darum geht es im Thema des Tages.
Passend dazu möchte ich an dieser Stelle noch auf einige Fragen von Leserinnen und Lesern der vergangenen Tage antworten. Einige von Ihnen fragten uns, weshalb wir angesichts der geplanten großen Aufrüstung Europas in den Chor der Enthusiasten über diese Pläne einstimmen würden, obwohl doch Aufrüstung kein Anlass für Hoffnung sei.
Das stimmt. Jedoch: Die Bedrohungslage, die gerade von Russland ausgeht, ist zwar nicht unmittelbar, doch sie ist real – darüber berichten wir bei CORRECTIV stetig, zuletzt hier. Abgesehen davon: Dass wir über die Aufrüstungspläne berichten, hat nichts mit Enthusiasmus zu tun, sondern ganz einfach damit, dass wir das politische Geschehen einordnen und seine Hintergründe erklären.
Eine, wie ich finde, gute Idee formulierte Leserin Irene W.: Wenn doch jetzt die Rüstungskonzerne durch all die neuen Staatsausgaben viel mehr Geld einnehmen und ihre Gewinne steigen – ob man diese nicht abschöpfen und sie wieder in den Standort Deutschland investieren könnte? Diesen Gedanken nehmen wir mal mit in unsere Recherche-Gespräche.
Außerdem im SPOTLIGHT: So groß sind die Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern. In diesem Sinne wünsche ich jenen, die morgen in der Hauptstadt für Frauenrechte demonstrieren gehen, einen schönen Weltfrauentag.
Im Wochenend-SPOTLIGHT schreibt mein Kollege Justus von Daniels morgen über die Trump-Rhetorik von Kettensägen, Äxten und Skalpellen – und darüber, wie aus Worten Taten werden.
Was bewegt Sie? Schreiben Sie mir: anette.dowideit@correctiv.org.
Thema des Tages: Europa legt die Rüstung an
Der Tag auf einen Blick: Das Wichtigste
Faktencheck: Brief mit Drohungen an Trump stammt nicht von Mexikos Präsidentin Sheinbaum
CORRECTIV-Werkbank: Was denken Leserinnen und Leser über die Lockerung der Schuldenbremse?
Trump schweißt zusammen – das hat der gestrige Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs der EU gezeigt. Denn der Gipfel endete mit ungewöhnlich konkreten Verabredungen:
Die Erklärung zur Wiederbewaffnung:
Alle 27 EU-Mitgliedstaaten (also auch Quertreiber Ungarn) unterzeichneten die Absichtserklärung, die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vorgelegt hatte. Absichtserklärung bedeutet, dass die Kommission als nächstes im Auftrag der Mitgliedstaaten konkret ausarbeitet, wie Europa denn wieder aufrüsten soll.

Rückendeckung für die Ukraine:
26 der Mitgliedstaaten (alle außer Ungarn) unterzeichneten eine weitere Absichtserklärung: der Ukraine volle Rückendeckung gegen Russland zu geben – jetzt, wo sie sich nicht mehr auf die USA als wichtigsten Unterstützer verlassen kann.
Warum ohne Ungarn?
Dessen nationalistisch-populistische Regierung gilt als Putin-freundlich. Regierungschef Viktor Orban schrieb gestern beim Kurznachrichtendienst X: Die Europäer wollten den Krieg in der Ukraine nur verlängern, während Trump ihn doch quasi schon fast beendet habe.
Warum mit der Slowakei?
Überraschend war, dass der slowakische Premierminister Robert Fico, der es sonst ganz ähnlich wie Orban hält, der starken Rückendeckung für die Ukraine zustimmte. Dies erklärt sich so: Die kleine Slowakei schaffte es, in die gemeinsame Erklärung der 26 Regierungschefs einen eigenen Spiegelstrich herein zu diskutieren, der nur sie betrifft.
Es geht darum: Die Ukraine hatte sich zuletzt geweigert, russisches Gas durch ihr Land hindurch in die Slowakei weiterzuleiten. Diese sorgt sich also nun um ihre Versorgung. In der Erklärung steht nun: Die Ukraine und die Slowakei müssten sich gemeinsam um „machbare Lösungen“ bemühen.
Hier können Sie das Statement im Original nachlesen.
Was steht sonst noch drin?
Der wichtigste Punkt sind die konkreten Summen, die die EU der Ukraine zusagt: 30 Milliarden Euro will sie dieses Jahr überweisen. Plus: Die Mitgliedstaaten sollen in ihren Haushalten nach Möglichkeiten suchen, kurzfristig Geld für Munition und Waffen für die Ukraine aufzutreiben.
Deutschlandweite Warnstreiks in Kitas und Kliniken
Heute sind die Warnstreiks im Öffentlichen Dienst im Bereich Gesundheit und Erziehung fortgesetzt worden. Mit dem „Streiktag der Frauenberufe“ will die Gewerkschaft Verdi für Lohngerechtigkeit und bessere Arbeitsbedingungen in Bereichen werben, in denen es mehrheitlich weibliche Beschäftigte gibt.
deutschlandfunk.de
Union und SPD: Sondierungen gehen schnell voran
Laut Unterhändlern könnte es bei den Sondierungen für die neue Regierungsbildung zwischen Union und SPD jetzt schnell gehen, möglich sei sogar ein Ergebnis am Wochenende. Mit der Einigung auf ein riesiges Finanzpaket für die Bundeswehr und die Instandsetzung von Infrastruktur seien wichtige Weichen gestellt worden.
tagesschau.de
Millionenschwerer Ausbau des Bahnnetzes in Mecklenburg-Vorpommern
Bahnhöfe, Gleise, längere Bahnsteige: Bund, Land und Bahn treiben in Mecklenburg-Vorpommern die Modernisierung und den Ausbau des Schienennetzes voran.
nordkurier.de
Zuckerberg soll China bei der Entwicklung von Zensurinstrumenten geholfen haben
Eine ehemalige Angestellte des Facebook-Mutterkonzerns Meta beschreibt in ihrem neuen Buch, wie Mark Zuckerberg China bei der Entwicklung von Zensurwerkzeugen und der Stärkung künstlicher Intelligenz geholfen haben soll. Sie bestätigt damit Berichte aus dem Jahr 2016.
nypost.com (englisch) / spiegel.de (Bericht aus 2016)

In Sozialen Netzwerken verbreitet sich ein Brief, in dem die mexikanische Präsidentin Claudia Sheinbaum Donald Trump angeblich für den Bau einer Mauer kritisiert und damit droht, dass Menschen weltweit auf US-Produkte verzichten könnten. Doch der Brief stammt nicht von Sheinbaum.
CORRECTIV.Faktencheck
Endlich Verständlich
Viele der reichsten Menschen der Welt suchen die Nähe zu US-Präsident Donald Trump, auch aus geschäftlichem Kalkül. Wie sich ihre Einkommen seit dessen Amtseinführung entwickelt haben, schlüsselt das SRF auf.
srf.ch
So geht’s auch
Bislang birgt eine Schwangerschaft für Tennisspielerin hohe finanzielle Risiken. Die Profi-Organisation WTA will das ändern und einen Fonds einrichten, der die Spielerinnen absichert.
t-online.de
Fundstück
Spätestens seit dem Einsturz der Carolabrücke in Dresden steht die Frage im Raum: Wie viele Brücken im Land sind ebenfalls dringend sanierungsbedürftig? Der WDR hat sich das für Nordrhein-Westfalen genauer angeschaut und die Ergebnisse in dieser lesenswerten Datenreportage zusammengefasst.
reportage.wdr.de
Wie denken Sie über das Sondervermögen und die Lockerung der Schuldenbremse? Das wollten wir von Ihnen wissen.
Die Umfrageergebnisse zeigen eine klare Mehrheit. Von den 468 Teilnehmenden (nicht repräsentativ) sprechen sich 94 Prozent für eine Lockerung der Schuldenbremse aus (77 Prozent „ja“, 17 Prozent „eher ja“).
Nun stellt sich die Frage: Wenn die Schuldenbremse einmal gelockert wird, wird dies zur Routine? Auch hier zeigt sich ein recht klares Bild. 72 Prozent der Teilnehmenden sind der Meinung, dass es zwar weitere Lockerungen geben wird, es jedoch nicht immer schlecht ist, wenn der Saat Schulden macht. 13 Prozent erwarten ebenfalls, dass es weitere Lockerungen beim Verschulden geben wird, bewerten das aber negativ.
Die Kommentare zeigen: Viele beschäftigt die Frage, wer am Ende für die Kosten aufkommen soll. Einige geben zu bedenken, dass die neuen Schulden vor allem künftige Generationen belasten. Andere meinen, das müsse gar nicht so sein – entscheidend sei, dass das Geld in jene Bereiche investiert wird, von denen die künftigen Generationen auch profitieren können. Ein weiterer Teil der Menschen befürchtet, dass die Schulden letztlich sozial unausgewogen sind und forderten, sehr hohe Einkommen dafür stärker zur Kasse zu bitten.
Häufige Erwähnung fand auch die Wendung von Friedrich Merz, der im Wahlkampf mehr Schulden ausgeschlossen hatte. Viele begrüßen zwar die neue Ausrichtung, kritisieren aber, dass er demnach während des Wahlkampfes nicht sauber gekämpft habe.
Uns haben darüber hinaus viele Fragen erreicht, die wir weiterverfolgen werden. Schreiben Sie uns gerne weiter, was Sie dazu bewegt.

Selbst, wenn sie über vergleichbare Qualifikationen und Positionen verfügen, verdienen Frauen in Deutschland durchschnittlich sechs Prozent weniger als Männer. Das ist der bereinigte Gender Pay Gap. Ein umfassenderes Bild der Gesellschaft ergibt der unbereinigte Gender Pay Gap, der den Lohnunterschied über alle Branchen und Qualifikationen hinweg berechnet. Schließlich sind Frauen noch immer häufiger in schlechter bezahlten Berufen sowie in Teilzeit tätig.
Diese unbereinigte Lohnlücke liegt bei sechzehn Prozent. Anders formuliert: Bis heute, dem 7. März, haben Frauen statistisch umsonst gearbeitet, wenn man den Einkommensunterschied auf ein Jahr bei gleichem Stundenlohn umrechnet. Die gute Nachricht: Der Abstand ist gesunken, zuvor lag er bei 18 Prozent. Allerdings zeigt der Blick nach Europa, dass in Deutschland noch viel Luft nach oben ist.
destatis.de
An der heutigen Ausgabe haben mitgewirkt: Till Eckert, Sebastian Haupt und Jule Scharun.
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