Faktencheck

Erfundene „Regel“: Nein, im April wird keine 50-Euro-Strafe für verpasste Arzttermine eingeführt

Ab April 2025 sollen laut einer „neuen Regel“ 50 Euro Strafe für verpasste Arzttermine anfallen, heißt es auf Tiktok. Das ist erfunden – es gibt keine gesetzliche Regelung, die das vorsieht. Manche Arztpraxen können zwar Ausfallhonorare fordern, doch das ist nicht die Regel.

von Steffen Kutzner

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In Sozialen Netzwerken kursiert die Falschbehauptung, dass ab April 50 Euro Strafe fällig würden, wenn ein Patient den Arzttermin nicht 24 Stunden vorher absagt. Das stimmt so nicht. (Symbolfoto: Michael Bihlmayer / Chromorange / Picture Alliance)
Behauptung
Eine neue Regel sehe vor, dass ab 1. April 2025 50 Euro Strafe fällig werden, wenn Patientinnen und Patienten einen Arzttermin nicht mindestens 24 Stunden vorher absagen.
Bewertung
Falsch. Vereinzelt gibt es solche Ausfallhonorare zwar, sie allgemein für alle Ärzte einzuführen, ist aber weder beschlossen noch geplant. In den meisten Fällen haben Ärztinnen und Ärzte keinen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung, weil sie in der Zeit eines nicht wahrgenommenen Termins andere Patienten behandeln können. Es gibt auch keine gesetzlich festgelegte Frist von 24 Stunden, zu der man einen Termin absagen muss.

„Das liest sich sehr stark nach einem Aprilscherz“, antwortete uns Roland Stahl, Pressesprecher der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, als wir ihn fragten, ob ab dem 1. April 2025 eine Strafgebühr in Höhe von 50 Euro fällig werde, wenn man einen Arzttermin ohne Absage verstreichen lässt. Genau das wird in einigen Tiktok-Videos mit mehr als einer halben Million Aufrufe behauptet. Angeblich müsse man demnächst mindestens 24 Stunden vor dem Termin absagen, wenn man ihn nicht wahrnehmen könne. Das ist jedoch erfunden. 

Screenshot der Falschbehauptung auf Tiktok.
Mehrere virale Beiträge auf Tiktok behaupten, dass ab April eine Strafzahlung für verpasste Arzttermine eingeführt werden soll. Eine solche neue Regelung gibt es jedoch nicht. (Quelle: Tiktok; Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

Ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) schrieb uns, dass man auch im BMG von einem Beschluss zu einer Strafgebühr für verfallene Arzttermine nichts gehört habe. Ärzte könnten zwar, so erklärte uns der Sprecher, laut Bürgerlichem Gesetzbuch ein Ausfallhonorar geltend machen, wenn ein Patient nicht zu seinem Termin erscheint, aber: „Kann die Ärztin oder der Arzt in der betreffenden Zeit eine andere Patientin oder einen anderen Patienten behandeln, dürfte in der Regel kein Anspruch auf ein Ausfallhonorar bestehen.“ 

Auch Roland Stahl von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung bestätigte uns, dass in den meisten Fällen einfach ein anderer Patient in der Zeit des nicht wahrgenommenen Termins behandelt würde. Wie das Deutsche Ärzteblatt im Jahr 2023 berichtete, sind Ärztinnen und Ärzte dazu verpflichtet, wenn möglich jemand anderen zu behandeln, weil sie sonst böswillig einen Verdienstausfall provozieren würden. Anders als in den Tiktok-Videos behauptet, gibt es auch keine allgemeingültige festgelegte Frist von 24 Stunden, zu der man einen Termin absagen müsste, schreibt das Ärzteblatt

Gebühr für nicht wahrgenommene Arzttermine in den meisten Fällen nicht durchsetzbar

Ausnahmen gibt es unter Umständen bei Bestellpraxen, in denen Termine exklusiv für eine Patientin oder einen Patienten gemacht werden – das kann etwa bei einer Psychotherapie oder Physiotherapie der Fall sein, sowie bei ambulanten Operationen. Ob und in welcher Höhe diese Ausfallhonorare gerechtfertigt sind, beschäftigt immer wieder Gerichte, wie etwa die Verbraucherzentrale schreibt. Eine allgemein gültige Rechtsgrundlage gebe es nicht. Auch Politik und Krankenkassen sind sich uneinig. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach etwa ist gegen eine Gebühr für versäumte Arzttermine, der Chef der Kassenärztlichen Vereinigung, Andreas Gassen, ist jedoch dafür.

Zuletzt hatte die Kassenärztliche Bundesvereinigung im September 2024 eine Strafgebühr gefordert, die von Krankenkassen übernommen werden sollte – ein Vorschlag, der viel Kritik erntete.

Krankenkassen übernehmen solche Ausfallhonorare bisher nicht, sie zahlen nur für erbrachte Leistungen, wie das Deutsche Ärzteblatt 2023 schrieb. Gesetzlich und privat Krankenversicherte müssen sie aus eigener Tasche zahlen. Dafür gibt es aber auch Ausnahmen, zum Beispiel wenn sie durch einen Unfall den Termin nicht wahrnehmen können.

Redigatur: Paulina Thom, Sarah Thust

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