Teaser Bild des CORRECTIV Spotlight Newsletters
Autor Bild Anette Dowideit

Liebe Leserinnen und Leser, 

die NATO-Staaten – darunter Deutschland – haben beschlossen: Künftig stecken sie fünf Prozent ihrer Wirtschaftsleistung in Verteidigung. Im Thema des Tages ordnen wir ein: Wie viel Geld ist das? Und wir erklären, warum dieses Ziel eigentlich nur erreicht werden kann, wenn man Rechentricks anwendet.

Gestern ging es an dieser Stelle um Müll – und zwar vor allem um jenen, der sich in den Parks von Großstädten türmt, weil die Kommunen offenbar nicht genug Geld haben, um ihn häufiger einzusammeln. Viele von Ihnen haben mir geschrieben, dass sie diese Erfahrung auch machen. Zum Beispiel diese Leserin, die über Berlin schreibt: 

„An der geräumigen Straßenecke des sehr gepflegten Mehrfamilienhauses, in dem ich wohne, versammeln sich regelmäßig seit ca. fünf Jahren Schrottgegenstände oder abgewrackte Sachen mit einem ,Verschenken‘-Schild um den Bauch. Auch olle Bügelbretter, kaputte Stühle, Fahrräder ohne Reifen, sogar Tüten mit Essensresten von McDonalds.“
Barbara K.
SPOTLIGHT-Leserin

Diesen „Trend“ erlebe ich auch: Verschenken, was eigentlich offensichtlicher Schrott ist – und bei dem man sich wünscht, die Leute würden wenigstens ehrlich dazu schreiben: Keine Lust, zum Wertstoffhof zu fahren.

Außerdem empfehle ich Ihnen heute im SPOTLIGHT eine Recherche von Klimareporterin Elena Kolb, die zeigt: Wo im Land wurde in den letzten Jahren Solarenergie besonders stark ausgebaut – und wo besonders wenig? Und den Report von Marie Bröckling in der „Werkbank“ über das heutige Urteil über die Zukunft der rechtsgerichteten Zeitschrift Compact.

Ich freue mich über Ihre Mails: anette.dowideit@correctiv.org.

Thema des Tages: Das Märchen von den 5 Prozent

Der Tag auf einen Blick: Das Wichtigste

Faktencheck: Nach US-Angriff auf Atomanlage Fordo kursiert online falsches Bildmaterial

Gute Sache(n): Erklärt: Wie stark ist Irans Atomprogramm wirklich zerstört? • Hitzeschutz daheim • Sternenforscherin: Wie ein Mann ihre Entdeckung für sich beanspruchte

CORRECTIV-Werkbank: Oft verfassungsfeindlich – Compact darf trotzdem weitermachen

Grafik des Tages: Diese Städte sind Spitzenreiter beim Solarausbau – und diese hinken hinterher

Wie die Bedrohungslage aus Russland derzeit aussieht, darüber hatten wir von CORRECTIV erst vor ein paar Tagen berichtet: Gemeinsam mit Belarus plant Russland für den Spätsommer ein Militärmanöver – und dabei werden offenbar in Belarus Raketen stationiert, die unter anderem bis nach Deutschland reichen.

Collage:Ivo Mayr/CORRECTIV (Fotos:picture alliance)
Was ist vom kommenden Sapad-Manöver in Belarus zu erwarten?(Collage: Ivo Mayr/CORRECTIV / Fotos:picture alliance)

Am Wochenende hatten die NATO-Staaten vereinbart, ihre Militärausgaben deutlich zu erhöhen: In Zukunft wollen sie fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts – also der Summe aller Waren und Dienstleistungen, die in einem Jahr erwirtschaftet werden – in Militärausgaben stecken.

Um wie viel Geld geht es bei uns?
Fünf Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts (BIP) wären im vergangenen Jahr 225 Milliarden Euro gewesen. 

Was für eine riesige Summe das ist, zeigt der Vergleich in unserer SPOTLIGHT-Grafik: Unser gesamter Bundeshaushalt war im Jahr 2024 rund 466 Milliarden Euro groß. 

Durch die Sonderausgaben für Wehrhaftigkeit und Infrastruktur wird er im nächsten Jahr natürlich deutlich größer sein – aber die Ausgaben für Verteidigung werden den Plänen von NATO und Bundeswehr gemäß eben einen deutlich größeren Teil ausmachen.

Kann Deutschland diese Ausgaben stemmen?
Das kommt darauf an, was die Bundesregierung alles einrechnet. Wir haben in den vergangenen Tagen mit Mitgliedern des Haushaltsausschusses im Bundestag verschiedener Parteien gesprochen.

Über die Parteigrenzen hinweg sind diese sich recht einig: Deutschland kann realistisch gesehen in den kommenden Jahren nur dann das ehrgeizige Fünf-Prozent-Ziel einhalten, wenn wir möglichst weit auslegen, was alles zu „Militärausgaben“ zählt.

Da nämlich gibt es Spielräume. Beispiele: 

  • Eine neue Autobahnbrücke lässt sich als militärische Infrastruktur deklarieren, weil sich logisch argumentieren lässt: Wir brauchen im Kriegsfall robuste Brücken, über die Panzer fahren könnten. Dasselbe gilt für Straßen.
  • Neue Krankenhaus-Bauten kann man als Militärausgaben ausweisen, weil dort im Fall aller Fälle Kriegsverwundete versorgt werden könnten.
  • Umspannwerke für Strom und eigentlich auch alles andere, was für Energieversorgung oder Telekommunikation gebaut werden muss, lassen sich mit ein wenig Fantasie als Ausgaben für militärische Infrastruktur ausweisen.

Die Liste ließe sich beliebig ausweiten. Sie sehen schon: Unsere Haushaltspolitikerinnen und Kämmerer werden in den kommenden Jahren wohl kreativ werden.

Gekürzter Mindestlohn für Saisonarbeiter?
Bundesagrarminister und Metzgermeister Alois Rainer (CSU) zeigt sich offen für die Forderung des Deutschen Bauernverbandes. Peter Hauk (CDU, BW-Agrarminister) warnt außerdem vor etwaigen Folgen für die Bauern im Land. 
t-online.de / tagesschau.de 

Zeugenaussagen im Entführungsfall in Künzelsau 
Mutmaßliche Entführung und Misshandlung einer Frau im Nordosten Baden-Württembergs: Eine 39-Jährige soll vor rund einer Woche von ihrem Ex-Partner halbnackt durch die Innenstadt gezerrt worden sein. Sie habe sich später selbst befreien können. Der mutmaßliche Täter sitzt in U-Haft. Laut Polizei meldeten sich jetzt neue Zeugen, die wichtig für die Aufklärung sein könnten. 
swr.de 

Möglicher Pfusch an Autobahnbrücke in Nordrhein-Westfalen 
Interne Dokumente: Behörden sollen bereits Jahre vor der Sperrung der maroden Rahmedetalbrücke an der A45 gravierende Mängel und Berechnungsfehler gekannt, aber nicht entsprechend gehandelt haben. 
wdr.de

Dieses Satellitenbild zeigt die unterirdische iranische Atomanlage in Fordo nach den US-Angriffen am Sonntag, 22. Juni 2025
Dieses Satellitenbild zeigt die unterirdische iranische Atomanlage in Fordo nach den US-Angriffen am Sonntag, 22. Juni 2025. Andere Aufnahmen hingegen sind nicht authentisch. (Foto: Planet Labs PBC / Associated Press / Picture Alliance)

So geht’s auch
Was hilft bei Hitze in den eigenen vier Wänden? Hier gibt es ein paar Tipps:
deutschlandfunknova.de / verbraucherzentrale.de 

Fundstück
Woraus bestehen Sterne? Aus Eisen, Silizium, Magnesium, Nickel und Aluminium. Das zumindest glaubten Wissenschaftler Anfang des 20. Jahrhunderts. Eine junge Frau widerlegte das in ihrer Dissertation im Jahr 1925. Die richtige Antwort: Wasserstoff und Helium. Ihrem Mentor aber schien das Ergebnis zu radikal. Er riet davon ab, ihre Arbeit zu publizieren – und veröffentlichte die Erkenntnis einige Jahre später selbst. Ihr Name fand lediglich als Zitat Erwähnung. Ein unfaires Schicksal, das viele Wissenschaftlerinnen teilen. Dennoch wurde Cecilia Payne-Gaposchkin 1956 schließlich als erste Frau zur ordentlichen Harvard-Professorin berufen. 
web.de


Ein Jahr nach dem Verbot durch Innenministerin Nancy Faeser ist Compact nun offiziell wieder erlaubt. Chefredakteur Jürgen Elsässer feiert, AfD-Politiker wie Björn Höcke und der Rechtsextremist Martin Sellner jubeln mit. „The Winner takes it all“, verkündet der AfD-Europaabgeordnete Petr Bystron auf der Plattform X.

„Die Aussagen im Compact-Magazin sind damit gerichtlich bestätigt von der Meinungsfreiheit gedeckt und nicht verfassungsfeindlich“, verkündet die rechtsextreme Identitäre Bewegung auf Telegram. Doch das stimmt nicht.

An der heutigen Ausgabe haben mitgewirkt: Till Eckert, Samira Joy Frauwallner, Sebastian Haupt und Jule Scharun.