Teaser Bild des CORRECTIV Spotlight Newsletters

Diese für Audio optimierte Kompaktfassung des täglichen Spotlight-Newsletters ist von einer KI-Stimme eingelesen und von Redakteuren erstellt und geprüft.

Autor Bild Anette Dowideit

Liebe Leserinnen und Leser,

es scheint Bewegung in die weltpolitische Lage zu kommen: Mehrere europäische Regierungschefs waren gestern zusammen mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj bei US-Präsident Donald Trump, um sich über Möglichkeiten für ein Ende des russischen Angriffskriegs zu verständigen. Doch: Was kam wirklich dabei heraus? Darum geht es heute in unserer Rubrik „Endlich Verständlich“.

Apropos Trump: Unser Reporter Jean Peters hat den bekannten US-Bürgerrechtsanwalt Ben Wizner interviewt. Er erklärt, wie ernst es wirklich um die Menschenrechte in den USA steht.

Für unser heutiges Thema des Tages haben unsere Jugendredaktion Salon5, unsere CORRECTIV-Lokalredaktion in Gelsenkirchen und die SPOTLIGHT-Nachrichtenredaktion zusammengearbeitet. Anlass ist ein Aufreger aus Dortmund: Dort hat die Stadtverwaltung die Adressdaten von Jungwählerinnen und -wählern an die örtliche AfD weitergegeben. Wir haben nachgeforscht.

Sie haben Hinweise auf Rechtsverstöße, auf Korruption oder auf anderes, das wir aus Ihrer Sicht unter die Lupe nehmen sollten? Dann schreiben Sie mir: anette.dowideit@correctiv.org.

Thema des Tages: Wenn Städte Bürgerdaten verkaufen

Der Tag auf einen Blick: Das Wichtigste

Denkanstoß: Der Mann, der Donald Trump verklagt

CORRECTIV.Faktenforum: KI-generiertes Video verspottet die Hungersnot in Gaza

Gute Sache(n): Erste Erkenntnisse nach Ukraine-Gipfel • Bedingungsloses Grundeinkommen– realistisch oder realitätsfern? • Politisch engagierte Gamer

CORRECTIV-Werkbank: Ihre Rückmeldungen zum Thema Gendern

Grafik des Tages: Russland immer noch wichtiger Gaslieferant der EU

Dort bekommen derzeit rund 26.000 Erst- und Jungwähler in Dortmund Post von der AfD. Zunächst wurde darauf der lokale Radiosender Radio 91,2 aufmerksam. Er fragte bei der Stadtverwaltung nach: Wieso hat die AfD Zugriff auf die Adressdaten? Die Stadtverwaltung teilte mit, sie habe die Adressdaten der Partei gegen Geld zur Verfügung gestellt. 

Diese Information fanden wir in der Redaktion spannend und wichtig – denn vielen von uns war nicht klar, dass solche Adressweitergaben legal (und mancherorts an der Tagesordnung) sind.

Wir haben nachgeforscht: Weshalb geht das? Und: Machen Stadtverwaltung so etwas ständig? Wie viel Geld nehmen sie damit ein? Heute haben wir dazu einen Text veröffentlicht.

Briefkästen von AfD-Sympathisanten – hier wäre wohl keine Wahlwerbung mehr nötig. Quelle: picture alliance / Georg Wendt/dpa | Georg Wendt

Wen wir angeschrieben haben:
Die Städte, die wir dazu befragten, sind die drei größten im Land – also Hamburg, Berlin und München – sowie Dortmund, wo das Thema derzeit aktuell ist. Außerdem haben wir in Bottrop nachgefragt, dem Hauptsitz unserer Jugendredaktion Salon5. Und in Gelsenkirchen, wo wir seit Kurzem unsere erste CORRECTIV-Lokalredaktion betreiben.

Was die Recherche ergab:
Die Städte erklären: Der Grund, weshalb solche Adressweitergaben legal sind, ist das seit 2015 geltende Bundesmeldegesetz. Dort heißt es in Paragraph 50: 

„Die Meldebehörde darf Parteien, Wählergruppen und anderen Trägern von Wahlvorschlägen im Zusammenhang mit Wahlen und Abstimmungen auf staatlicher und kommunaler Ebene in den sechs der Wahl oder Abstimmung vorangehenden Monaten Auskunft aus dem Melderegister (…) erteilen.“

Das kam heraus:
Die Stadt München teilte auf CORRECTIV-Anfrage mit, sie habe vor der Bundestagswahl 2025, der Europawahl 2024 und der Landtagswahl 2023 Wählerdaten gegen Gebühr weitergegeben: Zur Bundestagswahl an die Grünen und die CSU, zur Europawahl im vergangenen Jahr an die SPD und zur Landtagswahl 2023 an Grüne, CSU und FDP.

Herausgegeben worden seien insgesamt rund 340.000 Datensätze – damit habe die Stadtverwaltung etwa 34.000 Euro eingenommen. 

Auch die anderen angefragten Städte berichten zum Teil von solchen Adressweitergaben an Parteien. Allerdings jeweils an SPD, Grüne oder FDP. 

Das heißt: Die Weitergaben sind nichts Neues – aber durch den aktuellen Fall mit der AfD stören sich vermutlich mehr Bürgerinnen und Bürger daran als bei anderen Parteien.

Informieren die Städte aktiv darüber?
Jein. Auch das haben wir sie gefragt – denn laut Gesetz Bundesmeldegesetz müssen die Stadtverwaltungen ihre Bürgerinnen und Bürger einmal pro Jahr aktiv darüber informieren, dass die Möglichkeit der Weitergabe ihrer persönlichen Daten besteht. 

Wir haben die Städte gefragt: Kommen sie dieser Informationspflicht nach? Besonders kurios hierzu die Antwort aus München: Die Info stehe ja ständig unter muenchen.de; man müsse halt nur den richtigen Suchbegriff eingeben.

Man kann der Weitergabe ihrer Adressen übrigens widersprechen. 

Prominenter CDU-Abgeordneter beschäftigt Mitglied nationalistischer Burschenschaft
Der CDU-Abgeordnete Philipp Amthor beschäftigt Sandro M. als Büroleiter. Dieser gehört zur extrem rechten Burschenschaft Markomannia Aachen in Greifswald. Amthor entgegnet, dessen Mitgliedschaft sei Privatsache.
taz.de 

Lokal: Stadt Frankfurt setzt auf Aufklärungskampagne über Lachgas für Jugendliche
Die Trenddroge Lachgas ist gesundheitsschädlich und ihr Müll belastet zudem die Umwelt. Die Stadt Frankfurt geht dagegen vor: Auf ein Verkaufsverbot folgt nun eine Aufklärungskampagne für Jugendliche.
hessenschau.de

Solaranlagen aus China können die deutsche Stromversorgung gefährden
Nach Recherchen des ARD-Politikmagazins Monitor ist eine Sabotage der deutschen Stromversorgung möglich. Da der Großteil der deutschen Solaranlagen aus China kommt, warnen Behörden vor einer möglichen Manipulation der Energieinfrastruktur durch Hersteller. 
wdr.de


"Ben Wizner, Director of the ACLU’s Speech, Privacy, and Technology Project, has been with the ACLU since 2001. He gained prominence as Edward Snowden’s attorney. Credits: Bryan Broyles, Illustration: Sebastian Haupt

Jean Peters: Herr Wizner, viele Beobachter sprechen von einer „konstitutionellen Krise“ in den USA. Teilen Sie diese Einschätzung?

Ben Wizner: Ich glaube nicht, dass wir bereits in einer Krise stecken, aus der es kein Zurück gibt. Aber wir erleben einen Angriff auf Gesetze und Normen in einem Tempo und Ausmaß, wie wir es in der modernen amerikanischen Geschichte nicht kannten. Trump glaubt, unsere Institutionen seien schwach. Doch ich glaube, sie sind stärker, als er denkt. Es gibt mehr Widerstand, als er erwartet hätte. Und es wird einen Backlash geben.

Das klingt fast optimistisch.

Optimistisch? Nein. Realistisch. Schauen Sie: Ich habe 2001 bei der ACLU angefangen, einen Monat vor 9/11. Damals erlebte ich, wie die Bush-Administration auf die Anschläge reagierte – mit Folter, Geheimgefängnissen, gewaltsamen Verschwindenlassen, gezielten Tötungen, auch von US-Bürgern. Die USA waren schon immer fähig zu massiven Menschenrechtsverletzungen, besonders im Ausland. Aber was wir jetzt erleben, fällt nicht vom Himmel, wir dürfen nicht so tun, als sei das komplett neu. Es ist allerdings das erste Mal, dass diese Gewalt so direkt im Inneren spürbar wird. Vor allem für Immigranten.

Warum gerade sie?

Weil früher keine der beiden Parteien massenhafte Deportationen wollte. Die Liberalen blockierten es aus humanitären Gründen, die Konservativen, weil sie billige Arbeitskräfte brauchten. Doch jetzt haben wir eine xenophobe Populismus-Welle, die das ändert. Plötzlich wird der gesamte Staatsapparat gegen eine Gruppe in Stellung gebracht. Und gleichzeitig werden alle Teile der Gesellschaft angegriffen, die Widerstand leisten könnten: unabhängige Anwaltskanzleien, Universitäten, Medien.

Das ist ein Auszug aus dem Denkanstoß-Interview. Die vollständige Version finden Sie hier auf Deutsch und hier auf Englisch.

Menschen in Gaza stehen in einer Schlange für Lebensmittel mit leeren Töpfen an (Bild: Moiz Saihi / Picture Alliance / SIPA)

So geht’s auch 
Über ein bedingungsloses Grundeinkommen wird immer wieder diskutiert — die Hamburger Initiative „Hamburg testet Grundeinkommen“ möchte nicht nur reden, sondern es in einem wissenschaftlich begleiteten Modellversuch ausprobieren! Salon5-Reporter Hajo hat sich die Idee bei einem Spaßgetränk von Gregor, einem Mitglied der Initiative, erklären lassen.
instagram.com

Fundstück 
Eine Studie im Auftrag der Bertelsmann Stiftung zeigt, dass viele Gamer politisch engagierter sind als der Durchschnitt der Bevölkerung. Das Klischee, dass Computerspiele eine Flucht aus der Realität sind, wird somit zum Teil widerlegt. Zudem haben Gamer auch mehr Vertrauen in die Demokratie. 
wdr.de  

Autor Bild Anette Dowideit

Wir aus der CORRECTIV-Redaktion hatten schon erwartet, dass unser Aufruf im Thema des Tages von Freitag sehr viele von Ihnen an die Tastaturen rufen würde – denn Gendern ist immer wieder Reizthema. Auch jetzt haben uns übers Wochenende wieder Hunderte E-Mails erreicht.

Diesmal war der Anlass, dass sich Kulturstaatsminister Wolfram Weimer in einem Interview aus dem Fenster gelehnt hatte. Mit einer – ja was eigentlich: Forderung? Empfehlung? Das lässt sich im Nachhinein nicht mehr klar sagen, denn Weimer ruderte anschließend recht stark zurück. Jedenfalls wirkte es zunächst für viele, als wolle er Kulturinstitutionen mit dem Stopp staatlicher Förderung drohen, wenn sie Sonderzeichen wie Sternchen oder Doppelpunkte nutzen.

Unter Ihren E-Mails waren wie immer viele kluge Gedanken. Jene, die ich besonders originell fand, gebe ich hier einmal weiter:

„In den letzten Jahren wurde der Partei ‘Die Grünen’ immer wieder vorgeworfen, eine Verbotspartei zu sein. Doch seit dem Regierungswechsel nehme ich viel mehr Verbote wahr.“

Sylke O.

„Denken Sie bitte auch daran, dass es ältere Menschen in unserer Gesellschaft gibt, für die es ohnehin schon schwer ist Texte von Behörden zu lesen, und wenn diese dann auch noch mit Gendersternchen versehen sind, dann besteht die Gefahr, dass diese Menschen nur noch Bahnhof verstehen.“

Thomas R.

„Es ist verständlich, für jederfrau und jedermann, Kontrollverlust zu fürchten, egal, worum es geht. Aber es dann auf Dinge wie Gendern (=Ausgleich, Gerechtigkeit) zu schieben, ist schäbig und kindisch.“

Barbara H.

„Die Forderung ist mir zu absolut – andererseits sehe ich beim Gendern das Problem, dass einerseits eine inklusive Sprache erreicht werden soll, andererseits aber genau das Gegenteil erreicht wird. Die Sprache wird schwerer verständlich. Für unsere ausländischen Mitbürger, denn Deutsch ist sowieso keine einfache Sprache. Aber genauso für Menschen mit Lese-Rechtschreib-Schwäche, für Hörgeschädigte und Personen, die vom Mund ablesen, für Menschen mit Sprachstörungen (Stottern, Stammeln).“

Wolfgang B.

„Als an einer Hochschule tätiger Bürger (und Beamter) finde ich das ungeheuerlich. Das greift in die Freiheit der Wissenschaft und der Lehre ein. Ich persönlich werde weiter das Gender* nutzen, vor allem, wenn Post nach Bayern geht.“

Steffen P.

„Wer aus ziemlicher Nähe den leidvollen Weg kennt,  den ein junger Mensch durchmacht, bevor er weiß, ich bin trans, kann nur empört sein über Herrn Weimers billige Masche, die zudem die freie Meinungsäußerung einschränkt.“

Almut M.

„Ich verstehe beim besten Willen nicht, wovor diese, meist männlichen Wesen Angst haben. Es wird ihnen doch nichts weggenommen, sondern nur ein bißchen was dazugegeben, was schon  lange überfällig war/ist.“

Ute M.

„Dass die armen Kulturschaffenden jetzt mit so einem Staatsminister bestraft werden, habe ich bisher nicht gewusst und danke Ihnen für Ihren Artikel. Sollte für mich (und für alle Freiheitsliebenden Bürgerinnen und Bürger) Anlass genug sein, unsere – freien – Kulturschaffenden mehr zu unterstützen… Mit Theater-, Ausstellungs-, Konzertbesuchen, Spenden … oder auch mal ein Bild kaufen.“

Henning L.

Und dann noch ein wichtiger Punkt: Viele von Ihnen schrieben mir, sie hätten sich durch eine Formulierung im Thema des Tages in die rechte Ecke gestellt gefühlt: Ich hätte sinngemäß geschrieben, wer gendern mit Sonderzeichen blöd findet, ist rechts. Das stimmt aber nicht. 

Geschrieben habe ich: Viele Menschen nervt die Genderdebatte. Rechtspopulisten nutzen dieses Genervtsein, um bei diesen Leuten Gehör zu finden – und versuchen dann, sie auch bei anderen Themen auf ihre Seite zu ziehen. 

Zwar will Europa die Einfuhren von russischem Gas bis 2028 gänzlich verbieten. Unsere Grafik des Tages zeigt jedoch, wie abhängig die Union noch immer davon ist: Bei den Importquellen lag Russland 2024 auf Rang zwei – vor den USA, die vor allem LNG-Gas lieferten. Und das sind nur die offiziellen Angaben. Russland hat eine enorme Schattenflotte aufgebaut, um die EU-Sanktionen zu umgehen. Die geschmuggelten Rohstoffe – dazu gehören auch Öl und Kohle – werden von diesen EU-Statistiken gar nicht erfasst. 
deutschlandfunk.de

An der heutigen Ausgabe haben mitgewirkt: Maximilian Billhardt, Till Eckert, Sebastian Haupt und Jule Scharun.