Faktencheck

OB-Wahl Ludwigshafen: Wer ausgeschlossenen AfD-Kandidaten auf Stimmzettel schreibt, macht ihn ungültig

Angeblich soll es möglich sein, den von der Oberbürgermeisterwahl in Ludwigshafen ausgeschlossenen AfD-Kandidaten Joachim Paul trotzdem zu wählen. Dafür müsse man seinen Namen handschriftlich auf dem Stimmzettel ergänzen. Wieso das nicht stimmt.

von Max Bernhard

Wegen Zweifeln an seiner Verfassungstreue wurde AfD-Kandidat Joachim Paul von der Oberbürgermeisterwahl in Ludwigshafen ausgeschlossen (Bild: Udo Herrmann / Chromorange / Picture Alliance)
Behauptung
Bei der Wahl zur Oberbürgermeisterin oder zum Oberbürgermeister in Ludwigshafen am 21. September könne der ausgeschlossene AfD-Kandidat Joachim Paul gewählt werden, indem sein Name auf den Wahlzettel geschrieben werde. Das zeige ein Fall aus Bayern.
Bewertung
Falsch. Das Hinzufügen eines Namens oder anderer Zusätze macht die Stimme laut dem Kommunalwahlgesetz Rheinland-Pfalz ungültig. Der Fall aus Bayern beruht auf einer Sonderregelung, wenn es nur eine vorgeschlagene Kandidatin oder Kandidaten gibt. So eine Regelung gibt es auch in Rheinland-Pfalz. Für die Wahl im September 2025 hat sie jedoch keine Relevanz, dort gibt es vier Kandidatinnen und Kandidaten.

Am 21. September wird in Ludwigshafen eine neue Oberbürgermeisterin oder ein neuer Oberbürgermeister gewählt. Der AfD-Kandidat und rheinland-pfälzische Landtagsabgeordnete Joachim Paul wurde zuvor von der Wahl ausgeschlossen. Wegen Zweifeln an der Verfassungstreue hatte der Wahlausschuss seine Kandidatur nicht zugelassen. Diese Entscheidung wurde später vom Oberverwaltungsgericht bestätigt. Paul möchte weiter rechtlich gegen die Entscheidung vorgehen.

Nach Pauls Ausschluss heißt es in verschiedenen Beiträgen in Sozialen Netzwerken, dass man den AfD-Kandidaten trotzdem wählen könne: „Einfach Joachim Paul mit auf den Wahlzettel schreiben!“, schreibt ein Nutzer auf X. „Wählt AfD. Ob sie auf dem Wahlzettel stehen oder nicht“, ein anderer. Auch die ehemalige Politikerin Vera Lengsfeld, die inzwischen für rechtsgerichtete Medien tätig ist, rief dazu auf. In einem späteren Beitrag korrigierte sie sich, ließ den ursprünglichen Aufruf jedoch unverändert. Ähnliche Behauptungen verbreiten sich auch zur OB-Wahl in Lage in Nordrhein-Westfalen, wo ein AfD-Kandidat aus demselben Grund ausgeschlossen wurde.

Angeblich könne der Name des ausgeschlossenen AfD-Kandidaten Joachim Paul einfach auf den Stimmzettel geschrieben werden – das zeige ein „Präzedenzfall“ aus Bayern (Quelle: X; Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

Viele der Beiträge verweisen auf einen Fall in Bayern, bei dem ein Mann zum Oberbürgermeister gewählt worden sei, der zuvor gar nicht auf dem Stimmzettel gestanden habe. Die Wählenden hätten ihn einfach dazugeschrieben.

Unsere Recherche zeigt: Den Fall in Bayern gab es tatsächlich. Ist das also auch bei den kommenden Wahlen in Ludwigshafen und Lage möglich? Nein – und wer so vorgeht, macht seine Stimme ungültig.

Stadt Ludwigshafen: Hinzufügen von Kandidaten macht Stimme ungültig  

„Zusätze, Vorbehalte oder andere Beifügungen auf dem Stimmzettel – dazu zählen auch Streichungen oder das Hinzufügen von Namen – führen grundsätzlich zur Ungültigkeit der Stimme“, erklärt uns Simone Müller von der Stadt Ludwigshafen auf Nachfrage. Das ist in Paragraf 38 Absatz 1 des Kommunalwahlgesetzes Rheinland-Pfalz geregelt.

Laut dem Kommunalwahlgesetz Rheinland-Pfalz ist die Stimmabgabe ungülitg, wenn der Stimmzettel einen Zusatz oder Vorbehalt enthält (Quelle: rlp.de; Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

Auch die Landeswahlleiterin in Nordrhein-Westfalen warnt auf ihrer Webseite: „Aktuell wird im Internet folgende Behauptung aufgestellt: Steht eine Kandidatin oder ein Kandidat nicht auf dem Stimmzettel, könne die Stimme für diese Person auch abgegeben werden, indem der Name der Person handschriftlich auf dem Stimmzettel ergänzt wird. Hierbei handelt es sich um eine Falschinformation.“ Die Stimme werde so ungültig.

Ausnahmeregelung in Bayern und Rheinland-Pfalz gilt, wenn nur ein Kandidat oder eine Kandidatin zugelassen wurde

Den Vorfall aus Bayern, auf den viele der Beiträge mit der Behauptung verweisen, gab es tatsächlich. „In einer bayerischen Stadt wurde ein Mann zum Bürgermeister gewählt, dessen Name gar nicht auf dem Wahlzettel stand“, heißt es in einem Artikel der Nachrichtenplattform Kommunal von September 2024. Möglich ist das in Bayern, „sofern nur ein Kandidat benannt ist“, wird in dem Artikel erklärt.

Das stimmt. In Artikel 40 des bayerischen Gemeinde- und Landkreiswahlgesetzes heißt es: „Wird kein oder nur ein Wahlvorschlag zugelassen, wird die Wahl ohne Bindung an eine vorgeschlagene sich bewerbende Person durchgeführt.“ Auch auf einem Stimmzettel-Muster für so einen Fall wird darauf verwiesen, dass eine Kandidatin oder ein Kandidat handschriftlich eingetragen werden kann.

So eine Regelung gibt es auch in Rheinland-Pfalz, wie uns Müller von der Stadt Ludwigshafen auf Nachfrage schreibt. In Paragraf 30 Absatz 2 Kommunalwahlgesetz Rheinland-Pfalz heißt es: „Ist nur ein Wahlvorschlag zugelassen worden, so vergibt der Wähler seine Stimmen durch Ankreuzen oder eine andere eindeutige Kennzeichnung der auf dem Stimmzettel aufgeführten Bewerber, die er wählen will. […] Er kann auf dem Stimmzettel andere wählbare Personen eintragen und auch Bewerber streichen.“ Das sei bei der Wahl in Ludwigshafen aber nicht der Fall. Zur Wahl im September sind dort vier Personen zugelassen.

In Nordrhein-Westfalen gibt es keine solche Regelung. Das Hinzufügen oder Durchstreichen des Namens einer Kandidatin oder eines Kandidaten ist also in jedem Fall unzulässig.

Redigatur: Paulina Thom, Steffen Kutzner

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