
Diese für Audio optimierte Kompaktfassung des täglichen Spotlight-Newsletters ist von einer KI-Stimme eingelesen und von Redakteuren erstellt und geprüft.
Liebe Leserinnen und Leser,
als Kind der 90er habe ich miterlebt, wie sich das Internet etablierte und Soziale Netzwerke entstanden sind. Und mir geht es so wie vielleicht auch vielen von Ihnen: Intuitiv achtete ich von Anfang an darauf, dass nicht jedes Bild von mir im Netz landet. Doch ob Fotos von uns nicht trotzdem manchmal auf Instagram und Co. zu sehen sind, lässt sich schwer kontrollieren. Und was, wenn jetzt die Polizei einen Straftäter sucht und wir durch das Urlaubsbild einer anderen Person in ihrer Bilderdatenbank erscheinen?
Bis dato darf die Polizei nicht einfach so unsere biometrischen Daten analysieren (also unsere Gesichtszüge, Stimmprofile, Gangarten oder genetische Informationen). Doch genau das soll ein neuer Gesetzentwurf des vom CSU-Politiker Alexander Dobrindt geleiteten Bundesinnenministeriums (BMI) ändern: Bundespolizei und Bundeskriminalamt (BKA) sollen künftig Gesichter im Netz besser erkennen können – durch biometrische Datenanalyse. Wenn den Behörden das Foto eines mutmaßlichen Straftäters vorliegt, sollen sie dieses Bild also künftig durch eine automatisierte Suche mit Fotos aus dem Internet abgleichen können. Verbrechen sollen so schneller aufgeklärt und Tatverdächtige schneller aufgespürt werden können. Doch Datenschützer sehen in dem neuen Gesetzentwurf und den geplanten Befugnissen vor allem eins: den Einstieg in eine Massenüberwachung.
In einem neuen Gutachten warnen mehrere Organisationen, dass das neue „Sicherheitspaket“ gegen Gesetze und Grundrechte verstoßen könnte. Alles dazu lesen Sie im Thema des Tages, das ich heute für Sie in Vertretung meiner Kollegin Anette Dowideit schreibe.
Ob die Bundesregierung den Dobrindt-Entwurf beschließen wird, ist offen. Denn die SPD hat bereits deutlich gemacht, dass sie auf eine rechtskonforme Ausgestaltung bestehen wird – und womöglich hat auch das (SPD-geführte) Justizministerium rechtliche Einwände. Nach dem Hickhack um die von Verteidigungsminister Boris Pistorius auf den Weg gebrachte Reform des Wehrdienstes könnte es in der Koalition also auch bei diesem Thema noch Ärger geben.
Außerdem im SPOTLIGHT: Gestern tagte der Sportausschuss des Bundestags und sprach über ein „Zentrum Safe Sport“: Damit sollen Gewalt, Missbrauch und Diskriminierung im Sport verhindert und aufgeklärt werden. Die Vizepräsidentin des DFB war geladen. Mehrfach wurde unsere Recherche zu Missbrauch im Jugendfußball erwähnt, die zeigte, wie groß das Problem ist. Heute und morgen geht es weiter, die Sportminister der Länder treffen sich. Wir bleiben dran.
Thema des Tages: Verbrecherjagd mit Urlaubsfotos
Der Tag auf einen Blick: Das Wichtigste
CORRECTIV-Werkbank: Endlich – Es gibt jetzt CORRECTIV-Merchandise!
Grafik des Tages: Wärmewende – so weit hängt Deutschland zurück
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) würde es der Bundespolizei und dem BKA gerne ermöglichen, zur Verbrechensbekämpfung künftig Suchmaschinen zur Gesichtserkennung und eine automatisierte Datenanalyse zu nutzen.
Dazu gibt es einen aktuellen Gesetzentwurf. Zudem soll eine automatisierte Datenanalyse eingeführt beziehungsweise ausgebaut werden. Mutmaßlich mithilfe des US-Software-Herstellers Palantir, der von Kritikern als problematisch eingeschätzt wird. Aktuell hilft Palantir beispielsweise US-Präsident Donald Trump und seiner Einwanderungsbehörde bei der Aufspürung und Abschiebung von Migrantinnen und Migranten.
Datenschutz-Fachleute warnen
Datenschützer kritisieren Dobrindts Gesetzentwurf scharf: darunter die Organisationen AlgorithmWatch, Amnesty International, die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), der Chaos Computer Club. Aber auch der ehemalige Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit: SPD-Politiker Ulrich Kelber. In der Pressekonferenz am gestrigen Mittwoch erklärten sie gemeinsam, der Gesetzentwurf verletze Grundrechte, verstoße gegen die KI-Verordnung der EU und treibe KI-gestützte Massenüberwachung voran.
Die Gründe für die Kritik werden im gestern veröffentlichten Gutachten von Suchmaschinenforscher Dirk Lewandowski erläutert: Ohne eine zentrale Datenbank oder einen gewaltigen Datenspeicher seien die biometrischen Abgleiche in der vorgeschlagenen Form nicht möglich. Das aber sei nach EU-Recht rechtswidrig. Und eine zentrale Datenbank wäre notwendig – weil biometrische Abgleiche nicht „live“ aus dem Internet erfolgen können. Suchmaschinen und Abgleichsysteme müssen vorher die Daten aus dem Internet sammeln, vorverarbeiten und in einer durchsuchbaren Datenbank speichern.

Der politische Hintergrund
Schneller ermitteln, Gefahren früh stoppen – das ist die Idee hinter dem Gesetzentwurf. Bundespolizei und BKA sollen so etwa Verdächtige, Vermisste oder Flüchtige automatisch erkennen können – ob in Datenbanken oder im öffentlichen Raum. Das soll mehr Sicherheit bringen, sagen Befürworter.
Bereits die Ampel wollte ein entsprechendes „Sicherheitspaket“ verabschieden – es scheiterte aber am Bundesrat. Nun nimmt Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) einen neuen Anlauf mit einem Gesetzespaket, das der Polizei weitreichende Befugnisse bei der Gesichtserkennung geben soll.
Das BKA soll demnach etwa biometrische Daten aus allen frei zugänglichen Internetquellen nutzen können, um Verdächtige zu identifizieren.
Darum ist das problematisch:
AlgorithmWatch, Amnesty International, die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) und der Chaos Computer Club sehen darin einen Einstieg in die Massenüberwachung in Deutschland. In ihrer gemeinsamen Pressekonferenz veröffentlichten die Organisationen am Mittwoch besagtes Gutachten, das Sie hier einsehen können.
Grund- und Menschenrechte würden durch die in dem Gesetzesentwurf vorgesehenen Befugnisse verletzt, warnen die Organisationen – beispielsweise, weil die KI-gestützte Analyse der Software anfällig für Diskriminierung sei.
Amnesty erwähnte auch die gesellschaftliche Dimension: Gesichtserkennung könne abschreckend wirken – auf Aktivismus, Protest, ziviles Engagement. Zudem berge sie ein „hohes Diskriminierungsrisiko“, etwa durch häufigere Fehlidentifikationen nicht-weißer Personen und marginalisierter Personengruppen.
Ob die Koalition den Entwurf des Innenministeriums in der vorliegenden Form beschließen wird, ist unklar. Die SPD signalisierte zwar prinzipielle Zustimmung. Der innenpolitische Sprecher der SPD, Sebastian Fiedler, sagte CORRECTIV: „Es ist nicht akzeptabel, dass jede und jeder Programme zur Gesichtserkennung nutzen kann, aber die Polizeibehörden bei der Fahndung nach Terroristen darauf verzichten sollen.“ Fiedler sagte aber auch: „Die Regelungen müssen aber so ausgestaltet sein, dass sie mit EU-Recht in Einklang stehen.“
Und was spricht für eine Neuregelung?
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hält eine Regelung für die Nutzung automatisierter Gesichtserkennung im Internet für „längst überfällig“. Der GdP-Vorsitzende Jochen Kopelke sagte uns hierzu: „Der Nutzen dieser modernen Technik führt zu einer wesentlich schnelleren und effektiveren Ermittlungsarbeit im Polizeialltag.“ Datenabgleiche seien rechtlich geregelt. „Und wenn nicht, muss der Bundesinnenminister diese Rechtsgrundlagen schaffen“, so Kopelke.
Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) sieht es ähnlich: „Es kann nicht sein, dass jeder Journalist eine Software für Gesichtserkennung nutzt, aber ausgerechnet der Polizei diese Möglichkeit verwehrt bleibt“, sagte der BDK-Vorsitzende Dirk Peglow CORRECTIV. „Wir müssen eine Rechtsgrundlage erhalten, die mit dem geltenden Recht und dem AI-Act der EU in Einklang steht und brauchen Lösungen, die für die Polizeiarbeit zulässig sind.“
Was sagen Sie dazu?
Soll die Polizei für Ermittlungen Zugriff auf biometrische Daten bekommen? Finden Sie dafür den Einsatz der umstrittenen Softwareprodukte von Palantir richtig? Und wäre es für Sie ein Problem, wenn Sie in einer Foto-Datenbank landen? Schreiben Sie mir gerne: samira.joy.frauwallner@correctiv.org
Wehrdienst-Debatte geht in die nächste Runde
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bezeichnet die Debatte der Koalition zum Thema Wehrpflicht als „kommunikative Fehlleistung“. Zu einem möglichen Losverfahren erklärte Steinmeier gegenüber dem SWR, er habe Zweifel, dass es ein geeignetes Mittel sei. Heute diskutierte der Bundestag über die Wehrpflicht – nachzulesen im Live-Ticker des Handelsblatts.
br.de / handelsblatt.com
Vorschlag zur AfD von Ex-CDU-Politikern stößt intern auf scharfe Kritik
Ehemals führende CDU-Politiker fordern Gesprächsbereitschaft ihrer Partei mit der AfD. Innerhalb der Union löste das Kritik aus. „Wer CDU und AfD in einem Atemzug nennt, hat nicht verstanden, was bürgerlich heißt“, sagte etwa der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther gegenüber dem Stern. Das Präsidium der CDU berät sich diese Woche über die künftige Strategie rund um die AfD.
zeit.de
Lokal: Kieler OB-Kandidat soll Veranstaltung mit Extremistenbeteiligung unterstützt haben
Der Kieler Oberbürgermeister-Kandidat der Grünen, Samet Yilmaz, soll ein Fest unterstützt haben, an dem unter anderem eine Gruppe türkischer Rechtsextremer teilgenommen haben soll. Dies kostete ihn nun seinen Posten beim Verfassungsschutz. Yilmaz meldet sich kurz nach der Veröffentlichung der Erstberichterstattung des Spiegel selbst zu Wort: „Ich verabscheue türkischen Nationalismus und ich unterstütze keinen Extremismus.“
kn-online.de
Recherche: Tricks hinter den Mystery-Boxen
In Deutschland gibt es mittlerweile tausende Mystery-Boxen-Automaten, in denen sich Pakete befinden, die nicht zustellbar waren. Doch hinter dem günstig erscheinenden Überraschungseffekt scheinen teilweise Betrug und Trickserei zu stecken. Das zeigt eine Recherche des ZDF.
zdfheute.de

Faktencheck

In Sozialen Netzwerken heißt es, ein Bild zeige einen Heißluftballon mit dem Antlitz Wladimir Putins, der über dem Brandenburger Tor in Berlin aufgestiegen sei. Obwohl das Bild offensichtlich mit KI erstellt wurde, verbreitet sich die Behauptung weiter.
correctiv.org
Endlich verständlich
Die Bundeswehr benötigt rund 80.000 zusätzliche aktive Soldaten. Doch wie das Ziel erreicht werden soll, darum gibt es in der Koalition Streit. Die Union will eine Wehrpflicht nach Bedarf: Wenn sich nicht genügend Freiwillige melden, soll künftig das Los entscheiden, wer zum Dienst eingezogen wird. Rechtlich ist das Modell jedoch umstritten. Da die Wehrpflicht einen schweren Eingriff in Grundrechte darstellt, darf niemand willkürlich verpflichtet werden. Wenn aber künftig tausende Wehrpflichtige nicht eingezogen würden, nur weil sie Glück im Losverfahren hatten, stellt sich die Frage, ob das noch mit dem Grundsatz der Wehrgerechtigkeit vereinbar ist. Eine endgültige Klärung könnte letztlich beim Bundesverfassungsgericht liegen.
tagesschau.de
So geht’s auch
Die Mindestvergütung für Auszubildende steigt ab nächstem Jahr von 682 auf 724 Euro im Monat. Die neue Regelung gilt nur für junge Menschen, die zwischen dem 1. Januar und dem 31. Dezember 2026 ihre Ausbildung beginnen. Danach steigt die Mindestvergütung pro Lehrjahr weiter, im vierten Lehrjahr ist also eine neue Vergütung von mindestens 1014 Euro pro Monat vorgesehen.
spiegel.de
Fundstück
Weniger Stottern durch OP: Ein Hirnschrittmacher soll durch die Stimulation von Nerven den Redefluss von Menschen mit Sprachproblemen unterstützen. Ersten Patienten wurde bereits ein Implantat eingesetzt. Das Ergebnis: „In den Monaten nach Beginn der Stimulation nahm die Häufigkeit des Stotterns um 46 Prozent ab“, berichtet Christian Kell von der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Auch die Intensität des Stotterns nahm um 29 Prozent ab.
scinexx.de
Richtig gute CORRECTIV-Klamotten – die Idee gibt es, seit ich bei CORRECTIV angefangen habe. Das ist jetzt sieben Jahre her. Sieben Jahre lang lag das Thema immer wieder auf meinem Tisch: mal als Spinnerei, mal als internes Spaßprojekt, dann wieder ernsthaft mit Tabellen und Musterbestellungen. Und jedes Mal kam irgendwas dazwischen – ein aufwendiges Buchprojekt, ein großer Release, zu wenig Zeit, zu viele Meinungen.
Vor ein paar Monaten setzten wir uns dann eine Deadline: Bis zur Buchmesse in Frankfurt wollen wir Pullis, T-Shirts und Socken haben. Seit dem Entschluss haben wir haufenweise Muster angefasst, gewaschen, verworfen, neu bestellt, Preise gerechnet, Produktionswege geprüft und wieder alles umgeschmissen. Schließlich gaben wir die finale Bestellung auf. Bis die Lieferung endlich da war, habe ich gezittert: Hoffentlich geht nicht noch etwas schief. Ist es nicht. Die Buchmesse ist am gestrigen Mittwoch gestartet und mit in unserem Gepäck: die brandneue CORRECTIV-Collection! Ich trage, seit ich die ersten Pakete aufgemacht habe, den schwarzen CORRECTIV-Hoodie fast jeden Tag.
Der berühmte Gonzo-Journalist Hunter S. Thompson hat mal gesagt: „Anything worth doing, is worth doing right.“ Genau das war das Motto: „Was es wert ist, getan zu werden, sollte auch richtig getan werden.“ Dabei dauert Produktentwicklung fast so lange wie eine gute Recherche.

Klimaneutral heizen und kühlen: Da gibt es in Deutschland noch viel zu tun. Das verdeutlicht auch die Grafik des Tages.
Woran hakt es und wie kann die Wärmewende (und Kühlwende) gelingen? Dazu hat CORRECTIV gemeinsam mit dem SWR ein großes Rechercheprojekt aufgesetzt. Ein Teil davon sind PopUp-Studios in drei Städten Baden-Württembergs, um mit Ihnen und anderen Interessierten ins Gespräch zu kommen. Schauen Sie gerne vorbei – ob zum Speed-Dating mit Fachleuten oder einfach, um Ihre Meinung mitzuteilen. Hier gibt es einen Überblick zu den Terminen:
correctiv.org
An der heutigen Ausgabe haben mitgewirkt: Maximilian Billhardt, Till Eckert, Leonie Georg, Sebastian Haupt, Ulrich Kraetzer und Jule Scharun.
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