CORRECTIV startet den Demokratiekompass – ein neues Format für gelebte Demokratie
CORRECTIV erweitert sein journalistisches Angebot um ein neues Beteiligungsformat: den Demokratiekompass. Das neue Tool macht es möglich, Bürgerinnen und Bürger direkt in die Lösung gesellschaftspolitischer Herausforderungen einzubeziehen und ihnen Handlungsoptionen aufzuzeigen – damit zugleich die redaktionelle Berichterstattung um ihre Perspektiven zu erweitern.
Investigative Recherchen decken Missstände auf, benennen Verantwortliche und ordnen Zusammenhänge ein. Doch oft bleibt am Ende die Frage: Und jetzt? Der Demokratiekompass setzt genau dort an. Er bündelt die Interessen und Impulse der Leserinnen und Leser und eröffnet Wege für Austausch und Beteiligung, konkret vor Ort.
Erstmals im Einsatz ist der Demokratiekompass im Rahmen des journalistischen Kooperationsprojekts „Druck im Kessel – Wie trifft mich die Wärmewende?“ das CORRECTIV derzeit gemeinsam mit dem SWR umsetzt. Das Projekt setzt mit dem CrowdNewsroom von CORRECTIV, einer technischen Lösung für die Einbindung von Bürgerinnen und Bürgern, und lokalen Pop-up-Studios auf ein breites Partizipationsangebot.
Am Ende einer Recherche zum Thema Wärmewende ist der Demokratiekompass als Plug-in eingebettet und zeigt an, welche Ebene verantwortlich ist und dementsprechend auch Änderungen bewirken kann. CORRECTIV sammelt mit einem Tool das Interesse der Leserinnen und Leser und organisiert Gespräche oder Begegnungen zwischen Bürgerinnen, Bürgern und politischen Entscheidungsträgern – wie zuletzt etwa bei einer öffentlichen Debatte in Stuttgart. So können Herausforderungen und Lösungsideen direkt vor Ort besprochen werden, CORRECTIV wird dazu mit lokalen Medienpartnern aus dem Netzwerkwerk CORRECTIV.Lokal zusammenarbeiten und stellt den Kompass anderen Medienhäusern auch zur Verfügung. So können konstruktive Impulse aus journalistischen Recherchen entstehen, indem der Journalismus Dialogräume eröffnet. Die Ergebnisse aus den Debatten fließen anschließend wieder in die redaktionelle Arbeit ein und vertiefen die Berichterstattung.
„Mit dem Demokratiekompass denken wir Journalismus weiter“, sagt Justus von Daniels, Chefredakteur von CORRECTIV. „Partizipativer Journalismus ist Teil unserer DNA. Wir wollen Menschen informieren, aber ihnen auch ermöglichen, aktiv am demokratischen Prozess teilzunehmen. Gerade in Zeiten wachsender Polarisierung braucht es Formate, die einen informierten und konkreten gesellschaftlichen Dialog stärken.“
Der Demokratiekompass ist mehr als ein journalistisches Experiment: Er steht für den Anspruch von CORRECTIV, als größtes gemeinwohlorientiertes Medienhaus im deutschsprachigen Raum die Demokratie zu stärken: Wir wollen, dass Bürgerinnen und Bürger nicht nur medienkompetent und informiert sind, sondern sie zugleich befähigen, informierte Entscheidungen zu treffen. Der Demokratiekompass macht Journalismus greifbar und unterstützt Menschen, sich aktiv in der Gesellschaft einzubringen. Medien können so der Ohnmacht entgegenwirken, die viele Menschen in der Nachrichtenlage empfinden und einen konstruktiven Dialog anbieten.
In Stuttgart haben CORRECTIV und SWR auf einem Podium die Zukunft der Wärmewende in der Stadt diskutiert. Deren Pläne, die eigenen Klimaziele zu erreichen, stehen dort schon länger in Frage, das zeigte eine Recherche, die wir zwei Wochen zuvor veröffentlicht hatten. Am Ende des Textes konnten Menschen über den Demokratiekompass ihr Interesse an dem Thema und den Wunsch nach einer Veranstaltung äußern. Bürgerinnen und Bürger wollten wissen, ob die lokalen Stadtwerke ausreichende Investitionen einkalkulieren, um die Wärmewende nicht aus den Augen zu verlieren. Die Verantwortlichen weigern sich jedoch, die Wirtschaftspläne offenzulegen. Auch der von uns eingeladene Umweltbürgermeister Peter Pätzold reagierte in der Diskussion ausweichend. CORRECTIV konnte nun einen ersten Teilerfolg erzielen. Zwar sind die Wirtschaftspläne nach wie vor nicht öffentlich. Aber die zentrale Frage konnten wir beantworten: „Die Wirtschaftspläne der Stadtwerke Stuttgart gelten bis zum Jahr 2028. Bis 2028 sind ca. 110 Millionen Euro in diesem Bereich vorgesehen”, teilte die Stadtverwaltung auf unsere Anfrage mit. Damit ist keine nennenswerte Steigerung der Investitionssumme vorgesehen. Aus der Recherche entstand die lokale öffentliche Debatte, die wiederum neue Erkenntnisse brachte.