Nein, die Rentenanpassung 2025 ist keine indirekte Rentenkürzung
Die Rente sei 2025 indirekt gekürzt worden, warnt ein Nutzer auf Instagram und rechnet vor, wie er darauf kommt. Der Beitrag erreicht Tausende – doch die Rechnung geht nicht auf. Sie basiert auf einem Missverständnis.
Auf Instagram behauptet ein Nutzer, dass die Anpassung der Renten 2025 eine indirekte Rentenkürzung sei. Sein Argument: Wer bisher 45.453 Euro brutto im Jahr verdiente, bekam dafür einen Rentenpunkt. Die Anzahl der Rentenpunkte bestimmt beim Renteneintritt mit darüber, wie hoch die eigene Rente ausfällt. Seit 2025 brauche man aber ein durchschnittliches Bruttogehalt von 50.493 Euro, um einen Rentenpunkt zu bekommen. „Wenn also dein Bruttogehalt 2025 nicht um mindestens 11 Prozent gestiegen ist, ist dies eine indirekte Rentenkürzung“, folgert er. Sein Beitrag vom 12. Oktober erhielt rund 460.000 Aufrufe. Auf Nachfragen antwortete der Nutzer nicht.
Das Argument klingt logisch, doch es führt in die Irre. Wir erklären im Folgenden, warum.

Rentenwert wird jährlich entsprechend der Lohnentwicklung angepasst
Um den inhaltlichen Fehler im Beitrag zu verstehen, ist es wichtig zu wissen, wie die Rente berechnet wird. Katja Braubach von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) erklärt per E-Mail: „Maßgebend für die Höhe einer Rente sind die im Erwerbsleben erworbenen Entgeltpunkte und der aktuelle Rentenwert. […] Die Summe aller Entgeltpunkte wird mit dem aktuellen Rentenwert, derzeit 40,79 Euro, multipliziert.“ Dieser Rentenwert wird jährlich entsprechend der Lohnentwicklung angepasst.
Kurzum: Steigt das Durchschnittseinkommen – der Instagram-Beitrag spricht hier vom „Bruttojahresgehalt“ –, steigt auch der Rentenwert, den es für einen „Rentenpunkt“ gibt. Sinkt das Durchschnittseinkommen aller Versicherten, greift eine Garantie, die das Absinken der Rente verhindern soll. Dazu später mehr.
So wird die Rente berechnet
Die sogenannte Rentenformel, die dafür maßgeblich ist, beschreibt die Deutsche Rentenversicherung auf ihrer Webseite. Sie setzt sich konkret aus den Entgeltpunkten (umgangssprachlich Rentenpunkte), dem Zugangsfaktor, dem aktuellen Rentenwert und dem Rentenfaktor zusammen. Hier ein aktuelles Berechnungsbeispiel:

Die Entgeltpunkte ergeben sich aus dem eigenen Bruttojahreseinkommen. Jahr für Jahr wird es mit dem Durchschnittsverdienst aller Versicherten der DRV verglichen. Entspricht es diesem Durchschnitt, bekommt man genau einen Entgeltpunkt – liegt es darunter oder darüber, bekommt man anteilig Punkte. Beträgt das Einkommen beispielsweise die Hälfte, erhält man 0,5 Entgeltpunkte. Verdient man das 1,5-fache des Durchschnittseinkommens, sind es 1,5 Entgeltpunkte.
Wie viel diese Entgeltpunkte wert sind, wird durch den Rentenwert bestimmt. Seit Juli 2025 liegt er bei 40,79 Euro. Für die Höhe der eigenen Rente ist der Rentenwert zu Beginn des eigenen Renteneintritts entscheidend. Wenn von einer Rentenerhöhung die Rede ist, dann geht es um diesen Wert.
Der sogenannte Zugangsfaktor richtet sich danach, wann man in Rente geht. Wer vorzeitig in Rente geht, erhält Abzüge, wer die sogenannte Regelaltersgrenze erreicht (aktuell für die meisten 67 Jahre) bekommt keine Abzüge und der Wert in der Rentenformel beträgt eins.
Bleibt zuletzt noch der Rentenfaktor. Das ist sozusagen der Grund, aus dem jemand die Rente bezieht. Wer sie zum Beispiel als Witwer oder Witwe beantragt, bekommt in der Rentenformel den Wert 0,55 oder 0,6 zugewiesen. Wer eine Altersrente bezieht, also etwa mit 67 in Rente geht, bekommt auch hier einen Wert von eins zugewiesen.
Im Beispiel oben würde das bedeuten, dass diejenigen, die 45 Rentenpunkte gesammelt, die Regelaltersgrenze erreicht haben und im Jahr 2025 wegen Alters in Rente gehen, bei einem Rentenwert von 40,79 Euro eine Bruttorente von 1.835,55 Euro bekommen würden. Davon abgezogen werden noch die Kranken- und Pflegeversicherung und gegebenenfalls Steuern.
Wie viel ein Rentenpunkt letztlich wert ist, entscheidet sich beim Renteneintritt
Mit Blick auf diese Berechnung wird bereits deutlich, dass im Instagram-Beitrag Dinge durcheinandergehen – nämlich die Tatsache, dass Rentenansprüche zu einem anderen Zeitpunkt erworben werden, als die Rente ausgezahlt wird. Wie oben gezeigt, erwerben Rentenversicherte während ihres gesamten Arbeitslebens Rentenpunkte, deren Wert ändert sich jedes Jahr und ist für sie erst ab dem Eintritt in die Rente entscheidend.
Katja Braubach von der DRV stellt klar: „In dem von Ihnen genannten Beitrag werden Regelungen für aktuelle Arbeitnehmer und Regelungen für aktuelle Rentenbeziehende verglichen. Richtig ist, dass bei steigenden Durchschnittseinkommen individuell auch entsprechend mehr verdient werden muss, um im laufenden Jahr einen Entgeltpunkt zu erwerben. Wie viel Rente sich später aus diesem Entgeltpunkt ergibt, hängt dagegen von dem zum persönlichen Rentenbeginn geltenden aktuellen Rentenwert ab.“ Wer schon in Rente sei, habe dagegen alle Entgeltpunkte in der Vergangenheit erworben.
Das Durchschnittsentgelt für das Jahr 2025 beträgt 50.493 Euro, allerdings ist dieser Wert nur vorläufig und eben nur für eine bestimmte Personengruppe relevant.
Durchschnittseinkommen für 2025 im Instagram-Beitrag ist nur vorläufig
Der Zweck dieses vorläufigen Durchschnittsentgelts ist es, „aus Rentenbeiträgen des laufenden Jahres Entgeltpunkte berechnen zu können für diejenigen, die noch im laufenden Jahr in Rente gehen“, wie uns Martin Werdig, Professor für Sozialpolitik und öffentliche Finanzen an der Ruhr-Universität Bochum, erklärt. Für alle anderen, die noch mehrere Jahre arbeiten, ist dieser Wert also erst einmal nicht relevant. Auch legt die Regierung diesen Wert nicht einfach fest, wie auf Instagram behauptet wird.
Die vorläufigen Werte orientieren sich an der Lohnentwicklung des vergangenen Jahres und werden durch die sogenannte Sozialversicherungsrechengrößen-Verordnung festgelegt. Endgültig stehen sie erst zwei Jahre später fest, wie das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) uns auf Anfrage schreibt: „Das vorläufige Durchschnittsentgelt 2024 (festgelegt im Herbst 2023) wird mit der Sozialversicherungsrechengrößen-Verordnung 2026 mit Wirkung ab 1. Januar 2026 durch den endgültigen Wert ersetzt.“ Anders als auf Instagram behauptet, werde der endgültige Wert für das gesamte Jahr 2025 nicht bei 45.453 Euro liegen, sondern bei 47.040 Euro, so das BMAS. Das ist der Wert, der für all diejenigen relevant ist, die noch länger arbeiten und erst nach 2025 in Rente gehen.
Rentenkürzungen sind aktuell gesetzlich ausgeschlossen
Der Wert der Rentenpunkte wird hingegen durch die Rentenwertbestimmungs-Verordnung festgelegt, so Martin Werdig. Das passiert immer zum 1. Juli des jeweiligen Jahres und nicht „gleichzeitig“, wie es auf Instagram heißt. In der aktuellen Rentenwertbestimmungs-Verordnung wurde der Rentenwert im Juli 2025 von 39,32 Euro auf 40,79 Euro erhöht. Damit ist der Rentenwert um 3,74 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen, eine Rentenkürzung hat es also nicht gegeben. Die ist gesetzlich sogar ausgeschlossen.
Denn aktuell gibt es eine sogenannte Haltelinie, die das Rentenniveau bei 48 Prozent bis 2031 stabilisieren soll. Auch dieser Begriff führt leicht in die Irre. Denn die Haltelinie garantiert nicht, dass alle Rentnerinnen und Rentner am Ende 48 Prozent ihres Gehalts erhalten. Sie besagt, dass die sogenannte Standardrente – also die Rente, die Versicherte abzüglich der Sozialbeiträge bekommen würden, wenn sie 45 Jahre lang das durchschnittliche Bruttogehalt in Deutschland verdient hätten – 48 Prozent dieses Durchschnittsverdienstes beträgt.
Redigatur: Paulina Thom, Sarah Thust
Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:
- Rentenwertbestimmungs-Verordnung, Juni 2025: Link (archiviert)
- Sozialversicherungsrechengrößen-Verordnung 2026: Link (archiviert)