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in der Debatte um das „Stadtbild“ sorgte sich Friedrich Merz bekanntermaßen auch um die Sicherheit unserer Töchter. Bei einigen erntete der Bundeskanzler damit Zustimmung. Bei anderen stieß er auf Unverständnis oder gar Entsetzen – und etliche Frauen fühlten sich instrumentalisiert.

Rund einen Monat später, am vergangenen Freitag, sprachen in Berlin Familienministerin Karin Prien und Innenminister Alexander Dobrindt ebenfalls über die Sicherheit von Frauen. Anders als der Regierungschef stützten sie sich aber nicht auf Emotionen, sondern auf Fakten. Denn das Bundeskriminalamt (BKA) präsentierte ein Lagebild zur Entwicklung geschlechtsspezifischer Gewalt. Die Gewalt gegen Frauen erreichte demnach 2024 ein neues Allzeithoch. Und: Am gefährdetsten sind Frauen laut Statistik nicht im „Stadtbild“, also im öffentlichen Raum – sondern in ihren eigenen vier Wänden.

Thema des Tages: Gewalt gegen Frauen: neuer Höchststand

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Die verantwortlichen Politiker mühten sich bei der Präsentation dieser Zahlen am vergangenen Freitag, nicht nur Betroffenheit zu zeigen, sondern auch Entschlossenheit. „Der Schutz von Frauen hat für uns höchste Priorität“, sagte Innenminister Dobrindt. Familienministerin Prien bezeichnete Gewalt gegen Frauen als „ein alltägliches Verbrechen, das wir nicht hinnehmen dürfen“.

BKA-Präsident Holger Münch wies darauf hin, dass die Statistik nur Straftaten abbilde, die der Polizei bekannt werden. Er sagt:

„Gerade bei häuslicher Gewalt, die oft hinter verschlossenen Türen geschieht, gibt es ein hohes Dunkelfeld.“

Holger Münch
BKA-Präsident

Das BKA hat daher eine Opferbefragung durchgeführt. Die Studie soll bald veröffentlicht werden. Erste Ergebnisse zeigen laut Münch, „dass nur ein Bruchteil der tatsächlich erlebten Gewalt zur Anzeige gebracht wird“.

Unternimmt die Politik genug gegen Gewalt gegen Frauen?
Expertinnen bescheinigen der Politik, viel auf den Weg gebracht zu haben. Die über Jahre ignorierte Forderung, Vergewaltigung in der Ehe unter Strafe zu stellen, setzte der Gesetzgeber im Jahr 1997 um. Das 2001 in Kraft getretene Gewaltschutzgesetz schreibt fest, dass nach Übergriffen nicht die misshandelten Frauen, sondern die (fast immer männlichen) Täter die gemeinsame Wohnung verlassen müssen.

Als Meilenstein werteten Organisationen zum Schutz von Frauen das Anfang dieses Jahres verabschiedete Gewalthilfegesetz. Frauen müssen demnach nicht mehr darauf hoffen, dass Beratungsstellen Zeit für sie haben und Frauenhäuser zufällig über einen freien Platz verfügen. Sie haben laut Gesetz einen Rechtsanspruch darauf. Der Bund zahlt für den Aufbau der Strukturen 2,6 Milliarden Euro. Der Haken: Der Rechtsanspruch gilt erst ab 2032. 

Was fordern Expertinnen?
Die Berichterstattungsstelle Geschlechtsspezifische Gewalt des Deutschen Instituts für Menschenrechte fordert daher mehr Tempo. Laut Daten der Organisation aus dem Jahr 2022 konnten Schutzeinrichtungen tausende Frauen nicht aufnehmen – aus Platzmangel. Wie ernst die Lage in Frauenhäusern ist, hatte CORRECTIV bereits vor rund eineinhalb Jahren berichtet.

Bedienstete von Polizei und Justiz würden misshandelte und verprügelte Frauen zudem oft unangemessen behandeln. Besonders betroffen davon sind in Strafverfahren Menschen mit einer kognitiven Beeinträchtigung, wie wir am Beispiel der Schweiz in dieser heute veröffentlichten Recherche zeigen. Expertinnen fordern daher verpflichtende Fortbildungen. Die Leiterin der Berichterstattungstelle, Müşerref Tanrıverdi, sagt: „Wir brauchen einen Kurswechsel Richtung Prävention.“

Wichtig sei auch ein Mentalitätswandel. Wenn ein verlassener Ehemann seine (Ex-)Frau ermordet, weil er ihr das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben abspricht, sei das kein „Familiendrama“ – sondern ein Femizid. Das Problem: Derzeit herrscht kein Konsens darüber, was mit dem Begriff gemeint ist, zumindest nicht auf Behördenebene. Das BKA arbeitet daher nun an einer einheitlichen Definition. 

Die SPD will Femizid im Strafgesetzbuch festschreiben
Die SPD will „Femizid“ sogar als eigenständiges Mordmerkmal im Strafgesetzbuch verankern. Die SPD-Rechtspolitikerin Carmen Wegge sagte CORRECTIV: „Wir müssen Femizide als das anerkennen, was sie sind: Morde an Frauen, nur weil sie Frauen sind.“

Expertinnen außerhalb der Politik sind dagegen zurückhaltend. „Ohne ein Verständnis für geschlechtsbezogene Gewalt wird auch ein Straftatbestand Femizid nichts bringen“, sagt etwa Dilken Celebi, Vorsitzende der Strafrechtskommission beim Deutschen Juristinnenbund. 

Hier geht es zu den heute erschienenen Recherchen:

Kritik aus Politik und Wirtschaft: Annäherung des Verbandes der Familienunternehmer an die AfD
Die Ankündigung des Verbands der Familienunternehmer, künftig auch mit der AfD zu sprechen, stößt auf Kritik in Politik und Wirtschaft. Der Industrieverband BDI distanzierte sich vom Vorgehen des Verbands. Die Deutsche Bank schloss ihn für eine geplante Veranstaltung von seinen Räumlichkeiten aus. Auch der Wirtschaftsflügel der Union geht auf Distanz.
tagesschau.de

Lokal: Städtischer Mitarbeiter in Kempten soll eine Million Euro aus Parkautomaten gestohlen haben 
Ein städtischer Mitarbeiter im bayerischen Kempten wird des Diebstahls in mehr als 700 Fällen verdächtigt. Er soll Münzen im Wert von einer Million Euro aus einem städtischen Parkautomaten entwendet haben. Durch einen Geldwäscheverdacht bei seiner Bank flog der Mann schließlich auf. Er und seine Frau sitzen nun in Haft. 
allgaeuer-zeitung.de

Recherche: AfD-Mitarbeiter mit rechtsextremen Aktivisten zu Besuch bei den Taliban 
Eine Recherche des MDR Investigativ zeigt, wie ein Mitarbeiter der Thüringer AfD-Landtagsfraktion mit rechtsextremen Aktivisten nach Afghanistan reiste. Mit dabei war auch ein Teilnehmer des Potsdamer Geheimtreffens. Zusammen wollten sie in Afghanistan eine Art „alternative Außenpolitik“ vorantreiben, in dem sie Kontakt zu den Taliban suchen. 
mdr.de

So geht’s auch
Buch statt Smartphone: In Warschau bietet eine Bibliothek in der U-Bahn-Station diese Möglichkeit zum „Digital Detox“. Fast direkt am Gleis kann man sich etwa Bücher für die Fahrt ausleihen.
dw.com

Fundstück
Filmpreis für deutsche Produktion: Eine deutsche Jugendserie über die DDR gewinnt einen internationalen Emmy. Die Serie „Auf Fritzis Spuren – Wie war das so in der DDR?“ holte den Preis als beste Auslandsproduktion für Kinder. Sie thematisiert Fragen, wie Kinder und Jugendliche in der DDR gelebt haben, welche Musik sie gehört oder welche Klamotten getragen haben – und was die Stasi war.
zeit.de


Alle paar Wochen schlief ich bei anderen Freunden auf dem Sofa. Einer meiner besten Freunde half mir dann, mich beim Sozialamt anzumelden. Die Bürokratie überforderte mich in diesem Zustand völlig. Nach einem selbst gewählten Time-out auf einem Permakultur-Hof, wo ich für Kost und Logis arbeitete – und mit der finanziellen Hilfe des Sozialamtes – fand ich ein bezahlbares WG-Zimmer. Die Zeit danach war trotzdem hart: Ein Leben am Existenzminimum ist sehr schwierig. Durch Therapie, Medikamente und ein unterstützendes Umfeld konnte ich die Depression überwinden. So fand ich zu meinem Beruf als Journalist und konnte wieder auf eigenen Beinen stehen.

An der heutigen Ausgabe haben mitgewirkt: Maximilian Billhardt, Till Eckert, Sebastian Haupt, Ulrich Kraetzer und Jule Scharun.