Irreführender Artikel über Bleibeperspektive von geduldeten Asylbewerbern
Am 2. Oktober 2018 beschloss das Bundeskabinett ein Eckpunktepapier zur Fachkräftezuwanderung. Laut der Webseite Unzensiert sehe der Beschluss vor, dass abgelehnte Asylbewerber nun „für immer in Deutschland bleiben” können. Das ist aus dem Kontext gerissen.
Am 2. Oktober 2018 einigte sich das Bundeskabinett in einem Eckpunktepapier auf Regelungen zur Zuwanderung von Fachkräften aus Nicht-EU-Staaten.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil äußerte sich in Berlin zu den Eckpunkten: „Fachkräftesicherung ist die zentrale Herausforderung, um Wohlstand und Sicherheit langfristig zu erhalten. Neben dem inländischen Fachkräftepotential müssen wir jetzt auch praktische Möglichkeiten schaffen, Menschen aus Drittstaaten anzuwerben.” Die Eckpunkte sollen der erste Schritt zu einem modernen Einwanderungsgesetz sein.
Die Webseite Unzensiert behauptet nun: „Abgelehnte Asylbewerber dürfen für immer in Deutschland bleiben.” Der Grund, so Unzensiert: Geduldete Asylbewerber würden in Zukunft leichter in die Erwerbsmigration wechseln können – auch genannt „Spurwechsel”. Das gehe aus dem Eckpunktepapier hervor.
Das ist so allgemein betrachtet nicht richtig, wie ein Blick in das Eckpunktepapier verrät. CORRECTIV.Faktencheck hat außerdem mit den Koalitionsparteien, sowie dem für den zukünftigen Gesetzesentwurf zuständigen Bundesministerium des Innern (BMI), über die Vorwürfe gesprochen.
An Trennung von Asyl und Erwerbsmigration festhalten
Das Eckpunktepapier behandelt in einem kurzen Abschnitt auch die Fachkräftesicherung mithilfe von Personen mit Fluchthintergrund. Die Koalitionsparteien einigten sich demnach auf die Weiterführung des Grundsatzes der „Trennung von Asyl und Erwerbsmigration”.
„Es sind zwei völlig unterschiedliche Arten der Zuwanderung, die eine aus humanitären Gründen und die andere aus Gründen des volkswirtschaftlichen Nutzens”, teilte eine Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion CORRECTIV.Faktencheck mit. Beides zu vermischen würde falsche Anreize setzen.
Verlässlicher Bleibestatus für Erwerbstätige
Einen verlässlichen Bleibestatus sollen Geduldete künftig dann erhalten, wenn sie „durch Erwerbstätigkeit ihren Lebensunterhalt sichern und gut integriert sind”. Das teilte die SPD-Fraktion in einer Pressemitteilung mit. Auch aus dem Eckpunktepapier geht dies hervor. Als Geduldete werden abgelehnte Asylbewerber bezeichnet, deren Abschiebung aus tatsächlichen, rechtlichen, humanitären oder persönlichen Gründen nicht durchgeführt werden kann – beispielsweise aufgrund fehlender Einreisemöglichkeiten in das Heimatland.
Das Bundesinnenministerium (BMI) und das Bundesarbeitsministerium (BMAS) erarbeiten anhand der Eckpunkte derzeit einen Gesetzentwurf zur Fachkräftezuwanderung. Was ein „verlässlicher Bleibestatus” im Einzelnen bedeuten wird, und unter welchen spezifischen Bedingungen Geduldete künftig in Deutschland bleiben können, wird sich mit der Ausarbeitung klären.
Chance auf Bleiberecht für Geduldete ist keine Neuheit
Dass auch abgelehnte Asylbewerber die Chance auf ein nachhaltiges Bleiberecht haben, ist übrigens nicht neu. Darauf wies eine Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion hin.
So gilt für Asylbewerber, die einen Ausbildungsplatz bekommen, die sogenannte “3+2-Regelung”. Auszubildende erhalten für die dreijährige Ausbildung ein Bleiberecht. Nach dem erfolgreichen Abschluss der Ausbildung können sie weitere zwei Jahre Bleiberecht für die Ausführung ihres Berufes erhalten. Dies gilt auch bei Ablehnung ihres Asylgesuchs. Bei guter Führung ist eine weitere Aufenthaltsgenehmigung möglich.
Außerdem gibt es Wege für Geduldete mit qualifizierter Berufsausbildung oder einem abgeschlossenen Hochschulstudium, eine Bleiberecht zu erlangen. Gleiches für abgelehnte, aber geduldete Jugendliche oder Heranwachsende, die vier Jahre erfolgreich eine Schule besucht und eine günstige Integrationsprognose haben. Auch Geduldete, die seit acht Jahren in Deutschland leben, über gute Grundkenntnisse der deutschen Sprache verfügen und ihren Lebensunterhalt überwiegend durch Erwerbstätigkeit selbst sichern, haben unter Umständen die Möglichkeit, längerfristig in Deutschland zu bleiben.