Migration

Titel: Nein, einem alten Bauern geht es nicht schlechter als einem Flüchtling

Ein Schwader auf einem Feld.
Foto aixklusiv / pixabay
Bewertung
Der Vergleich zwischen Bauer und Flüchtling ist sowohl in Öst erreich als auch in Deutschland falsch. Dem anerkannten Flüchtling, der Transferleistungen in Deutschland oder Österreich bezieht, geht es nicht besser, als einem Landwirt, der arbeitet oder sich im Ruhestand befindet.

Ein Facebook Nutzer postet einen Vergleich zwischen der „Pension“ eines Bauern in Höhe von 620 Euro mit der „Mindestsicherung“ eines Flüchtlings in Höhe von 837,60 Euro. Der Post ist ein Foto innerhalb einer Collage, die aus drei Teilen besteht. Eine Einleitung, die den „deutschen Normalbürger“ zum Opfer des Rechts erklärt. Danach folgt der Vergleich „Bauer“ und „Asylant“. Zum Schluss kommt ein Foto von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Jean-Claude Juncker, Präsident der EU-Kommission.

Screenshot vom Facebookpost, Screenshot von CORRECTIV

Der Post wurde am 12. Dezember 2017 gepostet, hatte am 18.12.2018 4426 Reaktionen, 754 Kommentare und wurde über 194.840 Mal geteilt.

Dieser Faktencheck beschäftigt sich mit dem mittleren Teil der Collage, dem vermeintlichen Fakt.

Zur Ausgangslage: Der Vergleich gibt keine Auskunft darüber, ob er sich auf Österreich oder Deutschland bezieht. Auch sonst gibt es keine Quellenangabe, woher die Zahlen stammen. Die Begriffe „Mindestsicherung“ und „Pension“ deuten auf Österreich hin.

Die Einleitung richtet sich an den deutschen Bürger, zumal auf der Collage auch die deutsche Bundeskanzlerin zu sehen ist. Die Person, die die Bilder gepostet hat, kommt den Angaben von Facebook zufolge aus Bayern – ein weiterer Hinweis, dass sich der Vergleich auf Deutschland beziehen soll.

Daher prüft der Faktencheck die Aussage für Österreich und Deutschland. Für beide Länder ist die Aussage falsch.

In Österreich gibt es eine Mindestsicherung für Bedürftige, die nicht in der Lage sind, selbstständig für ihren Lebensunterhalt aufzukommen. Mit der Mindestsicherung in Österreich beschäftigte sich bereits dieser Faktencheck. Die Mindestsicherung liegt in Wien bei 863,04 Euro im Monat.

Der Vergleich ist gleich am Anfang falsch. Ein „Asylant“ bekommt nicht Mindestsicherung, weil er „Asylant“ ist. Er bekommt sie, wenn er als Flüchtling anerkannt ist und keine Arbeit findet, also nicht für sich selbst sorgen kann. Der Empfänger der Mindestsicherung muss bedürftig sein und sich um Arbeit bemühen.

Den Bauern, der 40 Jahre arbeitet und dann nur eine Pension von 620 Euro bekommt, gibt es in Österreich nicht. Ein österreichischer Bauer mit über 30 Beitragsjahren bekommt 1000 Euro. So steht es in der Broschüre der Sozialversicherungsanstalt für Bauern in Österreich.

Screenshot Internet /Screenshot von CORRECTIV

Damit ist die Aussage für Österreich falsch. Für Deutschland passt sie ebenfalls nicht.

Es gibt in Deutschland für anerkannte Flüchtlinge, die keine Arbeit haben, Hartz IV. Auch dazu gibt es bereits einen Faktencheck. Der anerkannte Flüchtling ohne Arbeit bekommt ab Januar 2019, wie jeder andere Bedürftige in Deutschland auch, 424 Euro plus der Miete für eine angemessene Wohnung.

In Deutschland wie in Österreich sind die Bedingungen gleich; die staatliche Unterstützung bekommt ein Mensch nicht, weil er Flüchtling ist, sondern weil er bedürftig ist. Und dass anerkannte Flüchtlinge aus dieser Situation herauskommen, zeigt die Statistik der Arbeitsagentur aus Deutschland.

Screenshot Interent /Screenshot von CORRECTIV

In Deutschland bekommen Landwirte eine Rente, keine Pension. Die Rente liegt nach voller Beitragszeit bei 725,60 Euro im Monat. Die Rentenzahlung übernimmt die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau.

Screenshot Internet/ Screenshot von CORRECTIV

Aber diese Rente ist, wie übrigens in Österreich auch, nur ein Teil der Alterssicherung für Landwirte. Rentenleistungen für Landwirte wurden in Deutschland erst 1957 eingeführt, vorher regelte die Alterssicherung für Bauern ausschließlich die Hofübergabe und das Altenteil. Die Rente ist also ein zusätzlicher Teil der Altersversorgung für Landwirte.

Der Sprecher des Deutschen Bauernverbandes bewertet den Vergleich auf Anfrage von CORRECTIV daher für Landwirte in Deutschland als Falschmeldung.

Screenshot vom Bauernverband /Screenshot von CORRECTIV

Der Facebook-Post suggeriert zudem, Flüchtlinge würden Unterstützung erhalten und die Landwirte nicht. Das ist sowohl in Deutschland und in Österreich falsch.

In die deutsche Landwirtschaft fließen 2018 EU-Subventionen in Höhe von 6,2 Milliarden Euro.

Screenshot Internet/ Screenshot von CORRECTIV+

Nach dem diesjährigen Grünen Bericht des Ministeriums für Landwirtschaft in Österreich erhielt die österreichische Landwirtschaft über 1,9 Milliarden Euro.

Screenshot Interent /Screenshot von CORRECTIV
Screenshot Internet/Screenshot von CORRECTIV

Viel von diesem Geld geht direkt an die Bauern. Sie bekommen eine Flächenprämie in Höhe von 292 Euro pro Hektar. 9200 Junglandwirte in Österreich erhalten zusätzliche Zahlungen.

Screenshot Internet /Screenshot von CORRECTIV

Durch die Flächenprämie kommen die EU-Subventionen direkt bei den Bauern in Österreich und Deutschland an. Die Agrarsubventionen aus Brüssel machen einen Großteil des EU-Haushalts aus. Ein Bauer erhält zudem eine ständige Unterstützung, ein anerkannter Flüchtling nur solange, bis er Arbeit findet.