Warum die EU Vorschriften für Lebensmittelimporte aus Fukushima gelockert hat
In einem Facebook-Post der Seite „Netzfrauen“ wird behauptet, dass die EU-Kommission die Importbeschränkungen für Lebensmittel aus Fukushima gelockert hat. In dem Text steht auch, dass nach einer Verordnung der Europäischen Gemeinschaft Bananen mindestens 14 cm lang und 27 mm dick sein müssen. Beides ist richtig, hat aber nichts miteinander zu tun.
Das EU-Freihandelsabkommen mit Japan (JEFTA) ist am 1. Februar 2019 in Kraft getreten und wird derzeit kontrovers in der Öffentlichkeit diskutiert. Einen Artikel über das Abkommen, der am 8. November 2018 auf dem Blog netzfrauen.org veröffentlicht wurde, teilen seit Wochen reihenweise Nutzer sozialer Netzwerke. Zuletzt wurde der Beitrag zum Beispiel in der Facebook-Gruppe „Für ein freies und demokratisches Deutschland“ geteilt.
Am 1. Februar teilte die Facebook-Seite „Netzfrauen“ den Artikel mit folgendem Text: „Bananen in der EU: Die Länge muss mindestens 14 cm und die Dicke mindestens 27 mm betragen. …aber Lockerung der Vorschriften für Lebensmittelimporte aus Fukushima!“ CORRECTIV hat die Behauptungen im Post überprüft.
1. Behauptung: EU-Vorschrift für Bananen – 14 cm lang und 27 mm dick
Ja, die EU legt fest, wie eine Banane auszusehen hat. Seit 1993 gibt es die Bananenmarktordnung der EU. In der Verordnung (EG) Nr. 2257/94 zur Festsetzung von Qualitätsnormen für Bananen kann man nachlesen: „Die Länge muss mindestens 14 cm und die Dicke mindestens 27 mm betragen“. Es gibt aber auch Ausnahmen. „Schwierige Produktionsbedingungen in den Gemeinschaftsregionen Madeira, Azoren, Algarve, Kreta und Lakonien können aufgrund klimatischer Einflüsse dazu führen, daß die Bananen dort nicht die vorgeschriebene Mindestlänge erreichen. Solche Erzeugnisse können vermarktet werden, sind jedoch in die Güteklasse II einzustufen“, steht in der Verordnung.
2. Behauptung: Vorschriften für Lebensmittelimporte aus Fukushima gelockert
In dem Facebook-Post und im Text des Blogs netzfrauen.org wird auch behauptet, dass „die Vorschriften für Lebensmittelimporte aus Fukushima gelockert wurden“. Das ist richtig. Der Kontext wird jedoch nicht erklärt.
Am 11. März 2011 kam es in Fukushima zu einem Reaktorunglück. Kurz darauf reagierten 54 Länder mit einem Einfuhrverbot für Lebensmittel aus Japan. 29 Länder haben die Verbote mittlerweile wieder aufgehoben, zuletzt Brasilien. Acht Länder verbieten auch die Einfuhr von Agrarprodukten aus bestimmten Präfekturen. 16 Länder verlangen besondere Zertifikate, um die Ungefährlichkeit der Strahlenbelastung nachzuweisen. Die Europäische Union hatte im Dezember 2017 die Einfuhrkontrollen gelockert und verlangt für bestimmte Produkte, darunter Reis aus der Präfektur Fukushima, nicht mehr die Vorlage von Testzertifikaten.
„Wollen Sie wirklich ‘strahlende’ Lebensmittel auf dem Teller haben?“, diese Frage stellt Doro Schreier, die Autorin des netzfrauen.org-Artikels ihren Lesern. Was sie dabei verschweigt: Kontrollen verschiedener Lebensmittel durch japanische Behörden haben ergeben, dass landwirtschaftliche Lebensmittel sieben Jahre nach der Katastrophe von Fukushima nur gering radioaktiv belastet sind.
In einer Meldung des Bundesamtes für Strahlenschutz heißt es, dass die japanischen Behörden pro Jahr bis zu 11 Millionen Reissäcke untersucht haben. In den letzten zwei Jahren sei dabei kein einziger Sack entdeckt worden, der oberhalb der geltenden Grenze für Höchstwerte lag.
Auch bei anderen untersuchten Lebensmitteln habe entweder keine oder nur eine sehr geringe Anzahl von Proben oberhalb der Höchstwerte gelegen. Die einzige Ausnahme: Wildfleisch. Im Jahr 2016 kontrollierten die japanischen Behörden der Meldung zufolge insgesamt 31.845 Lebensmittel auf mögliche Kontamination. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass davon „290 Proben über den japanischen Höchstwerten für Lebensmittel lagen“. Der größte Teil (280) der beanstandeten Proben stamme aus Fleisch von wildlebenden Tieren.