Wie diese Satellitenbilder der Waldbrände in Südamerika entstanden sind
Zur Veranschaulichung der aktuellen Waldbrände im Amazonasgebiet werden Satellitenbilder der NASA herangezogen. Deren Echtheit wird in den Sozialen Netzwerken teilweise infrage gestellt – sie sind aber korrekt. Wir erklären, warum.
Momentan kursieren viele Meldungen über Waldbrände im Amazonasgebiet. So berichtet unter anderem das ZDF über das Thema und nutzt in einem Beitrag auf Facebook ein Satellitenbild, das die Brände zeigen soll. Auch andere Facebook-Nutzer verbreiten Beiträge zu den Waldbränden, in denen Satellitenbilder zu sehen sind.
Die Satellitenbilder werden jedoch meist nicht weiter erklärt und daher oft von Facebook-Nutzern falsch interpretiert oder als unglaubwürdig bezeichnet. So fragt ein Facebook-Nutzer: „Und wir sollen nun glauben, dass die orangen Flecken die Feuerglut ist?“ [sic] Ein anderer erklärt die Technik falsch: „Ist eine Wärmebildkamera und zeigt rot alles, was warm ist… klar auch Brände, aber eben nicht nur. Vollkommen irreführend das Bild (…).“ [sic]
Woher stammen die Satellitenbilder?
Die Bilder zeigen tatsächlich die aktuellen Waldbrände in Südamerika. Sie sind Screenshots aus dem Online-Tool des „Fire Information for Resource Management System“, kurz FIRMS, der NASA. Dabei sind jedoch keine Fotos im herkömmlichen Sinne zu sehen, sondern eine Kombination verschiedener Satellitenbilder und Daten, die zur Visualisierung von Bränden erhoben wurden.
Was ist auf den Satellitenbildern zu sehen?
Die Grundlage für das Bild ist ein Zusammenschnitt verschiedener Satellitenbilder, die nicht alle zum gleichen Zeitpunkt aufgenommen wurden. Diese Bildgrundlage trägt den Namen „Blue Marble“ und wurde im Verlauf des Jahres 2004 von der NASA zusammengestellt. Dass im FIRMS-Tool der NASA als Bildgrundlage „Blue Marble“ verwendet wird, kann man unter dem Reiter „Base Layers“ am unteren Rand der interaktiven Karte sehen.
Das Zusammenfügen einzelner Bilder zu einem großen Bild ist zum einen notwendig, da die Sensoren der Satelliten schlicht nicht groß genug sind, um einen gesamten Kontinent, geschweige denn die ganze Erde auf einmal abbilden zu können. Wie die NASA an dieser Stelle erklärt, hat der zur Erzeugung von „Blue Marble“ verwendete Sensor „eine Sichtfeldbreite von 2.330 km und nimmt alle ein bis zwei Tage die gesamte Erdoberfläche auf“.
Zum anderen wurden, wie die NASA hier erläutert, zur besseren Übersicht, nur Ausschnitte verwendet, auf denen über den entsprechenden Gebieten keine Wolken vorhanden sind. Dies ist natürlich nicht über jedem Ort des Kontinents zum gleichen Zeitpunkt der Fall.
Wenn man im FIRMS-Tool der NASA die Reiter auf der rechten Seite aktiviert (VIIRS 375m/Modis Aqua/Modis Terra) wird eine weitere Bildebene gezeigt, die die Brände visualisiert:
Welche Technik im speziellen zur Erkennung von Bränden durch die NASA genutzt wird und welche Satelliten diese Technik an Bord haben, wird auf dieser Seite erläutert. Wie sie Feuer erkennt, erklärt die NASA an dieser Stelle:
Die roten Flächen, die auf den Bildern zu sehen sind, zeigen jedoch nicht, wie einige Facebook-Nutzer irrtümlicherweise annehmen, die Brände im Original, so wie sie das menschliche Auge aus der Perspektive des Satelliten wahrnehmen würde. Das liegt daran, dass Feuer am besten durch Infrarot-Sensoren erkennbar sind.
Der Wellenlängenbereich von Infrarotwellen, die von den Sensoren der Satelliten aufgenommen werden, sind für das menschliche Auge allerdings nicht sichtbar. Daher müssen die Daten der Satelliten grafisch aufbereitet werden, um die Brände sichtbar zu machen.
In dem Online-Tool der NASA kann die Farbe der Darstellung beliebig gewählt werden. So kann man beispielsweise die Feuer pink erscheinen lassen.
Um die Satellitenbilder nachvollziehen zu können, muss man außerdem die Auflösung der verwendeten Sensoren beachten. Für das FIRMS-Tool werden Daten von Sensoren verwendet, deren Pixel „circa 1.000 Meter lang und breit, (im präzisesten Fall) circa 375 Meter lang und breit sind“ (eigene Übersetzung).
Nimmt der Sensor innerhalb dieses Pixels eine entsprechend hohe Infrarotstrahlung auf, wird dieser durch die Analyseprogramme der NASA eingefärbt. Das heißt aber nicht, dass die gesamte aufgenommene Fläche in Flammen steht, sondern dass es innerhalb dieses Pixels einen nennenswerten Brand gibt. Die NASA schreibt in ihrer Erklärung: „Wir können nicht die genaue Größe des Feuers bestimmen, wissen aber, dass sich in dem markierten Pixel mindestens ein Feuer befindet“ (eigene Übersetzung).
So kommt es, dass beispielsweise auch in oder um urbane Gebiete Feuer dargestellt werden. Die Größe der Feuer, die von der NASA erkannt werden können, variiert mit den Beobachtungsbedingungen. Feuer von einer Größe ab 1.000 Quadratmeter werde allerdings in der Regel erkannt, wie die NASA hier erklärt.
Will man den gesamten lateinamerikanischen Kontinent abbilden, sind mehr aufgenommen Pixel vorhanden, als ein Computerbildschirm darstellen kann. So erscheint eine wesentlich größere Fläche betroffen, als es tatsächlich der Fall ist. Zoomt man näher heran, wird dies deutlich.
Ein weiteres von der NASA veröffentlichtes Satellitenbild zeigt einen kleinen Ausschnitt des südamerikanischen Kontinents. In diesem Bild sind Wolken zu sehen und auch nebelartige Schwaden, die laut NASA den Rauch darstellen, der durch die Feuer im Amazonas und den angrenzenden Gebieten entstehen. Auffällig an dem Satellitenbild ist ein sich von oben nach unten leicht schräg durch das Bild ziehender Strich. Wolken wirken darin teilweise abgeschnitten. Dies liegt daran, dass Satellitenbilder, wie bereits erwähnt, meist Zusammenschnitte verschiedener Aufnahmen, also verschiedener, zeitnaher Überflüge des Satelliten sind.
Warum unterscheiden sich die Satellitenbilder?
Wie intensiv die Brände dargestellt werden, hängt davon ab, welche Zeitspanne man sich vom NASA-Tool anzeigen lässt.
Der Screenshot, den das ZDF verwendet, zeigt wesentlich weniger Brände als der im zweiten genannten Facebook-Beitrag verwendete Screenshot. Dies liegt wahrscheinlich daran, dass eine geringere Zeitspanne ausgewählt wurde. Der Facebook-Beitrag des ZDF wurde am Nachmittag des 23. August erstellt. Gibt man in der Suchmaske des Online-Tools der NASA an, nur die Feuer sehen zu wollen, die am 22. August existierten, sieht man ein sehr vergleichbares Muster zu dem Screenshot des ZDF. Daher ist davon auszugehen, dass bei diesem nur ein Zeitraum von 24 Stunden abgebildet wurde.
Der direkte Vergleich:
Im Screenshot des zweiten genannten Facebook-Beitrags sind wesentlich mehr Brände zu sehen, als in dem des ZDFs. Wie unter dem Beitrag erklärt wird, wurde hier eine Zeitspanne von 72 Stunden, also drei Tagen ausgewählt. Dementsprechend werden alle Brände, die in diesen 72 Stunden existierten, dargestellt. Da von „den letzten 72 Stunden“ die Rede ist und der Facebook-Beitrag am Abend des 22. August verfasst wurde, ist davon auszugehen, dass bei der Darstellung im Online-Tool der NASA der Zeitraum 20. bis 22. August gewählt wurde. Vergleicht man den Screenshot aus dem Beitrag mit der Visualisierung des Online-Tools im entsprechenden Zeitraum, werden Feuer in gleicher Intensität und an den gleichen Orten angezeigt.
Der direkte Vergleich:
Gibt es momentan im Amazonasgebiet mehr Waldbrände als sonst?
Zu dieser Frage schreibt die NASA (eigene Übersetzung aus dem Englischen): „Wissenschaftler, die die NASA-Satelliten zur Verfolgung der Brand-Aktivitäten einsetzen, haben eine Zunahme und Intensität der Brände im brasilianischen Amazonasgebiet im Jahr 2019 bestätigt. Demnach ist es das Feuer-reichste Jahr in dieser Region seit 2010.“
Außerdem heißt es zu den Brandursachen (eigene Übersetzung): „Der August 2019 zeichnet sich durch einen spürbaren Anstieg der großen, intensiven und anhaltenden Brände entlang der Hauptstraßen des zentralbrasilianischen Amazonas aus (…). (…) Zeitpunkte und Orte der Branderkennungen zu Beginn der Trockenzeit 2019 stimmen eher mit dem Muster von Rodungen als mit dem regionaler Dürre überein.“