Ja, in Berlin werden Elektro-Roller zum Aufladen auch durch Fahrzeuge mit Dieselmotoren eingesammelt
In einem Facebook-Beitrag, der derzeit häufig geteilt wird, wird behauptet, dass in Berlin jeden Abend Elektro-Roller zum Aufladen durch Dieselfahrzeuge eingesammelt würden. Dass zum Transport der E-Scooter teilweise Fahrzeuge mit Dieselmotor eingesetzt werden, ist richtig.
In einem Facebook-Beitrag vom 23. August heißt es: „Berlin 1600 E-Scooter werden jeden Abend zum Aufladen mit 48 Kleinbustouren eingesammelt. Das ist ‘grüne’ Umweltpolitik’“. Der Beitrag wurde bisher mehr als 19.000 Mal geteilt.
Eine Recherche von CORRECTIV zeigt: Dass Elektro-Roller durch Fahrzeuge mit Dieselmotoren eingesammelt werden, ist richtig. Für die angegebenen Zahlen gibt es allerdings keine Belege.
Wie werden die Elektroroller eingesammelt?
In Berlin gibt es laut Hauptstadtportal momentan fünf verschiedene Anbieter der ausleihbaren Elektro-Scooter: Bird und Lime (zwei US-amerikanische Firmen), Voi (ein schwedisches Start-Up) Circ (ein Unternehmen aus Luxemburg) und Tier (ein Start-Up aus Berlin selbst).
Um zu erfahren, wie diese fünf Firmen ihre Elektro-Roller aufladen und transportieren, hat CORRECTIV per Mail Anfragen an die jeweilige Pressestelle der Unternehmen gesendet.
- Der Pressesprecher von Circ schreibt auf CORRECTIV-Anfrage, das Unternehmen nutze „18-20 Mercedes Sprinter Transporter (2019 Modelle).“
- Bei Voi wird der Transport von externen Partnerfirmen übernommen, wie der Pressesprecher des Konzerns mitteilt. Dabei seien „bezogen auf Berlin immer im Schnitt ca. 2-4 Vans unterwegs. Diese nutzen größtenteils Verbrennermotoren“.
- Die Kommunikationsagentur von Bird teilt ohne Angabe der Fahrzeug-Anzahl mit, dass „derzeit […] die Roller mit handelsüblichen Transportern [eingesammelt werden]“.
- Das Berliner Start-Up Tier verwendet „pro Nacht zwischen 26 und 30 Vans. Dies sind überwiegend Dieseltransporter.“
- Der Pressesprecher der Firma Lime gibt an, dass das Stammteam einen Elektro-Transporter nutze. Zusätzlich werden zum Laden der Elektro-Scooter ebenso externe Selbstständige beschäftigt. Diese „können für den Transport der E-Scooter ein Fahrzeug ihrer Wahl nutzen […]“. Wie viele Selbstständige das Team der Festangestellten ergänzen, sei von Tag zu Tag unterschiedlich.
Dass es Dieselfahrzeuge sind, wird nicht von allen Firmen explizit bestätigt. Allerdings werden von allen E-Scooter-Sharing-Diensten Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor genutzt.
Wie viele Dieselfahrzeuge jeden Abend verwendet werden, ist nicht eindeutig zu beziffern. Auch deshalb, weil die Nutzung der Sharing-Angebote von Tag zu Tag variiert.
Auch die Gesamtzahl der in Berlin von allen fünf Anbietern zur Verfügung gestellten Elektro-Scooter ist nicht genau zu ermitteln. Der Pressesprecher von Lime möchte die Anzahl der Roller aus Wettbewerbsgründen nicht nennen. Alle anderen Anbieter machten hierzu gegenüber CORRECTIV Angaben. Insgesamt stehen demnach in Berlin mindestens 7.200 Scooter zur Verfügung.
Die Grünen stecken nicht hinter der Zulassung der E-Roller
Die E-Scooter dürfen seit Inkrafttreten der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung vom 15. Juni 2019 und der allgemeinen Betriebserlaubnis für die einzelnen Elektro-Roller-Typen im Straßenverkehr genutzt werden. Durch diese beiden Rahmenbedingungen wurde es den Sharing-Diensten von Elektro-Rollern ermöglicht, auch in deutschen Städten ihre Produkte anzubieten.
Sowohl für die Verordnung als auch für die Betriebserlaubnis ist das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur zuständig. Dieses Ministerium wird vom CSU-Politiker Andreas Scheuer geleitet. Der Minister hatte sich laut Medienberichten vehement für die schnelle Zulassung der Scooter eingesetzt – als Alternative zum Auto oder Motorroller, um die Verkehrswende voranzubringen, wie es von Seiten des Ministeriums heißt.
Wie viele Menschen in Berlin aufgrund der angebotenen Elektroroller auf eine Fahrt mit dem Auto verzichten, ist unklar. Eine Mobilitätsstudie der französischen Agentur 6T für Paris zeigt allerdings, dass zumindest in der französischen Hauptstadt die erhofften Effekte ausgeblieben sind. Demnach sind die Sharing-Angebote hauptsächlich für Touristen attraktiv.
Auch die Grünen haben die Zulassung von Elektrokleinstfahrzeugen generell befürwortet. Matthias Gastel, Bundestagsabgeordneter der Grünen, setzte sich zum Beispiel in einem Gastbeitrag für Spiegel Online für die Roller ein.
Subventionen von staatlichen Stellen beziehe aber keiner der Anbieter, berichten alle Pressesprecher der Sharing-Dienste übereinstimmend. Die Pressesprecherin des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur gibt auf schriftliche Anfrage von CORRECTIV ebenfalls an, dass die Verleiher nicht durch Mittel des Bundes gefördert werden.
Auch der Sprecher der Berliner Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz schreibt in einer Mail, dass die Betreiber der Elektro-Scooter „nicht öffentlich gefördert werden“. Außerdem unterliegen die Sharing-Dienste nach seinen Angaben keiner weiteren Genehmigungspflicht. „Die Verleiher können im Rahmen des Gemeingebrauchs öffentliche Straßen nutzen“. Weiter stellt der Sprecher klar: „Es handelt sich um ein Angebot des freien Marktes.“