Faktencheck

Paris: Ja, am 14. Juli haben Menschen gegen Corona-Maßnahmen demonstriert und es gab Zusammenstöße mit der Polizei

Auf Facebook werden Fotos von Protesten am 14. Juli in Frankreich verbreitet. Die Demonstrationen richteten sich gegen strengere Corona-Regeln und eine geplante Impfpflicht für Menschen in Gesundheitsberufen. Unter zahlreichen authentischen Aufnahmen ist jedoch auch ein Foto in falschem Kontext – es stammt von 2018. 

von Alice Echtermann

Demonstration in Paris
Am 14. Juli gingen in Paris laut Medienberichten rund 2.250 Menschen auf die Straße (Foto: Picture Alliance / AA / Alaattin Dogru)
Behauptung
Fotos zeigten Demonstrationen in Paris am 14. Juli 2021.
Bewertung
Größtenteils richtig
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Größtenteils richtig. Die meisten Aufnahmen sind authentisch, doch ein Foto stammt von 2018.  

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat am Montag, dem 12. Juli, eine Impfpflicht gegen Covid-19 für Menschen angekündigt, die im Gesundheitsbereich und der Pflege arbeiten. Gleichzeitig treten in Frankreich bald strengere Regeln für Nicht-Geimpfte in Kraft. Zum Beispiel sagte Macron laut Guardian, für den Besuch im Kino oder Restaurant müsse ab dem 21. Juli ein Gesundheitspass vorgelegt werden, der nachweist, ob jemand geimpft, negativ getestet oder von Covid-19 genesen ist.

Am 14. Juli, dem französischen Nationalfeiertag, demonstrierten Menschen in Frankreich gegen dieses Vorhaben. Es kam zu Konflikten mit der Polizei und Ausschreitungen, unter anderem in Paris. Auf Facebook veröffentlichte anschließend eine Person Bilder mit dem Kommentar: „Paris brennt, die Menschen stehen auf.“ Der Beitrag wurde mehr als 700 Mal geteilt. 

Wir konnten fünf der acht Aufnahmen verifizieren. Vier sind authentisch und entstanden am 14. Juli in Paris. Dort demonstrierten laut Medienberichten rund 2.250 Personen. Das größte Bild in dem Facebook-Beitrag, das tausende Menschen auf der Straße Champs-Élysées zeigt, ist jedoch aus dem Jahr 2018 und zeigt die Gelbwesten-Proteste

Facebook-Beitrag über Paris
Der Facebook-Beitrag vom 14. Juli 2021 (Quelle: Facebook / Screenshot am 16. Juli 2021 und Schwärzung: CORRECTIV.Faktencheck)

Wir haben das oberste Foto per Bilder-Rückwärtssuche unter anderem auf dem Titel eines Buches über die Gelbwesten-Proteste in Frankreich gefunden. Außerdem taucht es jeweils in einem französischen und einem englischen Blog-Artikel von Dezember 2018 auf. Es werden unterschiedliche Quellen genannt, aber wahrscheinlich stammt das Bild von dem Fotografen Olivier Coret. Wir fanden das Foto mit seinem Namen in der französischen Fotodatenbank Divergence Images. Es ist laut den Angaben in der Datenbank von November 2018. 

Andere Aufnahmen stammen aus Paris und sind aktuell

Die anderen Fotos in dem Facebook-Beitrag sind offensichtlich Standbilder aus Videos, die zu Collagen zusammengefügt wurden. Eine Ansicht von Menschen auf einer Straße, vor denen Einsatzkräfte mit Helmen stehen, fanden wir auf dem Twitter-Account eines französischen Journalisten namens Yazid Bouziar. Diese Ansicht kommt in der Collage auf Facebook zweimal vor.

Das selbstgebastelte Pappschild und eine Person in einem leuchtend gelben Kapuzenpullover, die in Bouziars Video auftauchen, sind auch in einem Beitrag über die Proteste am 14. Juli auf der Seite der Süddeutschen Zeitung zu sehen.

Ein Foto aus Paris
Das Bild stammt aus einem Video eines französischen Journalisten (Quelle: Facebook / Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)
Tweet mit Foto aus Paris
Der Tweet des Journalisten Yazid Bouziar vom 14. Juli mit dem Video, in dem der Demonstrationszug zu sehen ist (Quelle: Twitter / Screenshot am 15. Juli 2021: CORRECTIV.Faktencheck)

Medienberichte: Rund 2.250 Demonstrierende in Paris

Die Aufnahmen von Bouziar sind also authentisch. Andere seiner Videos zeigen, dass die Polizei Tränengas einsetzte, um die Demonstrierenden auseinander zu treiben. Internationale Medienberichte bestätigen das ebenfalls (hier, hier und hier). 

Demnach kam es auch zu Vandalismus und Brandstiftung. Darüber berichtete auch die Frankfurter Rundschau. Dem Bericht und der Seite France24 zufolge demonstrierten in Paris rund 2.250 Personen. 

Collage mit Fotos aus Paris
Eine weitere Collage aus dem Facebook-Beitrag (Quelle: Facebook / Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

Auch zwei weitere Bilder konnten wir finden: Eines mit Menschen an einem Zaun (in der Collage unten rechts) und eines, das Stühle eines Cafés zeigt (oben links). Sie stammen aus Videos vom verifizierten Twitter-Account des Journalisten Remy Buisine (hier und hier). 

Wir konnten verifizieren, dass sie wirklich aus Paris stammen. In dem einen Video sind zwei Läden namens „Barracuda“ und „Dounia Mariage“ zu sehen. Als wir nach „Dounia Mariage“ auf Google Maps suchten, fanden wir die entsprechende Straße in Paris. In dem zweiten Video sind mehrere Cafés zu sehen. Eines davon hat einen blauen Wintergarten, und schräg gegenüber ist ein McDonalds. Wir konnten diesen Ort ebenfalls auf Google Maps finden: Es ist der Boulevard de Bonne Nouvelle beziehungsweise der Boulevard Poissonnière in Paris

Tweet mit Video aus Paris
Tweet des Journalisten Remy Buisine mit einem Video, aus dem eines der Standbilder stammt (Quelle: Twitter / Screenshot am 15. Juli 2021: CORRECTIV.Faktencheck)

Die Videos wurden von Remy Buisine im Abstand von etwa anderthalb Stunden auf Twitter hochgeladen und die beiden Orte, an denen die Videos entstanden sind, liegen 20 Minuten zu Fuß voneinander entfernt. Das alles spricht dafür, dass seine Aufnahmen authentisch sind. 

Andere Videos von Buisine, die in der folgenden Nacht  aufgenommen wurden, zeigen Feuerwerk und brennende Gegenstände auf den Straßen. Es ist zudem zu erkennen, dass einige Menschen bei den aktuellen Demonstrationen auch gelbe Westen trugen (zum Beispiel hier). 

Ausschreitungen am Nationalfeiertag in Paris sind keine Seltenheit – auch 2020 und 2019 kam es am 14. Juli zu Konflikten mit Einsatzkräften der Polizei.

Fazit: Es gab am 14. Juli 2021 Demonstrationen in Paris gegen strenge Corona-Maßnahmen der französischen Regierung, und es kam dabei zu Ausschreitungen. Die Aufnahmen, die auf Facebook kursieren, sind nach unseren Recherchen authentisch – bis auf eine, denn eines der Fotos zeigt die Gelbwesten-Proteste im Jahr 2018. Drei der Bilder auf Facebook konnten wir nicht verifizieren. 

Redigatur: Steffen Kutzner, Sarah Thust

Update, 30. Juli 2021: Wir haben einen Fehler im Text korrigiert. Wir hatten zunächst geschrieben, dass für einen Besuch im Kino oder Restaurant ein Impfnachweis vorgelegt werden müsse; tatsächlich ist der Gesundheitspass aber kein Impfpass.