Brandenburg rechnet sich schön
Anfang März berichtete CORRECTIV über die Machenschaften krimineller Müllschieber in Brandenburg – und über die beharrliche Weigerung des Landes, die illegalen Deponien zu räumen. Der Artikel sorgte für Aufsehen. Vergangene Woche legte das Umweltministerium in Potsdam dem Umweltausschuss des Landtages Zahlen vor. Leider waren es die falschen: Sie sind unvollständig und längst überholt.
„Müllparadies Brandenburg“ hieß der Text, in dem wir über das Ausmaß des Müllskandals berichteten.
Nun beschäftigt der Müll, als Reaktion auf unsere Recherchen, erneut die Landespolitik.
Vergangene Woche legte das Umweltministerium in Potsdam dem Umweltausschuss des Landestages einen Bericht vor. Darin ist von 108 illegalen Müllkippen die Rede. Aber: Die Liste stammt aus dem Jahr 2010. Schon damals war diese Zahl nicht korrekt. Sie wird immer wieder angeführt, wenn es um dieses schmutzige Kapitel der deutschen Abfallwirtschaft geht.
Noch eine Zahl ist falsch: Nicht 160 Millionen Euro kostet die Entsorgung der illegalen Deponien, wie das Ministerium nun behauptet. Sondern mindestens 320 Millionen Euro.
Die Liste, auf die sich das Ministerium in Potsdam beruft und die als Anlage der sogenannten Boden- und Abfallzuständigkeitsverordnung öffentlich einsehbar ist, weist riesige Lücken auf. Nur zwei Beispiele:
- Die mit fast 400.000 Tonnen Müll größte illegale Deponie des Landes, die die Firma GEAB in der Stadt Bernau angehäuft hat, kommt nicht vor. Dabei gehört sie mit rund 38 Millionen Euro Entsorgungskosten zu den teuersten Hinterlassenschaften der Müll-Mafia.
- Auch die Verklappung von Müll in ausgebeuteten Sand- und Kiesgruben hat das Ministerium mit keinem Wort erwähnt. Müllschieber haben seit 2006 rund eine Million Tonnen in den Tagebauen des Landes verscharrt. Diese Fälle tauchen weder in der Liste von 2010 noch in dem aktuellen Bericht auf.
Wir haben mehr als 140 Orte recherchiert, wo im großen Stil illegal Müll abgelagert wurde. Einige dieser Lager wurden nach Jahren geräumt, die meisten modern aber bis heute vor sich hin.
Insgesamt liegen in Brandenburg rund drei Millionen Tonnen illegaler Abfall in der Gegend herum.
Das ermittelten wir im Rahmen einer aufwändigen Datenrecherche. In einer interaktiven Karte haben wir alle illegalen Deponien aufgeführt, über die uns die Behörden Auskunft erteilten.
Gemeinsam mit RTL entstand eine TV-Reportage über „Die Müllmafia“ – mit Aufnahmen, die man in Deutschland nicht erwartet hätte.