Wie die Debatte um ein AfD-Verbot ins Rollen kam – eine Chronik
Für manche ist die Debatte um ein AfD-Verbot verfrüht, für andere ist sie längst überfällig. Wir zeigen, wie sich die Debatte entwickelt hat: Vom ersten Tweet bis zum Bundestagsantrag.

Im Januar 2015 twitterte Michael W. das erste Mal zum #AfDverbot. Im Januar 2025 – zehn Jahre später –diskutierten die Abgeordneten im Bundestag erstmals über ein AfD-Verbotsverfahren.
Vom ersten Tweet bis zur ersten Bundestagsdebatte: Was ist zwischen 2015 und 2025 bei der Debatte um ein AfD-Verbotsverfahren passiert?
2013: AfD gründet sich und Deutschland diskutiert über ein NPD-Verbot
Ein Blick zurück zeigt: Als die AfD sich 2013 gegründet hat, debattierte Deutschland, ob die rechtsextreme NPD verboten werden sollte. Ein AfD-Verbot war da weit weg.
Wer in den Anfangsjahren der AfD nach „Parteienverbot“ googelt, bekommt Artikel zum Pro und Contra eines NPD-Verbots angezeigt. Die AfD galt da noch als liberal und konservativ, ihr zentrales Thema war der Euro.
Tatsächlich liegen nur wenige Wochen zwischen dem Gründungsparteitag der AfD im Februar 2013 und der Abstimmung über das (zweite) NPD-Verbotsverfahren im Bundestag im April 2013.
Mehrere Anläufe für NPD-Verbotsverfahren
Das NPD-Verbotsverfahren war stark umstritten, obwohl viele sich einig waren, dass die Partei rechtsextrem und verfassungsfeindlich sei. Es waren vor allem die Innenminister und Innenministerinnen der Bundesländer, die ein Verbot wollten. Sie legten 2009 Beweise zur Verfassungsfeindlichkeit der NPD aus öffentlichen Quellen vor.
Die Mordserie des rechtsextremen „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) und ihre Verbindungen zur NPD lieferten 2011 dann den Anstoß für ein zweites Verbotsverfahren.
2015: AfD radikalisiert sich, NPD vor Gericht
Ab 2015 radikalisierte sich die AfD und Migration wurde zu ihrem zentralen Thema. Rechte Hardliner in der Partei gewannen an Macht. Einzelne aus der Zivilgesellschaft forderten ein AfD-Verbot, aber das blieb eine absolute Minderheitenmeinung.
Das Bundesverfassungsgericht prüfte währenddessen die Verfassungsmäßigkeit der NPD.
2017: AfD zieht in den Bundestag ein, NPD-Verbot scheitert
Im Januar 2017, scheiterte das NPD-Verbot vor dem Bundesverfassungsgericht: Die Partei sei zwar verfassungsfeindlich, aber zu unbedeutend, um verboten zu werden, so das Gericht.
Im selben Jahr zog die AfD erstmals in den Bundestag ein.
2019: Verfassungsschutz beobachtet die AfD
2019 erklärte der Verfassungsschutz, dass die AfD fortan als „Prüffall“ beobachtet wird. Die Behörde begründet das mit muslimfeindlichen, fremdenfeindlichen und völkisch-nationalistischen Aussagen von AfD-Politikern.
2023: Forderungen nach AfD-Verbotsverfahren werden lauter
Mehr als eine Millionen Menschen unterschreiben 2023 eine Petition für ein Verbotsverfahren, darunter bekannte Künstlerinnen und Künstler. Der Spiegel veröffentlicht eine Titelstory zum möglichen AfD-Verbot.
Auch in der Politik wird ein mögliches AfD-Verbotsverfahren debattiert, doch die meisten Abgeordneten sind weiterhin dagegen.
2024: Proteste gegen AfD und Ende der staatlichen Gelder für Die Heimat
Im Januar 2024 berichtete CORRECTIV über ein Treffen in Potsdam, wo unter anderem hochrangige AfD-Politiker das Konzept der „Remigration“ des Rechtsextremisten Martin Sellner im Sinne eines „Masterplans“ diskutierten – gemeint ist die Vertreibung von Menschen. Bundesweit gingen daraufhin insgesamt über drei Millionen Menschen auf die Straße, teilweise mit Schildern, auf denen ein AfD-Verbot gefordert wird.
Der NPD-Nachfolgepartei – Die Heimat – wird 2024 endgültig der staatliche Geldhahn zugedreht. Nach einer Gesetzesänderung bekommt die verfassungsfeindliche Organisation keine Parteienfinazierung mehr.
2025: AfD-Verbot im Bundestag
Im Januar 2025 debattiert der Bundestag erstmals über ein AfD-Verbotsverfahren. Abgeordnete aus CDU, SPD, Grüne, Linke und SSW hatten einen entsprechenden Antrag eingebracht. Der Antrag hat keine Aussichten auf eine Mehrheit und wird auf unbestimmte Zeit vertagt.
Im Mai 2025 verkündet der Verfassungsschutz, dass die gesamte AfD „gesichert rechtsextremistisch“ sei. Als Grund nennt der Nachrichtendienst unter anderem die migranten- und muslimfeindliche Haltung der Partei. Die Frage nach einem Verbotsverfahren bekommt neuen Schwung.