Denkanstoß

Drei Gründe, warum US-Präsident Trump nicht „massenhaft abschieben“ kann

Donald Trump hatte die „größte Abschiebeaktion der Geschichte der USA“ angekündigt. Warum es jedoch für ihn schwierig werden dürfte, dieses Wahlversprechen einzuhalten, erklärt der Migrationsexperte Carsten Wolf.

von Carsten Wolf

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Wenn Donald Trump tut, was er sagt, dann rollen jetzt bereits die ersten Pick-Ups der US-Zollbehörde durchs Land – auf der Suche nach Migranten, die sie abschieben kann. Er plane die „größte Abschiebeaktion der Geschichte der USA“. „Massenabschiebungen“ zuerst von Kriminellen, dann von anderen. 

Schon die erste Amtszeit von Trump hat allerdings gezeigt: Er verliert irgendwann das Interesse. Seine Mauer zu Mexiko kam kaum voran. Abschiebungen scheiterten an überlasteten Gerichten. Am Ende hatte Trump weniger Menschen abgeschoben als vor ihm Präsident Obama – und als Biden nach ihm. 

Trump wird aller Voraussicht nach auch mit seinen neuen Plänen scheitern, und zwar aus drei einfachen Gründen. 

Erstens: Es geht ihm nur um starke Bilder – ein Präsident, der noch am Tag der Amtseinführung mehrere Dekrete erlässt. Migranten, die sich aus Angst „selbst deportieren“. Grenzpolizisten, die bei Razzien junge Männer gefesselt in Autos schieben. Weinende Kinder in Grenzlagern. Das sind die starken Bilder, um die es geht. Und nicht um die wirklichen Probleme. Dazu unten mehr.

Zweitens: Es wird ihm zu kompliziert. Drastische Aktionen der Bundes-Zollbehörde sind leicht zu starten. Aber danach wird es rechtlich komplizierter. Auch illegale Migranten haben das Recht auf eine Anhörung. Kinder in Grenzlagern haben ein Recht auf ihre Eltern. Die Zollbehörde wäre schnell überlastet. Es gibt nicht genug Haftplätze. Die Gerichte haben zu wenig Personal, um über die Fälle von elf Millionen illegalen Einwanderern zu entscheiden. 

Drittens: Es wird ihm zu teuer. Die Abschiebung von einer Million Migranten würde etwa 88 Milliarden Dollar pro Jahr kosten, so Schätzungen. Außerdem zahlen illegale Migranten rund 100 Milliarden Dollar Steuern im Jahr, die dann wegfielen. Menschen, die in der Landwirtschaft arbeiten, in der Fleischproduktion, als Taxifahrer, Babysitter oder Paketlieferant. Die boomende US-Wirtschaft ist der Haupt-Pullfaktor für illegale Migranten. Auch die Tech-Industrie drängt auf mehr Visa für Fachkräfte, die Trump stark reduziert hatte. So lange die Wirtschaft es verlangt, geht die Migration weiter.

Es wäre nicht das erste Mal, dass Rechtspopulisten weniger Migration versprechen – und das Gegenteil machen. Sie lenken damit von anderen wichtigen Themen ab, wie etwa dem Abbau des Sozialstaats oder der Überalterung der Gesellschaft. 

Und Bidens Migrationspolitik hat zu wirklichen sozialen Problemen geführt: Von den 8 Millionen zusätzlichen Migranten, die ins Land kamen, kamen fünf Millionen ohne legale Papiere. Das ist ein Höchststand in der US-Geschichte. Besonders in den grenznahen Bundesstaaten ist die Kinderarbeit angestiegen. Obdachlose finden kaum noch Schlafplätze in Unterkünften. Auch in New York sorgen die sprunghaft gestiegene Zahl von Straßenverkäufern für chaotische Zustände. 

All das haben die Demokraten zu wenig angesprochen. Um all das könnte sich ein Präsident kümmern – wenn es ihm nicht nur um die Abschiebe-Show gehen würde.

Carsten Wolf ist Fachautor für Migration und schreibt sonst für den „Mediendienst Integration“.  https://x.com/zeitungsboy