Väterrechtler auf dem Vormarsch

Krude Thesen, ausgefeiltes Lobbying und jede Menge Frauenhass: Sogenannte Väterrechtler machen vehement Einfluss in Politik und Justiz geltend – und untergraben den Gewaltschutz von Frauen und Kindern. CORRECTIV zeigt, wie ihre Netzwerke funktionieren.

Krude Thesen, ausgefeiltes Lobbying und jede Menge Frauenhass: Sogenannte Väterrechtler machen vehement Einfluss in Politik und Justiz geltend – und untergraben den Gewaltschutz von Frauen und Kindern. CORRECTIV zeigt, wie ihre Netzwerke funktionieren.

19. September 2023

Am 12. Oktober 2022 trifft ein Brief im Bundesjustizministerium ein: Der Tonfall ist ernst, die Wortwahl drastisch: Es gehe um „Millionen betroffene Trennungskinder“, um „Gewalt“ und eine spezielle Form des „psychischen und emotionalen Missbrauchs“, die viel zu lange ignoriert worden sei. „Genug Tränen“ heißt das Bündnis, das sich an das Ministerium wendet. Die Politik müsse handeln, und deshalb fordert die Initiative ein Gespräch mit Justizminister Marco Buschmann (FDP).

„Ihrer Bitte kommen wir gerne nach“, antwortet die Leitung des Referats Kindschaftsrecht und lädt das Bündnis zu einem Gespräch ins Ministerium ein, „um uns Ihr Anliegen und Ihre Reformwünsche aus erster Hand anzuhören“. 

Unklar ist, ob das Ministerium weiß, wem es da die Türen öffnet: Hinter der Kampagne um das Kinderleid stecken zum Teil Väterrechtsverbände, die Verbindungen in trübe, anti-feministische Milieus pflegen. Einige der Akteure verharmlosen häusliche Gewalt, nehmen die Gleichstellung von Frauen unter Beschuss, und sie pflegen gute Kontakte in die Politik – bis hoch ins Bundesjustizministerium. Ihr Kampffeld: das Familienrecht. 

Auszug aus einer E-Mail des Bundesjustizministeriums an das Bündnis „Genug Tränen“
Aus einer E-Mail der Leitung des Referats Kindschaftsrecht an das Bündnis „Genug Tränen“

Jedes Jahr treffen Familienrichterinnen und -richter in Deutschland rund 100.000 Entscheidungen, die das Leben von Eltern und Kindern für immer verändern können. Es geht um die Frage, wer nach einer Trennung für die Kinder sorgt, wer sie wie oft sehen darf, wer sich kümmert und wer für sie bezahlt: Mutter oder Vater? 

Manche der Unterzeichner des Briefes sehen sich als Lobby der Väter und wollen politische Entscheidungen über Sorge-, Umgangs-und Unterhaltsrecht zugunsten von Männern beeinflussen. Doch bei näherem Blick zeigt sich: Die Rhetorik von der Benachteiligung der Väter kaschiert zum Teil eine rabiat frauenfeindliche Agenda. An den Rändern mischen sich Thesen von einer „feministischen Diktatur“ mit aggressivem Auftreten und antidemokratischen  Tendenzen. Neue Bündnisse aus Väterlobbyisten, Maskulinisten und Rechten haben sich formiert, und letztlich richten sich Angriffe gegen ein gemeinsames Ziel: Die  Gleichberechtigung und das Recht von Frauen, über sich selbst zu entscheiden. 

Der Einfluss der Männerrechtler reicht nicht nur in die Politik, sondern auch in die Justiz: Einige der Verbände sind vernetzt mit Fachleuten und organisieren Schulungen für Familienrichter, Verfahrensbeistände oder betroffene Väter, und sie propagieren Thesen, die Männer in Umgangs- und Sorgerechtsverfahren stärken und Frauen bei Vorwürfen von häuslicher Gewalt als Quertreiberinnen dastehen lassen. 

Dies scheint im Alltag einiger Familiengerichte Wirkung zu zeigen: Eine Recherche von CORRECTIV und Süddeutscher Zeitung im März legte gravierende Missstände an Familiengerichten offen: Wie berichtet, gerieten einige Frauen bei Hinweisen auf häusliche Gewalt selbst unter Verdacht – und verloren teilweise das Sorgerecht für ihre Kinder an mutmaßlich gewalttätige Ex-Partner.

Die Akteure:
Die Tarnstrategie der Maskulinisten

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CORRECTIV und Stern haben die Strategien der Väterrechtler analysiert und interne Dokumente aus dem Bundesjustizministerium ausgewertet. Daraus ergibt sich, wie intensiv organisierte Väterrechtler auf Regierungsebene lobbyieren. 

Einer, der besonders eifrig Mails an das Ministerium schreibt, ist Gerd Riedmeier, Vorsitzender des Vereins „Forum Soziale Inklusion“ (FSI). Der Name klingt weich und harmlos, und das ist wohl Absicht. Der Politikwissenschaftler Thomas Gesterkamp spricht von einem „Täuschungsmanöver“. Gesterkamp forscht über Strategien rechter, maskulinistischer Netzwerke, und Riedmeier zählt zu den umtriebigsten Akteuren. „Das FSI versucht immer wieder, sich salonfähig zu machen“, sagt er. 

Maskulinisten sehen Männer als Opfer von Diskriminierung und verbinden ihre Forderungen mit anti-feministischen Parolen und zum Teil mit offenem Frauenhass.

Eine Anfrage vom CORRECTIV und Stern ließ Riedmeier offen. Seit vielen Jahren sucht er gezielt Kontakte in die Politik. In seinen Lobbypapieren schreibt er von „Geschlechtergerechtigkeit“ und pocht auf eine „zeitgemäße Familienpolitik“. Mitunter schlägt er andere Töne an: Der Ex-Familienministerin Franziska Giffey warf er 2020 in einer Pressemitteilung vor: Sie verbreite „Hysterie mit realitätsferner Propaganda“ zu häuslicher Gewalt während der Corona-Pandemie. Tatsächlich stieg das Risiko häuslicher Gewalt in der Zeit der Lockdowns an, auch die Statistiken der Polizei zeigen eine Zunahme.



Das Netzwerk
Väterrechtler und Maskulinisten
Riedmeier scheint gut vernetzt in der Szene der Männerrechtler. Zwischen ihm und seinem Verein lassen sich über personelle Nähe, Bündnisse und gemeinsame Aktivitäten Verbindungen zu dem maskulinisitischen Verein wie Manndat verfolgen, der Männer als benachteiligte Gruppe ansieht und die Schuld dafür auf „einen radikalen Feminismus“ schiebt. Zudem erschien Riedmeier auch als „Mitglied“ und Autor auf der Website der Initiative Agens – dort gehen diese Thesen bis hin zu Verschwörungstheorien von einer Gender-„Unterwanderung“ mit dem Ziel „Familienzerstörung“ und einer unverhohlenen Vorfreude auf den „Backlash“, einer Rückabwicklung der Gleichberechtigung.

Person  Verein/Stiftung  Vernetzung 

Die unübersichtlichen Strukturen und die Vielzahl der Vereine verstellt den Blick auf eine relativ geringe Anzahl von zentralen Akteuren. Zu den Schlüsselfiguren zählt Franzjörg Krieg, ehemaliger Realschullehrer und selbst Trennungsvater. Von Gleichgesinnten wird er als der „Frontmann in der Väterbewegung “ bezeichnet.

Krieg ist Gründer und Sprecher des Väteraufbruchs für Kinder in Karlsruhe. Der Väteraufbruch ist eine bundesweite Selbsthilfegruppe und Interessenvertretung für Trennungsväter. Experten werten den Verband insgesamt als überwiegend moderat. Nur einige Teile gelten als radikal – unter anderem Kriegs Karlsruher Gruppe.

Im Internet geht Krieg mit lauten Parolen und frauenverachtenden Thesen hausieren: Er bezeichnet Frauenhäuser auf seiner Webseite als „Horrorkabinett“ und fabuliert von einer „Versklavung“ der Väter in einem „prostitutionsnah organisierten Unterhaltsrecht“. 

Für Krieg sind Väter nicht nur benachteiligt, sondern „Systemopfer“. Wie er in seinem Newsletter „Väter-Express“ schreibt, werde das Gewaltschutzgesetz von Müttern „missbraucht“, und ein „mafiosides Netzwerk von Beraterinnen, Gutachterinnen, Polizistinnen, Staatsanwältinnen, Richterinnen etc.“ betreibe nichts anderes als „Väterentsorgung.“

Verbindungen
bis an den rechten Rand

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Das Netzwerk
Deutscher Gender Kongress 2015
Der eifernde Väterrechtler Franzjörg Krieg und der seriös wirkende Lobbyist Gerd Riedmeier scheinen wenig gemeinsam zu haben. Aber es gibt Berührungspunkte: Beide traten bei den gleichen Demonstrationen auf, beide unterstützen die Kampagne „Genug Tränen“, und beide gehörten zu den Rednern bei einem zentralen Vernetzungstreffen im Jahr 2015: dem Deutschen Gender Kongress.

Partei  Person  Verein/Stiftung  Vernetzung 

Auf der Konferenz in Nürnberg kamen Maskulinisten, Gender-Gegner und Väterrechtler zusammen, laut Website basierte der Kongress auf der Arbeit von rund 80 Gruppen, darunter Manndat und Agens, obskure Initiativen mit Namen wie „GenderUnsinn“ und die als jugendgefährdend indizierte Hetzseite „Wikimannia“.

Brisant ist vor allem: Auch die „Demo für Alle“ steht auf der Liste. Das Protestbündnis macht seit 2014 bundesweit mobil gegen gleiche Rechte für homosexuelle und trans Menschen, „Frühsexualisierung“, „Gender-Wahn“ und Selbstbestimmungsrechte von Frauen. Dahinter stehen rechte und fundamentalistisch-christliche Akteure aus dem Umfeld der AfD-Spitzenpolitikerin Beatrix von Storch.

Ein Bindeglied zwischen der „Demo für alle“ und den Männerrechtlern scheint der Verein Agens zu sein, der als Partner auf der „Demo für alle“-Website stand: Ein Agens-Vorstand tauchte auch als Redner auf den Protesten wie auch als Autor der „Demo für alle“ auf, sein Thema: „Das tabuisierte Schicksal der Trennungskinder“.

Die Reden auf den Podien ähneln sich, und immer wieder laufen sie auf die gleichen Botschaften hinaus – die Feindbilder Feminismus oder „Gender-Ideologie“ und eine Rückkehr zu einer traditionellen Familie mit festen Rollenbildern: Vater, Mutter, Kind. 

Die Mütterinitiative MIA befasst sich seit Jahren intensiv mit den Netzwerken der Väterrechtler. Stefanie Ponikau aus dem MIA-Vorstand hat beobachtet, wie sich frauenfeindliche Thesen ausbreiten. „Es geht um Meinungsbildung“, sagt sie. Für Maskulinisten diene das Thema Väterrechte als „Türöffner“, um in die Mitte der Gesellschaft vorzudringen. „Wir beobachten, dass der anti-feministische Einfluss seit Jahren zunimmt“, sagt Ponikau: „Wir merken, wie die misogynen Vorurteile gegenüber Frauen, die sich trennen, in der Gesellschaft dadurch verstärkt werden.“ 

Das Netzwerk
Kontakte zur weltweiten religiösen Rechten
Seit einiger Zeit bilden sich neue Bündnisse heraus. Hierbei scheint Franzjörg Kriegs Karlsruher Väteraufbruch-Gruppe eine wichtige Rolle zu spielen: 2011 formierte sich unter dem Dach des Vereins die „Projektgruppe Doppelresidenz“. Der Name bezieht sich auf ein Betreuungsmodell, auch Wechselmodell genannt, bei dem Kinder nach der Trennung je zur Hälfte bei Vater und Mutter leben. Unterhaltszahlungen entfallen damit in aller Regel.

Partei  Person  Verein/Stiftung  Vernetzung 

Drei Jahre später entwickelt sich daraus ein weiterer Verein mit Sitz in Bonn: der Internationale Rat für paritätische Doppelresidenz (ICSP).

Mit dem Verein docken die Väterrechtler an weltweite Strukturen an. Bei einer ersten Konferenz 2014 in Bonn taucht ein illustrer Name auf: Simone Pillon, der spätere Senator der rechtspopulistischen Lega Nord, er hielt dort einen Vortrag. Das geht aus einem Programm der Konferenz hervor und aus Angaben auf seiner Website.

Pillon und das Netzwerk des Oligarchen

Simone Pillon, Ultra-Katholik und auf Familienmediation spezialisierter Anwalt, organisierte in Italien
Proteste gegen die Ehe für Homosexuelle und kämpft gegen das Recht auf Abtreibungen. Bis 2018 war er im Vorstand der Stiftung Novae Terrae, die ab 2011 wegen eines Geldwäscheskandals in die Schlagzeilen geriet: Medienberichten zufolge sollen über die Stiftung knapp 2,4 Millionen Euro aus aserbaidschanisch-russischen Quellen in Kampagnen gegen Scheidungen, Abtreibungen und Homo-Ehe geflossen sein. Stiftungsgründer Luca Volontè gilt als Vertrauter Pillons und wurde 2021 wegen Annahme von Schmiergeldzahlungen verurteilt. Volontè ist auch Teil des Kuratoriums der rechten, christlichen Plattform CitizenGo – ebenso wie Alexey Komov, ein enger Mitarbeiter des Oligarchen Konstantin Maloveev, der laut Recherchen mit seinem Geld weltweit Netzwerke der religiösen Rechten fördert. Auch CitizenGO könnte er bezuschusst haben – dies legt ein geleakter Brief des Gründers nahe: Darin bittet er Maloveev um eine Anschubfinanzierung. Ziel sei, „nationale Regierungen, Parlamente und internationale Organisationen effizient zu beeinflussen“. Auch die „Demo für alle“ lässt sich von CitizenGo unterstützen – möglicherweise mit Geld aus Russland. 

Die Ideologie der Väterrechtler:
Familie, Macht und Kontrolle

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Die Thesen der Väterrechtler stoßen in Deutschland auf eine brisante Gemengelage. Der Politikwissenschaftler Thomas Gesterkamp hat mehrere Bücher zu den „neuen Vätern“ verfasst, die sich von Anfang an gleichberechtigt um ihre Kinder kümmern. „Die Vaterrolle hat sich verändert“, sagt er. 

Aber es gibt noch Familiengerichte, in denen Männer chancenlos dastehen. Und mitunter bleibt auch Vätern trotz inniger Beziehung zu ihren Kindern der Kontakt verwehrt. Die Väterrechtler nutzten die Verzweiflung der Betroffenen für ihre Zwecke, sagt Gesterkamp: „Einige geraten in die Hände dieser Rattenfänger, die ihr Leid politisch ummünzen, und dann geht es gar nicht mehr um die Trennungsväter, sondern um ein traditionelles Familienbild und Geschlechterhierarchie.“

Die Forderungen der Väterrechtler Die Familie, das ist aus Sicht der Väterrechtler eine feste Einheit, die nicht aufgelöst werden kann. Viele der Vereine fordern, dass Umzüge mit Kind nur noch innerhalb des Schulbezirks erlaubt sein sollen. Da die Kinder in aller Regel bei der Mutter leben, dürften Frauen diesen Radius nur mit Erlaubnis ihres Ex-Partners verlassen. Müttern, die den Kontakt zum Vater behindern, sollen strafrechtliche Folgen drohen, oder gleich der Verlust des Sorgerechts. Wenn es schlecht läuft, bedeutet das: Macht und Verfügungsgewalt, bis weit über das Ende der Beziehung hinaus.  Wie in einem Positionspapier steht, soll der „Schutz der Familie“ Vorrang vor „individuellen Ansprüchen“ haben. Die Väterrechtler plädieren außerdem für Vaterschaftstests bereits vor der Geburt, um auszuschließen, dass dem Mann ein fremdes Kind untergeschoben werden kann. Eine Anerkennung der Vaterschaft soll auch gegen den Willen der Mutter möglich sein. Und generell gilt: Nur biologische Elternschaft zählt: Ein Kind hat Vater und Mutter, nur das gilt offenbar als Familie, oder, wie es der „Väteraufbruch für Kinder“ schreibt: Die „genetische Herkunft“ sei im Leben eines Kindes „die einzige und nicht veränderliche Konstante“.

Derzeit stellen die Väterrechtslobbyisten vor allem ein Thema in den Fokus ihrer Kampagnen: Die sogenannte elterliche Entfremdung. Aus Sicht der Väterrechtler handelt es sich um eine schwere Form von Kindesmisshandlung – viele Fachleute sprechen von einem misogynen Konzept ohne wissenschaftliche Basis.

Allgemein versteht man darunter eine Art von Manipulation: Der eine Elternteil wirkt so stark auf das Kind ein, dass es mit Angst oder Ablehnung auf den anderen reagiert. CORRECTIV liegen mehrere Fälle vor, in denen Müttern in Folge dieses Verdachts das Sorgerecht entzogen wurde. Der Begriff elterliche Entfremdung fiel nicht immer, aber in allen Fällen lief die Argumentation auf dasselbe hinaus: Die Frau lügt, täuscht und erhebt fingierte Vorwürfe – alles mit dem Ziel, eine Beziehung zwischen ihrem Ex-Partner und dem Kind zu vereiteln. 

Diese Konstrukte fallen vor allem Frauen zur Last, die von häuslicher Gewalt sprechen. Derzeit mehren sich Berichte, dass entsprechende Hinweise  von den Familiengerichten klein geredet oder schlicht ignoriert werden. Im Juni veröffentlichte die UN-Sonderberichterstatterin für Gewalt gegen Frauen Reem Alsalem dazu einen Bericht und schlug Alarm: „Die Tendenz von Familiengerichten, die Geschichte von häuslicher Gewalt und Missbrauch in Sorgerechtsfällen zu vernachlässigen“, sei „inakzeptabel“ und setze Frauen und Kinder Risiken und „immensem Leiden“ aus.

Inzwischen raten Anwälte sogar, Gewalt zu verschweigen: „Er wurde immer aggressiver, hat mich gegen Schränke geschubst, ich war teilweise übersät mit Hämatomen“, sagte eine Frau aus Niedersachsen gegenüber CORRECTIV. „Meine Anwältin hat gesagt: ‚Wenn Sie das zur Sprache bringen, verlieren Sie das Kind.‘“

Fachleute, die Kindesmissbrauch verharmlosen

Der Begriff, auf Englisch „Parental Alienation“, geht auf den amerikanischen Psychologen Richard A. Gardner zurück. Gardner verbreitete in seinen Büchern teils beunruhigende Ansichten zu Kindesmissbrauch und schrieb: In einigen Fällen würden Kinder Geschlechtsverkehr mit Erwachsenen auch „initiieren“ und könnten „die Aktivitäten“ mitunter „immens genießen“. 

Auch in Deutschland gibt es Männerrechtler, die sexualisierte Gewalt gegen Kinder grob verharmlosen: 1992 erschien ein Band mit dem Titel „Missbrauch mit dem Missbrauch“. Der Titel bezieht sich auf eine angeblich gestiegene Zahl von Vorwürfen von Missbrauch mit der „Absicht“, den Vater zu „disqualifizieren“. Ein Autor schreibt, dass „Geschlechtsverkehr, der vom Kind selbst angestrebt“ werde, diesem nicht schade, sondern die Entwicklung einer „gesunden Sexualität“ fördere. 

Ein Herausgeber der Schrift heißt Josef Linsler und ist seit vielen Jahren als Sprecher der „Interessengemeinschaft Unterhalt und Familienrecht“ (ISUV) aktiv. Von den pädosexuellen Inhalten in dem Band distanziert er sich gegenüber CORRECTIV. In einer späteren Ausgabe sei dieser Aufsatz nicht mehr enthalten gewesen, teilt er mit.

Was der Verein  zum Thema häusliche Gewalt denkt, lässt sich einer aktuellen Stellungnahme entnehmen: Diese spiele bei Trennungen „eine weniger große Rolle“ als in den Medien dargestellt. Und wenn doch, sei es oft so, dass Frauen lügen: Solche Vorwürfe gehörten zum „Standardrepertoire“ und entpuppten sich „meist“ als „unbegründet“. 

Linsler hat offenbar gute Drähte in die Politik: 2018 lud ihn die CDU als Sachverständigen zu einer Anhörung ein – das Thema: Familienrecht und die gemeinsame Sorge für die Kinder nach einer Trennung. 

Schulungen:
Krieg im Familiengericht

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In weiten Teilen der Wissenschaft ist die These vom Entfremdungs-Syndrom umstritten und taucht in keinem Diagnosekatalog auf. Doch nach wie vor hält es sich in der Justiz. Denn es gibt Psychologinnen und Juristen, die es gezielt propagieren. Nach Recherchen von CORRECTIV und Stern werden in vielen Städten Schulungen für Juristen, Richter oder Jugendamtsmitarbeiter von Dozenten angeboten, die den Väterrechtlern nahe stehen. 

Das Netzwerk
Theoretiker der Entfremdung
Ein Beispiel: Franzjörg Krieg vom Väteraufbruch in Karlsruhe verkündete 2012 eine Kooperation seines Vereins mit dem früheren Familienrichter Hans-Christian Prestien. Ihr Projekt: Die Ausbildung von Verfahrensbeiständen. Das sind Fachleute, die im Familiengericht die Interessen des Kindes vertreten sollen.

Partei  Person  Verein/Stiftung  Vernetzung 

Prestien trat oft zusammen mit dem Psychologen Uwe Jopt auf – einem überzeugten Verfechter der Entfremdungs-Theorie.

Jopt führt ein Institut für die Weiterbildung von Richtern, Gutachtern und Verfahrensbeiständen im ostwestfälischen Lemgo und baute dort einen Fachverband für Sachverständige (FSLS) mit auf. CORRECTIV liegt eine Präsentation von einem seiner Vorträge vor. Darin erscheint die Mutter als dominierende Figur, die über einen „Standortvorteil“ und „Definitionsmacht“ gebietet. Und auf einer Folie steht: „Trennungschmerz auf Elternebene ist männlich!“

Einige Schulungen richten sich auch direkt an Väter, die vor Gericht um ihre Kinder kämpfen. Der Väteraufbruch Berlin-Brandenburg etwa bot im Januar 2020 im Rathaus Berlin-Tiergarten einen Workshop an. Der Referent war das damalige Bundesvorstandsmitglied Markus Witt.

Zwar wurde am Anfang ein Hinweis eingeblendet: Die beschriebenen Praktiken seien „nicht zur Nachahmung empfohlen, sondern als Mahnung zu verstehen“. Aber die einzelnen Punkte wirken auffällig konkret, es gab „praktische Übungen“ zu Punkten wie: „Alles strittig stellen“, später folgte die Folie: „Vorwürfe, Vorwürfe, Vorwürfe“, etwa: „Macht alles falsch“ oder „Alkohol- und Drogenmissbrauch“, flankiert mit dem beunruhigenden Hinweis: „Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.“ 

Was also war der Zweck des auffälligen Workshops? Der Referent Markus Witt, weist den Eindruck zurück, dass die Hinweise als Ratschläge gemeint waren. Auf Anfrage von CORRECTIV und Stern teilt er mit, er habe eine „Bestandsaufnahme“ beabsichtigt: „Der Arzt nennt es Anamnese, der Kriminalist das Lagebild“. Damit könnten Betroffene wie Fachkräfte derartige Praktiken erkennen, und wer sie praktiziere, könnte „leichter dabei erwischt werden und hätte Konsequenzen zu befürchten.“ Damit meint er offenbar vor allem Frauen: Wie er weiter schreibt, gebe es „Täterinnen“, die ihre „Taten unsichtbar machen“ wollen und dafür den „Gewaltbegriff instrumentalisieren“.

Auf der Webseite des Väteraufbruchs schrieb Witt 2021 : „Unsere Fach-Webinare zu den Themen Doppelresidenz, Hochstrittigkeit und Eltern-Kind-Entfremdung haben von Januar bis März fast 1.500 Teilnehmer gesehen.“ Zwei Drittel seien Fachkräfte gewesen.

Verharmlosung von häuslicher Gewalt

Laut einiger der Dozenten ist häusliche Gewalt kein Machtsystem, sondern ein wechselseitiger Konflikt: Der körperlichen Gewalt des Mannes steht die „Verfügungsgewalt“ der Frau gegenüber – also die Kontrolle über die Kinder. So propagiert es zum Beispiel der Pädagoge Uli Alberstötter, auch er taucht als Experte in Vereinen und Arbeitsgruppen im Umfeld von Väterrechtlern auf. Bei einer Anfrage der Linken in Hamburg kam 2020 heraus, dass es für die Fachkräfte der Hamburger Jugendämter zwischen 2013 und 2019 in Hamburg sieben Fortbildungen zum Umgang mit „hochkonflikthaften Trennungen“ gab. Der Referent in allen Fällen: Uli Alberstötter.

Politischer Einfluss:
Maskulinisten und Liberale Männer

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Auf politischer Ebene scheint vor allem die FDP offen für die Thesen der Männerlobbyisten. Die Partei hat sogar eine Kernforderung der Väterrechtler in ihr Parteiprogramm aufgenommen: Sie tritt dafür ein, das Wechselmodell als Regelfall festzulegen, also die abwechselnde Betreuung der Kinder von Vater und Mutter.

Wenn die Kommunikation funktioniert, mag das eine gute Lösung sein. Aus Sicht von vielen Fachleuten eignet sich das Modell aber nicht als Patentlösung, auch weil Opfer von häuslicher Gewalt damit noch stärker unter Druck geraten könnten. Aus diesen Gründen lehnen CDU, Linke und Grüne das Wechselmodell als Standardvorgabe ab. Nach Aussage der rechtspolitischen Sprecherin der FDP-Fraktion Katrin Helling-Plahr soll das „Leitbild“ gerade in Fällen als gesetzliche Vorgabe greifen, in denen sich die Eltern nicht einigen können.

Das Netzwerk
Die FDP und die Väterrechtler
Der Einfluss auf die FDP kommt zum Teil über den Verein „Liberale Männer“: Deren stellvertretender Vorsitzender Sebastian von Meding hat enge Kontakte zum Maskulinistenmilieu, war Vorsitzender von Manndat und trat als Mitorganisator des Gender-Kongresses auf. Der FDP scheint die Gruppe eher unangenehm zu sein. Auf Anfrage schreibt sie, es handele sich um „keine Vorfeldorganisation“ und „etwaige besondere Nähen“ zu anderen Vereinen seien „für die FDP irrelevant.“

Zu den treibenden Kräften für das Wechselmodell zählt auch der Hamburger FDP-Politiker Tim Walter, der auf Facebook über Alleinerziehen als staatlich geförderten „Lifestyle“ fabuliert, und eine „Opferkarte“ für alleinerziehende Mütter. Laut eigenen Angaben ist Walter in mehreren Väterrechtlervereinen aktiv. Nach dem FDP-Beschluss jubelten der Väteraufbruch Köln und der FDP-Politiker gemeinsam in einer Presseerklärung: „Männer bekennen Farbe: Wechselmodell ist gelb“.

Fragen zu den Einflüssen der Maskulinisten auf die Politik der Partei lässt die FDP unbeantwortet. Katrin Helling-Plahr teilt dazu mit, ihrer Fraktion und ihr sei „der persönliche Austausch mit verschiedenen Stakeholdern wichtig.“ Auf ihrer Facebook-Seite hat sie selbst mehrere Gespräche mit Väterrechtlern dokumentiert.

Es gibt weitere Kontakte: Im April 2014 lud die nordrhein-westfälische FDP zwei Mitglieder des Vereins Manndat zu einer Anhörung in den Landtag ein. Chef der FDP in NRW war damals Christian Lindner. Einer der geladenen Männerrechtler schrieb auf seinem Blog: „Mit der FDP gewinnen wir aktuell Zugang auf die parlamentarische Ebene.“ 

Mit dabei bei dem Treffen war auch der damalige Manndat-Vorsitzenden, Andreas Kraußer. Aber der fühlte sich offenbar in einer anderen Partei besser aufgehoben: Später trat Kraußer in Hamburg in die AfD ein. Auf Anfrage dazu antwortet weder Kraußer noch Manndat.

Partei  Person  Verein/Stiftung  Vernetzung 

Die AfD – „Überall Netzwerke“

Mit der AfD teilen einige Väterrechtler die antifeministische Haltung und die Sorge um den Bestand der traditionellen Familie. Auf der AfD-Website heißt es zum Thema: „Einer gezielten Politik für Männer und Väter, hat sich bislang keine Partei angenommen. Wir wollen uns deshalb für die Rechte von Vätern stark machen.“ 

Hinzu kommen personelle Schnittmengen. Ein ehemaliges AfD-Mitglied, das anonym bleiben will, spricht gegenüber CORRECTIV und Stern sogar von einer „Unterwanderung“. In ihrem Landesverband seien mehrere Personen mit Väterrechtler-Positionen eingetreten. „Ich war im Landesfachausschuss Familie, und dann habe ich festgestellt: Da sind überall Netzwerke“, sagt sie. „Und plötzlich hieß ein Thema bei uns im Ausschuss: Der Väteraufbruch stellt sich vor.“ Die Kontakte seien über einen Parteikollegen entstanden, der sich in einem Maskulinistenverein engagierte. 

Die Hamburger AfD-Fraktion stellte 2022 in der Bürgerschaft den Antrag, das Wechselmodell zum Regelfall zu machen – ebenso wie die FDP auf Bundesebene, zum Teil mit den gleichen Argumenten und ähnlichen Formulierungen. 

Von diesen Hintergründen ahnen die Frauen nichts, die vor den Familiengerichten mit ihren Ex-Partnern um ihre Kinder streiten. Gerade Mütter, die von Gewalt betroffen sind, erhoffen sich dort Hilfe – und geraten stattdessen selbst unter Verdacht.

Mehrere Untersuchungen, vom Europarat, von den UN, attestieren der Justiz erhebliche Defizite. Die Probleme sind in Fachkreisen bekannt. Juristen und Frauenrechtlerinnen fordern Gesetzesänderungen. Dass es Handlungsbedarf gibt, weiß die Ampelkoalition. Im Koalitionsvertrag steht: „Wenn häusliche Gewalt festgestellt wird, ist dies in einem Umgangsverfahren zwingend zu berücksichtigen.“ 

Aber bisher bewegt sich wenig. Das Bundesjustizministerium von Marco Buschmann (FDP) wäre am Zug. Aber bisher ist wenig passiert, und das wirft die Frage auf, wie viel Rückhalt die Väterrechtler innerhalb der eigenen Partei haben. 

Auch Leni Breymaier, frauenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, hat festgestellt, dass die Argumente der Väterrechtler aufgegriffen werden und warnt: „Es ist gefährlich für Frauen, wenn diese Forderungen in die Parteiprogramme kommen, und wir müssen aufpassen, dass sie nicht mehrheitsfähig werden.“ Dass die Positionen in der FDP Anklang finden, wundere sie nicht: „Die FDP ist eine Männerpartei, wird von Männern gewählt und hat überwiegend männliche Mitglieder – wie soll ich erwarten, dass die Politik für Frauen machen?“ Letztlich sei es an SPD und Grünen, für einen besseren Gewaltschutz zu sorgen: „Wir haben die Handhabe zu sagen, Stopp, so geht das nicht.“

Das Bundesjustizministerium indes weist eine Einflussnahme zurück: „Der Schutz von Betroffenen von häuslicher Gewalt ist für das BMJ ein wichtiges Anliegen.“ Aber auf die Frage nach konkreten Planungen antwortet die Pressestelle ausweichend: Man sei „zuversichtlich“, entsprechende Vorschläge „bald“ veröffentlichen zu können.

Schneller ging das bei der geplanten Reform des Unterhaltsrechts, die Buschmann vor Kurzem ankündigte. Damit kommt er den Forderungen der Väterrechtler zumindest ein Stück weit entgegen. Aus Sicht von Kritikern würden von den Regelungen vor allem Väter finanziell profitieren, während das Armutsrisiko für die Mütter steigt. Wie eine schriftliche Anfrage der linken Bundestagsabgeordneten Gökay Akbulut ergab, hat das Ministerium im Vorfeld unter anderem mit Mitgliedern des Verein ISUV über das Thema gesprochen.

Die internen Unterlagen aus dem Ministerium, die CORRECTIV und Stern vorliegen, sprechen für ein massives Lobbying der Väterrechtler für ihre Anliegen: Allein zwischen Anfang 2022 und Mitte 2023 gehen mindestens 30 Positionspapiere, Briefe, Broschüren und Stellungnahmen von unterschiedlichen Vereinen in dem Ministerium ein.

Der Männerrechtler Gerd Riedmeier schreibt in dieser Zeit zehn Mal an das Ministerium. Er ruft auch an und bittet um einen Termin für eine Videokonferenz. 

In seinen Mails bietet er sich als moderater Gesprächspartner an, sein Verein FSI sei „gerne bereit, seine Expertise in den Diskurs einzubringen“. Ein Ziel müsse sein, den „Grundsatz der Geschlechtergerechtigkeit auch im Familienrecht zu erfüllen“. 

Das Bundesjustizministerium antwortet, seine Stellungnahmen würden „mit Interesse zur Kenntnis genommen und in die weiteren Überlegungen einbezogen“.

Die Mitarbeiter des Ministeriums reagieren zuvorkommend und zum Teil auch in einem auffällig vertrauten Ton, vor allem Josef Linsler vom „Interessenverband Unterhalt und Familienrecht“ (ISUV) scheint in dem Ressort gute Freunde zu haben, der Herausgeber des Bandes „Missbrauch mit dem Missbrauch“. Mit dem Aufsatz, der sexualisierte Gewalt gegen Kinder verharmlost, will er selbst nichts zu tun gehabt haben, sagte er gegenüber CORRECTIV. 

Im Bundesjustizministerium stört man sich daran offenbar nicht. Im März 2022 bittet Linsler dort um ein Gespräch. Ein Ministerialrat aus dem Referat Unterhaltsrecht schreibt zurück, er habe noch dessen „früheren Besuche hier im BMJ vor Augen“ und würde „gerne daran anknüpfen“. Linsler sei für ihn „immer ein geschätzter Gesprächspartner“ und habe ihm Unterfranken näher gebracht, und zwar „nicht nur über den Wein“.

Linsler antwortet: „ganz herzlichen Dank für die Gespräche, Anregungen und Offenheit für unsere Anliegen“.

„Nicht nur über den Wein“ -Mail des ehemaligen Leiters des Referats Unterhaltsrecht an den Sprecher des ISUV

Ein Sprecher teilt hierzu mit, der Ministerialrat sei seit Mai 2022 im Ruhestand und damit nicht mehr im Dienst für das Ressort. „Das Bundesministerium der Justiz ist generell um eine höfliche Kommunikation bemüht“. Zu „einzelnen Formulierungen“ bei der Kommunikation seiner Mitarbeiter nehme es keine Stellung.

In anderen Fällen scheinen die Mitarbeiter des Ministeriums die Vereine kaum einschätzen zu können: Am 20. Mai 2022 ist ein Treffen zwischen Minister Buschmann selbst und Vertretern des Väteraufbruchs Berlin-Brandenburg und des Vereins „Papa Mama auch“ geplant. 

Kurz zuvor bittet die Leiterin des Ministerbüros um Informationen zu den Geladenen. In der internen Einschätzung heißt es: Die Vereine seien bislang „sehr fordernd“ aufgetreten und„ausschließlich auf die Väterseite fixiert“. Generell gehe es immer darum, „vermeintliche Ungerechtigkeiten zu Lasten der Väter so schnell wie möglich abzustellen“. Von weiteren Treffen sei daher abgesehen worden.

Ausschnitt aus einer internen Einschätzung des Bundesjustizministeriums zu den Vereinen ”Väteraufbruch für Kinder“ und ”Papa Mama auch“
„Wechselmodell als ‚Unterhalts-Sparmodell'“ – interne Einschätzung aus dem Bundesjustizministerium zu den Vereinen Väteraufbruch und „Papa Mama auch“

Aus den Dokumenten geht nicht hervor, warum die Väterrechtler ab 2022 wieder eingeladen wurden. 

Neue Zeiten für Maskulinisten

Für die Männerrechtler scheinen mit dem Antritt des FDP-Ministers Buschmann neue Zeiten angebrochen zu sein: Das Bündnis „Genug Tränen“, das sich im Herbst 2022 mit seinem Brief zum „Leid der Trennungskinder“ an das Ministerium gewandt hatte, wurde am 19. Januar 2023 zu einem Gespräch eingeladen. 

Gerd Riedmeier vom FSI war dabei, Markus Witt für den Väteraufbruch – dem Referenten des auffälligen Workshops – und ein Mann, der auf seiner Facebook-Seite Posts der AfD sowie der rechtsradikalen Partei „Die Heimat“ teilt und vor einigen Jahren ein Bild von einem Zombie im Brautkleid postete und dazu schrieb: „Meine Exfrau“.

Direkt nach dem Treffen brüsten sich die Väterrechtler im Internet mit ihrem Termin: „Ein Dank gilt dem Bundesjustizministerium unter FDP-Minister Marco Buschmann, dass solche Gespräche nun möglich sind“, schreibt Witt, damals vom Väteraufbruch auf Facebook. „In 8 Jahren großer Koalitionen gab es so etwas leider nicht.“

Das Bundesministerium teilt dazu mit, „frauenverachtende und demokratiefeindliche Äußerungen“ würden dort „nicht geduldet“. Wenn das Ministerium „Vertreterinnen und Vertreter der Zivilgesellschaft zu einem Gespräch empfängt” bedeute dies nicht, „dass es sich deren Positionen zu eigen macht oder diese gutheißt.“ 

Beobachter gehen nicht davon aus, dass Buschmann persönlich den Maskulinisten nahe steht – wohl aber, dass er das heikle Thema Gewalt und Familienrecht lieber nicht anrührt; eine Familienpolitikerin spricht von einem „verminten Gelände“.

Das Netzwerk der Väterrechtler reicht nun zu reaktionären Kräften in ganz Europa, zu Gender-Gegnern, religiösen Fundamentalisten, Pro-Life-Aktivisten, und dank guter Lobbykontakte bis mitten in die deutsche Regierungspartei FDP.

Partei  Person  Verein/Stiftung  Vernetzung 

Über die Autorin

Wenn ein Thema sperrig und vertrackt erscheint, dann wird es für Gabriela Keller interessant. Denn oft verbergen sich in den Komplexitäten spannende Geschichten: Unlautere Geschäftspraktiken, Interessenkonflikte, wirtschaftliche Einflussnahme oder politische Fehlentwicklungen – solche Missstände erschließen sich meist nicht auf den ersten Blick. Es braucht Zeit und eine gute Portion journalistische Hartnäckigkeit, um dubiose Verstrickungen ans Licht zu bringen. Bei CORRECTIV kümmert sich Gabriela Keller seit November 2020 um Themen wie Parteienfinanzierung, Lobbyismus, fragwürdige Investoren in den Erneuerbaren Energien und Fehlentwicklungen im Gesundheitswesen.

Text und Recherche: Gabriela Keller Redigatur: Anette Dowideit, Miriam Lenz Design: Nina Bender Illustration: Mohamed Anwar Faktencheck: Annika Joeres Kommunikation: Luise Lange-Letellier

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Auf Bitte des Bundesministeriums für Justiz haben wir ergänzt, dass der Ministerialrat, aus dessen Mailwechsel mit dem ISUV-Sprecher Josef Linsler wir zitieren, seit vergangenem Jahr nicht mehr in dem Haus tätig ist. Der Ministerialrat war zunächst in der Bildunterschrift irrtümlich als Leiter des Referats Kindschaftsrecht angegeben. Es handelte sich um den Leiter des Referats Unterhaltsrecht. Wir haben den Fehler korrigiert. 

ISUV-Sprecher Linsler hat sich gegenüber CORRECTIV nach Veröffentlichung dieses Beitrags von den pädosexuellen Inhalten in einem Aufsatz in dem von ihm mit herausgegebenen Band „Missbrauch mit dem Missbrauch“ distanziert. CORRECTIV hatte Linsler und den ISUV rechtzeitig vorab konfrontiert und um Stellungnahme gebeten. Darauf hatten weder er noch der Verein reagiert. Die Stellungnahme haben wir deshalb  nachträglich ergänzt.