Hohe CO2-Preise retten das Klima
Ottmar Edenhofer ist Chef des Berliner Mercator-Instituts für Klimafolgenforschung. In seinem Gastbeitrag plädiert er dafür, CO2 mit hohen Preisen zu versehen. Mit dem Geld könnte weltweit die Armut bekämpft werden und die zerstörerische Kohle im Boden bleiben.
Aufgehalten werden kann der Klimawandel nicht mehr. Aber er kann noch gebremst werden. Ein möglicher Weg aus der Sackgasse der internationalen Klimapolitik kann die CO2-Bepreisung sein. Denn CO2-Preise bewirken dreierlei: Sie setzen Anreize für kohlendioxidfreie Technologien, sie bestrafen die Nutzung fossiler Energieträger und sie erzeugen Einnahmen.
Wenn wir das Zwei-Grad-Ziel mit hoher Wahrscheinlichkeit erreichen wollen, darf die Atmosphäre nur circa 800 Gigatonnen CO2 aufnehmen. Es lagern aber noch rund 15 000 Gigatonnen an CO2 in Form von fossilen Brennstoffen in der Erde. Mindestens 40 Prozent des Öls, 40 Prozent des Gases und vor allem 80 Prozent der andernfalls genutzten Kohle müssen also im Boden bleiben.
Doch noch immer setzen viele Länder auf die Nutzung der Kohle, die weltweit als Energielieferant spottbillig ist. Weltweit unterstützen die Staaten den Einsatz von Kohle, Öl und Gas mit 150 US-Dollar je Tonne CO2, wenn man alle sozialen Kosten – etwa Gesundheitsschäden – einrechnet. Die politischen und ökonomischen Herausforderungen sind also gewaltig.
In einem ersten Schritt wäre viel gewonnen, wenn die hohen Kohlesubventionen abgebaut würden. Das Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) konnte zeigen, was allein das bringen würde. Dann könnte in den nächsten 15 Jahren in 70 Staaten der Welt den Menschen universeller Zugang zu Trinkwasser, in 60 zu funktionierenden Sanitäranlagen und in 50 zu Elektrizität ermöglicht werden. Voraussetzung wäre, dass die Kohlesubventionen stattdessen in den Aufbau dieser Infrastrukturen gesteckt würden. Das wäre dann zugleich ein Programm zur Armutsbekämpfung.
Auch die Industriestaaten würden von einer CO2-Bepreisung profitieren. Hier sind es vor allem die Finanzminister, die ein Interesse daran haben müssten – selbst wenn sie sonst geringes Interesse an der Klimapolitik zeigen. Eine Gruppe von Republikanern hat Donald Trump die Einführung einer CO2-Steuer vorgeschlagen. Wenn der US-Präsident an die Grenzen der Finanzierung seines Infrastrukturprogramms kommt, könnte selbst er sich für eine CO2-Steuer erwärmen. Schließlich kann sie ähnlich wie die Öko-Steuer zur Senkung anderer Steuern genutzt werden, die etwa Arbeit oder Kapital belasten. Durch sie ließen sich auch Mittel beispielsweise zur Verbesserung des öffentlichen Verkehrssystems bereitstellen.
Ein geeignetes Forum, um die CO2-Bepreisung international voranzutreiben, wäre die Gruppe der 20 größten Wirtschaftsnationen (G20). Denn Klimaschutz ist schon lange kein reines Umweltthema mehr. Und das politische Momentum erscheint so günstig wie schon lange nicht mehr: Christine Lagarde, Chefin des Internationalen Währungsfonds IWF, hat sich für eine CO2-Steuer stark gemacht, ebenso der Präsident der Weltbank, Jim Yong Kim. Selbst im Finanzsektor schlägt Mark Carney, Chef der britischen Zentralbank, eine CO2-Bepreisung vor.
Vor allem aber: China – der größte Emittent von Treibhausgasen überhaupt – hat angekündigt, 2017 den weltweit größten Emissionshandel einzuführen. Gemeinsam mit Europa könnte die Volksrepublik den global größten Kohlenstoffmarkt schaffen. Damit wäre die Trendwende in der internationalen Klimapolitik dann nicht mehr umkehrbar.
Ottmar Edenhofer ist Direktor des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) sowie Chefökonom am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und Professor für Ökonomie des Klimawandels an der TU Berlin.