Mafia

Italienischer Anwalt und Blogger ermordet

Am Freitagnachmittag wurde der Anwalt und Blogger Mario Piccolino in Formia erschossen. Die Ermittler gehen davon aus, dass hinter seinem Mord die Mafia steht.

von Margherita Bettoni

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Dieser Eintrag wurde aus dem Italienischen übersetzt und basiert auf dem Artikel von Lorenzo Bagnoli für das Qcode Magazine

Mario Piccolino war Anwalt doch seit der Rente arbeitete der 71-jährige als Investigativjournalist. Er betrieb den Blog freevillage.it. Er wohnte seit Jahren in Formia, einer Stadt im Süden Latiums, zwei Autostunde von Rom entfernt.

Am 27. Mai, kurz nach 17 Uhr, hat jemand an die Tür von Piccolinos Büro geklingelt. Sein Assistent öffnete. „Ich kenne Sie nicht, ich weiß nicht, wer Sie sind“ – das waren die letzte Wörter Piccolinos, bevor der Besucher das Feuer öffnete. Mario Piccolino wurde am Mittwoch mit einem Kopfschuss umgebracht – von einem unmaskierten Mann. Die Anti-Mafia-Direktion aus Rom ermittelt nun über den Fall. Denn die Ermittler sind sich ziemlich sicher: Hinter dem Mord Piccolinos steckt die Camorra.

Auf seinem Blog denunzierte Piccolino oft die Camorra und berichtete über ihre Geschäfte im südlichen Latiums. Den Journalisten, die ihn interviewten, sagte er oft: „Wenn Sie mich umgebracht haben werden…“ – er war sich des Risikos seiner Arbeit bewusst.

Bereits 2009 hatte ein Mann versucht ihn umzubringen. Die Ermittler hatten damals Angelo Bardellino verdächtigt. Bardellino ist der Enkel Antonios, eines Camorra-Bosses des mächtigen Casalesi-Clans.

Seit den Achtizgerjahren ist das südliche Latium eine Hochburg der Camorra. Der Clan der Casalesi macht seine Geschäfte mit illegalen Wetten und Wettsalons. Seine Macht kommt von einem Unternehmen, dem 3G aus Neapel. Der Besitzer ist Renato Grasso – ein Mitglied des Iovine-Clans, das mit der Familie Bardellino befreundet ist. 2009 tauch der Name Grassaus im Rahmen der Polizei-Operation Hermes. Die Polizei ermittelte über illegale Wetten. Vor der Operation hatte Grasso bereits tausende von Spielautomaten in verschiedenen Gemeinden in Latium, in der Toskana, in der Lombardei, in Kalabrien, in Apulien in den Abruzzen und auf Sizilien installiert.

Angelo Bardellino war hingegen seit 2011 den Ermittlern bekannt – damals wurde er im Rahmen der Operation Formia Connection wegen Mitgliedschaft in einer mafiösen Vereinigung festgenommen. Er kam aber schnell wieder frei. Im Oktober 2013 hatten die Medien von seinem neuen Label berichtet, dem Roxyl Music Art&Show, mit Sitz im Bucarest. Das Label organisierte die Welttour von Elhaida Dani, die Gewinnerin des TV-Shows „The voice of Italy“.

In seinem Blog berichtete Piccolino über die Camorra und ihre Macht im Gebiet rund um Formia – auf Italienisch das Sud Pontino. 2010 hatte er einen Hungerstreik gestartet, um die Ermittler auf die Ausbreitung der Camorra in Formia aufmerksam zu machen.

2014 hatte der Stadtrat in Formia ein Gesetz entlassen, um die Eröffnung von Wettsalons besser zu reglementieren. Piccolino war unter den Bürger, die dieses Gesetz gefordert hatten.

Der Anti-Mafia Verein Antonio Caponetto schreibt: „Im Sud Pontino gibt es kein Staat“. Piccolino sagte es seit Jahren.