Roms Pate
Eine schwarze Kutsche, ein Regen aus roten Rosen und Musik aus „Der Pate“. Am Donnerstag fand die Beerdigung des Bosses Vittorio Casamonica statt. Sie wirft die Frage auf, wieso niemanden das verhinderte.
Sechs schwarze Rösser ziehen die goldverzierte Kutsche mit dem Sarg von Mafia-Boss Vittorio Casamonica. Trauernde Menschen strömen in die Don Bosco Kirche, am Rande von Rom während eine Blaskapelle das Titellied des Mafia-Filmes „Der Pate“ spielt.
Nach dem Gottesdienst das Highlight: Rote Rosenblätter fallen von einem Hubschrauber auf die Menschenmenge, die dem Sarg applaudiert — in einer letzten Hommage an den König von Rom – wie Freunde und Familie ihn nannten.
Casamonica, 65, gehörte dem gleichnamigen Mafia-Clan an, dessen Mitglieder unter anderem wegen Drogenhandels und Geldwäsche angeklagt worden waren. Er war eine der zentralen Figuren im Skandal um die Hauptstadtmafia. Mitglieder aus seinem Clan stehen momentan vor Bericht, sie werden beschuldigt, gemeinsam mit anderen Clans Lokalpolitiker und Beamten bestochen zu haben, um Bauaufträge zu bekommen.
Am Donnerstag wurde Casamonica beerdigt. In der Kirche hingen Bilder des Bosses, weiß gekleidet wie der Papst und zwei Plakate: „Vittorio Casamonica, König von Rom“ und „Du hast Rom erobert, nun wirst du das Paradies erobern“.
Die Reaktionen an die Beerdigung
Casamonicas Beerdigung löste in Italien eine politische Debatte aus. Rosy Bindi, Präsidentin der parlamentarischen Anti-Mafia-Kommission, bezeichnete den Fall als „alarmierend“.
Auch Anti-Mafia-Journalist Roberto Saviano kommentierte die Beerdigung auf Twitter: „Am 24. Dezember 2006 lehnte die Don Bosco Kirche die Beerdigung von Piergiorgio Welby ab. In dieser Kirche fand heute die Beerdigung des Bosses der Casamonica-Clan statt. Sein Sarg wurde von einer Blaskapelle mit Musik aus dem ,Pate‘ begleitet“, schrieb er.
Saviano zitiert den Fall Welby: Der Mann hatte 40 Jahren an einer zunehmenden Muskelschwäche gelitten. Seit 1997 lebte er nur durch künstliche Beatmung und hatte vergeblich vor Gericht um sein Recht auf Sterbehilfe gekämpft. 2006 schaltete ein Arzt die lebenserhaltenden Apparate ab. Daraufhin hatte die katholische Kirche eine religiöse Beisetzung für Welby abgelehnt.
Der Priester: „Ich würde es wieder machen“
Priester Giancarlo Manieri, der gestern die Beerdigung hielt, sagte heute dem italienischen Nachrichtensender SkyTg24: „Ob ich die Beerdigung wieder halten würde? Wahrscheinlich ja, Ich mache ja nur meine Arbeit.“ Zu der Frage, ob die Kirche Mafia-Angehörige exkommunizieren sollte, sagte er außerdem: „Man muss das die höheren Sphären fragen“.
Luciano Casamonica, der Neffe des Bosses, wendet sich an Innenminister Angelino Alfano: „Die Familie Casanova mag große Feiern. Herr Alfano, wir sind keine Mafiosi, wir sind keine schlechten Menschen. Nur Gott kann beurteilen, wenn jemanden stirbt – nicht die Politik“. In der Familie sei es schließlich Tradition, den Sarg von einer Kutsche fahren zu lassen.
Der Vorfall: Die Beerdigungen von Antonio Moccia und Lucky Luciano
Als 2012 Antonio Moccia, der Sohn des Mafia-Bosses Vincenzo Moccia starb, wollte seine Familie den Sarg von einer Kutsche mit Pferden tragen lassen. Damals hatte der Polizeidirektor von Roms Viertel Torre Bella Monica es verboten.
Doch in Italien ist eine Beerdigung wie die Casamonicas keine Ausnahme: Als 1962 der Mafia-Boss der italo-amerikanischen Cosa Nostra Lucky Luciano starb, wurde seinen Sarg in Neapel auch von einer Pferdekutsche getragen. Viele Menschen hatten den Sarg schweigend begleitet. 53 Jahren später scheint sich in Italien nicht viel geändert zu haben.