Neue Rechte

Krach in der AfD-Bundestagsfraktion über pro-russischen „Friedensplan“

Die AfD-Fraktion hat sich am Dienstag offenbar über dem Thema Russland entzweit: Ehrenmitglied Alexander Gauland wollte Ende dieser Woche im Bundestag einen „Friedensplan“ präsentieren, der die russischen Eroberungen in der Ukraine praktisch zementiert und die Krim Russland überlässt. Die Abstimmung dazu wurde nun vertagt.

von Marcus Bensmann

Alexander Gauland
Alexander Gauland, Ehrenvorsitzender der AfD, konnte sich mit seinem prorussischen „Friedensplan“ in der AfD-Bundestagsfraktion nicht durchsetzen Foto: Thomas Trutschel / picture alliance / photothek

Es gab heftigen Streit in der AfD-Fraktion, und dabei kamen offenbar harte Worte zum Einsatz: Nach Informationen von CORRECTIV sollen in der Fraktion am Dienstag Wendungen wie „hündische Unterwerfung“ oder „Speichelleckerei“ gefallen sein. Dabei hatte AfD-Ehrenvorsitzender Alexander Gauland seinen Namen unter den Antrag eines „Friedensplans“ gesetzt, den er offenbar am Freitag dem Bundestag vorstellen sollte.

Aber auch Gaulands politisches Gewicht verhinderte nach Informationen aus Fraktionskreisen nicht, dass die Abstimmung über diesen Plan in Folge des Streits vertagt wurde. Fraktionsintern wird das zumindest vorläufige Scheitern des so genannten „Friedensplans“ als Niederlage für die pro-russische Fraktions- und Parteiführung von Alice Weidel und Tino Chrupalla gesehen.

Der pro-russische Plan liegt CORRECTIV vor. Darin findet sich keine Verurteilung des russischen Angriffskrieges; stattdessen werden die Ukraine und Russland beide als „Kriegsparteien“ bezeichnet. In dem Plan ist von Aufklärung und Ahndung „mutmaßlich begangener Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht von beiden Kriegsparteien“ die Rede. 

Antragsteller und Fraktionsführung gingen offenbar bis Dienstag von einer Annahme des Plans aus. Die Zustimmung wird in dem Antrag empfohlen und ist mit grüner Farbe unterlegt.

Allerdings soll die pro-russische Ausrichtung des „Friedensplans“ für Aufregung unter einigen Abgeordneten gesorgt haben. Dieser sieht eine „unbefristete Feuerpause“ von mindestens 90 Tagen und eine „zeitnahe Entflechtung der beteiligten Truppen, um mindestens 30 Kilometer“ vor. „Feuerpause und Truppenentflechtung“ soll die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit (OSZE) überwachen. 

Vier ukrainische Provinzen unter UN-Protektorat

Die ukrainischen Provinzen Luhansk, Donezk, Saporischschja und Cherson sollen dem Plan zufolge zu UN-Protektoraten werden. Die russische Armee soll sich „schrittweise“ aus dem ukrainischen Staatsgebiet „auf den Stand vor dem 24. Februar 2022“ zurückziehen. Die militärische Unterstützung des Westens für die Ukraine soll „schrittweise“ reduziert sowie die Sanktionen gegen Russland „schrittweise“ aufgehoben werden. In den vier ukrainischen Provinzen sollten unter der Beobachtung der OSZE neue Referenden durchgeführt werden, um zu klären, ob diese zu Russland oder der Ukraine gehören.

Folgte man diesem Plan, würden die Gebietsgewinne Russlands wohl zementiert und die Ukraine wäre sogar gezwungen, die von Russland noch nicht eroberten Provinzhauptstädte Cherson und Saporischschja zu räumen, um sie dem UN-Protektorat zu unterstellen. Faktisch sieht der Plan also vor, den Konflikt einzufrieren.

Krim an Russland und USA keine „Garantiemacht“

Zudem soll die Krim als „integraler Bestandteil des Staatsgebiets der Russischen Föderation“ anerkannt werden. Die Ukraine soll eine „privilegierte EU-Partnerschaft“, aber keine Nato-Mitgliedschaft erhalten. „Garantie- und Schutzmächte für die Ukraine sollen die EU und die Türkei“ sein. Die USA sind dem AfD-Plan zufolge nicht als Schutzmacht vorgesehen.  

Auf der AfD-Fraktionssitzung sei auch der Vorschlag einer völkerrechtlichen Anerkennung von Russlands Krim-Annexion auf deutlichen Widerstand gestoßen. Die Entscheidung über den „Friedensplan“ ist in der AfD-Fraktion nun vorerst vertagt; dabei soll sich Gauland am Freitag im Bundestag schon einen Redeslot gesichert haben.  

Parteiintern wurde die bemerkenswerte Russland-Nähe der AfD-Führung schon früher kritisiert und deren Befürworter als „Moskowiter“ bezeichnet. 

Der Konflikt über die Positionierung der AfD zum russischen Krieg gegen die Ukraine schwelt schon seit Längerem. Auf den jüngsten Parteitagen hat sich das pro-russische Lager zwar vorübergehend durchgesetzt und wird von der Parteispitze um Alice Weidel und Tino Chrupalla unterstützt. Aber im Bundestag gibt es mehrere Abgeordnete, die sich klar auf der Seite der Ukraine positionieren. Die ehemalige AfD-Politikerin und Bundestagsabgeordnete Jona Cotar hatte im Dezember wegen der Russlandpolitik Fraktion und Partei verlassen.

AfD-Abgeordneter im russischen Radio

Der AfD-Bundestagsabgeordnete Eugen Schmidt ließ sich derweil von einem der schärfsten russischen Kriegspropagandisten, Wladimir Solowjow, nach dem Rücktritt von Christine Lambrecht als Bundesverteidigungsministerin interviewen. Schmidt, der nach CORRECTIV-Recherchen 2009 mit einem russischen Pass in Kasachstan einreiste, machte sich in Solowjows Sendung bei Radio Vesti FM „über Verteidigungsministerinnen in Röcken“ lustig und lässt sich von Solowjow als „Putinversteher“ feiern.