Spendengerichte

Justizgelder: NRW entscheidet sich für Transparenz

Die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf hat jetzt doch die Empfänger von 150 Millionen Euro Bußgeld-Spenden in NRW veröffentlicht. CORRECTIV hatte zuvor berichtet, wie NRW die Spendenlisten aus den Jahren 2014 bis 2016 geheim hielt.

von Dietmar Seher

Jetzt öffentlich: In welche Kassen verteilt die NRW-Justiz das Geld aus eingestellten Strafverfahren.© Collage von Ivo Mayr

Die Justiz in Nordrhein-Westfalen lenkt ein: die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf hat CORRECTIV mitgeteilt, welche Einrichtungen in den letzten drei Jahren von Richtern und Staatsanwälten in NRW Justizspenden erhielten. Es geht um 150 Millionen Euro aus Strafverfahren, die gegen die Zahlung einer Geldauflage eingestellt wurden. Damit bleiben unter den Bundesländern nur noch Baden-Württemberg und Thüringen, die die Spendenlisten nicht veröffentlichen.

Die Auswertung zeigt: der Anteil an den Spenden, den gemeinnützige Einrichtungen erhalten, ist rückläufig. Der Anteil der Staatskasse steigt.

In der Datenbank „Spendengerichte“ von CORRECTIV sind die Zuweisungen aus NRW in den Jahren 2014 bis 2016 ab sofort durchsuchbar. Auf NRW entfällt etwa die Hälfte aller Justizspenden in Deutschland. Bisher enthielt die Datenbank für NRW nur Daten bis 2013.

Im Januar hatte der zuständige Oberstaatsanwalt Jörg Landskrone eine Herausgabe der Spendenlisten noch abgelehnt. Er sei zur „Datensparsamkeit“ verpflichtet, argumentierte Landskrone. Damit unterschied sich Landskrone von seinem Vorgänger, der CORRECTIV die NRW-Justizspenden zwischen 2007 und 2013 mitgeteilt hatte.

Erst als CORRECTIV nach einer genaueren Begründung fragte und in der Zwischenzeit die Datenbank mit Spendenlisten aus anderen Bundesländern aktualisierte, übermittelte Oberstaatsanwalt Landskrone „nach erneuter Prüfung“ die Liste.

Auf über 600 Seiten reihen sich die Namen tausenden Empfängern auf, die zwischen 2014 und 2016 rund 150 Millionen Euro erhielten. Jeder kann einsehen, welche Vereine die Justiz seit 2007 förderte.

Die Bußgelder aus eingestellten Strafverfahren fließen entweder in die Staatskasse. Oder Richter und Staatsanwälte verteilen sie an private Organisationen wie zum Beispiel Opferhilfen oder Sportvereine. Die Praxis steht wegen mangelnder Transparenz schon länger in der Kritik.

Wir machen die Empfänger der „Spendengerichte“ öffentlich. In unserer Datenbank könnt Ihr nachschlagen, welche Vereine von Gerichten und Staatsanwaltschaften in ganz Deutschland seit 2007 begünstigt wurden.

Denn es ist nicht bekannt, welcher Richter an welchen Verein spendet. Daher kann es zu Vetternwirtschaft kommen. So in München: 2014 spendeten dort Richter an einen Verein, der Ausgrabungen in Ägypten unterstützte. Unter den Vereinsvorständen fanden sich auch Richter. Die Empfänger müssen der Justiz auch nicht nachweisen, wofür sie die Gelder ausgeben – anders als bei anderen Formen staatlicher Förderung.

Das einzige Kriterium für die Richter ist, dass die Empfänger gemeinnützig sein müssen. Während der überwiegende Teil der Gelder an wohltätige Vereine oder Täter-Opfer-Hilfen geht, gibt es auch immer wieder kuriose Spenden. Zum Beispiel an Tennisvereine oder Jazz-Clubs.

Die gemeinnützigen Vereine in NRW haben in den vergangenen Jahren immer weniger Spenden erhalten. Von 25 Millionen Euro im Jahr 2014 sank der Betrag auf 18 Millionen Euro 2016. Knapp zwei Drittel der Spenden gingen zuletzt in die Staatskasse. Das liegt vor allem an den Staatsanwaltschaften, die mehr zu verteilen haben als die Richter.