Fünf Millionen Euro für die Champions League
Weit mehr als fünf Millionen Euro bezahlen die Berliner Steuerzahler, damit das Finale der Champions League in diesem Jahr in die Hauptstadt kommt. Berlin muss damit deutlich mehr bezahlen als München für das Finale vor drei Jahren. Die UEFA hat massive Forderungen an die Gastgeber. Allein die Celebration Party, ein Buffet für Promis und Funktionäre aus aller Welt, kostet den Steuerzahler mehr als 150.000 Euro.
[Zuletzt aktualisiert: 5. Juni 2015]
Das Champions League Finale findet ohne deutsche Mannschaft statt – die Party bezahlen trotzdem die Berliner Steuerzahler. Mindestens 5,2 Millionen Euro lässt sich Berlin das Finale am 6. Juni kosten, teilt der Berliner Senat auf Anfrage von CORRECTIV mit. Der europäische Fußballverband Uefa verpflichtet Berlin zu einer Reihe von Veranstaltungen.
Selber verdient die Uefa hunderte Millionen Euro mit der Champions League. In der letzten Saison brachte allein die Champions League und die Superpokal Wettbewerbe der Uefa einen Gewinn von 137 Millionen Gewinn ein, verrät ein Blick in den Finanzbericht.
Der Pariser Platz und die Straße des 17. Juni werden der Uefa und ihren Sponsoren für eine Fanmeile kostenfrei überlassen, obwohl das eigentlich Spiel dort gar nicht gezeigt wird. Es sollen sich allein die Sponsoren prominent in der Hauptstadt präsentieren können. Der Alexanderplatz und der Breitscheidplatz werden für die Fans der beiden Finalteams reserviert, ebenfalls kostenfrei. Derzeit wird allerdings diskutiert, ob die Sicherheitsbestimmungen an den Fan-Sammelorten ausreichen. Die Feste könnten abgesagt werden, berichtet die Berliner Morgenpost.
Für weitere Events muss Berlin noch draufzahlen: Im April nahm Bürgermeister Michael Müller den Pokal in Empfang. Die Zeremonie im roten Rathaus kostete knapp 17.000 Euro, teilt der Senat auf Anfrage mit.
Die Promis lassen sich ihre Party von den Bürgern finanzieren
Am Abend vor dem Herren-Finale schmeißt die Uefa eine „Celebration Party“. Eine Feier für über 500 geladene Gäste. Angekündigt sind Uefa-Präsident Michel Platini, Vertreter der Finalisten, Sponsoren und Berliner Politiker. Insgesamt viele Fußballfunktionäre, schreibt die Uefa auf Anfrage. Das dreistündige Fest für die Ehrengäste kostet die Berliner Steuerzahler dem Senat zufolge 154.000 Euro. Das Geld fließt unter anderem in die Raummiete und das Catering, schreibt der Senat. Der Veranstaltungsort unterliege vertraulichen Vereinbarungen. Schon im vergangenen Frühjahr verriet Staatssekretär Andreas Stachowski jedoch, dass die Veranstaltung in der Abflughalle des ehemaligen Flughafens Tempelhof stattfinden soll. Zur „Celebration Party“ würden über 500 Gäste aus Politik, Kultur und anderen Bereichen erwartet.
Pro Person kostet die Party damit über 300 Euro. Für einen solchen Betrag können die Ehrengäste fürstlich essen. „In Berlin werden sich kaum Leute ein Essen für einen solchen Preis leisten können“, sagt Alexander Kraus vom Bund Deutscher Steuerzahler. Er verweist auf die „üblichen Betriebsausgaben“, die der Staat einem Unternehmen empfiehlt. Diese liegt deutlich darunter bei 110 Euro.
Weitere Forderungen der Uefa: Die Stadien müssen speziell hergerichtet werden. Neue Rasenflächen werden verlegt. Die Beleuchtungsanlagen rund ums Stadion werden erneuert. Weil die Frauen nicht im Olympiastadion spielen, muss zudem der Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark komplett überarbeitet werden. Auch außerhalb der Stadien muss Berlin investieren. In der Stadt werden Flächen für Werbebotschaften der Uefa bereitgestellt. Der Flughafen Schönefeld wird rund um die Finalspiele nur eingeschränkt nutzbar sein, schreibt der Senat auf Anfrage.
Zu den bislang kalkulierten 5,2 Millionen Euro werden wohl noch einige hunderttausend Euro hinzukommen. Wie viel beispielsweise die zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen kosten werden, ist noch nicht bekannt. Vor drei Jahren in München kostete allein dieser Posten 350.000 Euro. Insgesamt musste München damals deutlich weniger Steuergeld ausgeben. Es kostete nur etwa eine Million Euro, die Stadien herzurichten, berichteten damals die Süddeutsche Zeitung und die Welt.
Ausnahmezustand am Flughafen Schönefeld
Besonders der Transport der Fangruppen wird für die Berliner Polizei eine Herausforderung. Bei zwei ausländischen Teams – Barcelona und Turin – wird ein Großteil der Fans zum Finale fliegen. Ein „Worst-Case-Szenario“ für die Berliner Polizei. Im Februar äußerte sich die Polizei im Berliner Innenausschuss. „Sollten tatsächlich zwei ausländische Teams im Finale stehen, muss mit einer Anreise von ca. 9.000 Fans pro Fanlager über den Luftweg gerechnet werden.“
Mehr als zehn Jahre hat Berlin versucht, das Finale der Champions League nach Berlin zu holen. Im Paket gab es direkt das Finale der Frauen dazu, was bereits am 14. Mai ausgespielt wurde. Aus Angst vor leeren Rängen mussten die Frauen in den Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark umziehen. Fluchtwege, Brandschutz und Kabinen wurden saniert. Über 2 Millionen Euro kostete der Umbau Berlin. Die Investition braucht wenig für das Image des Frauensports, meint Gabrielle Hiller (Linke): „Ich glaube nicht, dass das Berlin dazu beitragen hat den Frauenfußball in Berlin zu stärken. Die Wirksamkeit über den Tag hinaus war nicht zu erkennen.“
Was bringt das Großsportereignis der Stadt? Mit welchen Einnahmen kalkuliert das Land Berlin?
„Das Engagement ist kaum in Euro umzurechen“, sagte Björn Eggert (SPD) bei einer öffentlichen Sitzung des Berliner Sportausschusses im vergangen Jahr. Das Land Berlin kalkuliert keine Summe für die Einnahmen. Als feste Einnahmen eingeplant werden, können nur die Mieteinnahmen für das Olympiastadion und den Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark, die von der Uefa gezahlt werden, schreibt der Berliner Senat auf Anfrage.
Die rot-schwarzen Landesregierung hofft auf einen Imagegewinn für die Hauptstadt und eine steigende Kaufkraft in den Tagen davor und danach. Das sind bekannte Argumente. Die Opposition fragt sich, wie groß der Marketingeffekt für Berlin ist. „Meine Vorstellung vom Umgang mit öffentlichen Mitteln ist, ich muss eine sehr klare Abwägung zwischen den Investitionen und dem Nutzen haben“, sagt Anja Schillhaneck (Grüne). Selbst als Abgeordnete würde vor vollendete Tatsachen gestellt. Wenn zur Hauptsendezeit im Fernsehen das Olympiastadion gezeigt werden würde, ist „das nur ein Sportstadion.“ Das Motiv sei austauschbar und kein Werbefilm für Berlin.
Neben unserer Anfrage an den Berliner Senat auf Grundlage des Berliner Landespressegesetzes und des Informationsfreiheitsgesetzes des Landes fanden wir diese Quellen besonders interessant:
- Protokoll 58. Sitzung im Berliner Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung
- Protokoll 37. Sitzung im Berliner Ausschuss für Sport
- Schriftliche Anfrage LINKE zu den UEFA-Champions-League-Finalspielen
- Finanzbericht der Uefa zur Saison 2013/2014
Diese Geschichte ist im Rahmen der Initiative #FragAmFreitag enstanden. Jeden Freitag fragen wir bei CORRECTIV auf Basis unserer Auskunftsrechte bei Behörden Informationen oder Dokumente ab. In diesem Fall musste der Berliner Senat unsere Anfragen beantworten, da für das Finale der Champions League Steuergelder aufgewendet werden. Mit Hilfe der Auskunftsrechte können Journalisten und Bürger für mehr Transparenz sorgen und Misstände aufdecken. Mehr Infos zu den Auskunftsrechten vermitteln wir in Workshops (bald in Heilbronn), in unserem eBook und auf der Plattform unseres Kooperationspartners fragdenstaat.de. Mach mit und teile Deine Anfrage bei Twitter mit dem Hashtag #FragAmFreitag!
Redaktion: Daniel Drepper