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Ja, die Bundesregierung hält Informationen über Reisewege von Geflüchteten unter Verschluss

Die „Junge Freiheit“ schreibt, die Bundesregierung habe die Ergebnisse einer Befragung zu Einreiserouten von Geflüchteten zur geheimen Verschlußsache erklärt. Über die Gründe für die Geheimhaltung wird im Netz spekuliert. Wir haben die Behauptungen geprüft.

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Ein Artikel der Seite „Junge Freiheit“ vom 15. Mai 2019. (Screenshot: CORRECTIV)

In diesem Faktencheck geht es um folgende Behauptung:

  • Zahlen aus der Reisewegbefragung von Flüchtlingen seien von der Bundesregierung zur Verschlußsache erklärt worden. 

Das Ergebnis unseres Faktenchecks:

Die Behauptung ist: Richtig

Worum geht es?

Die „Junge Freiheit“ schreibt, die Bundesregierung habe die Ergebnisse einer Befragung zu Einreiserouten von Geflüchteten zur geheimen Verschlußsache erklärt. Über die Gründe für die Geheimhaltung wird im Netz spekuliert. 

Was stimmt?

Ein Abgeordneter der AfD-Fraktion im Bundestag stellte 2018 und 2019 Kleine Anfragen an die Bundesregierung zur Reisewegbefragung von Asylbewerbern. Darin ging es unter anderem um das für die Einreise nach Deutschland genutzte Verkehrsmittel.

Aus der Antwort der Bundesregierung auf die 2018 gestellte Kleine Anfrage der AfD-Fraktion geht hervor, dass im Jahr 2017 exakt 6.183 Asylantragsteller mit dem Flugzeug eingereist seien. In der Antwort der Bundesregierung  auf die 2019 gestellte Anfrage steht nur, dass im Jahr 2018 „insgesamt rund 19 000 Asylerstantragsteller ab 14 Jahren detailliert zu ihrem Reiseweg befragt“ wurden. Die Frage nach der Einreiseart für den Zeitraum 2018 beantwortete die Bundesregierung„aus Geheimhaltungsgründen“ nicht öffentlich.

Teile der Antwort wurden laut der Antwort als Verschlusssache mit dem Geheimhaltungsgrad „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft. Damit kann der Fragesteller die Auskünfte nur persönlich einsehen – weitergegeben und veröffentlicht werden dürfen sie nicht. 

Auf unsere Presseanfrage, welche Änderungen sich zwischenzeitlich ergeben haben, die die Einstufung als Verschlußsache für die aktuelleren Daten legitimieren, hat das zuständige Bundesinnenministerium bis Redaktionsschluss nicht geantwortet.

Die Bundesregierung begründet die Nichtveröffentlichung in der Antwort auf die Kleine Anfrage 2018 mit dem Hinweis, die erhobenen Daten seien nicht repräsentativ, da nur „ausgewählte Schutzsuchende“ befragt würden. Deshalb dürften sie „nicht verallgemeinernd auf die Gesamtheit der Schutzsuchenden bezogen werden“.

Zudem sei die Zugriffseinschränkung „im vorliegenden Fall im Hinblick auf das Staatswohl erforderlich“, da aus diesen Auswertungen Schlussfolgerungen gezogen werden könnten, die „Einfluss auf die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland“ haben und die Daten „als Grundlage für die Berichterstattung sicherheitsrelevanter Frühwarnsysteme genutzt“ würden.

Unsere Presseanfragen, welche konkreten Schlussfolgerungen gemeint seien und um welche Frühwarnsysteme es sich handele, ließen der Bundestag und das Bundesinnenministerium ebenfalls unbeantwortet.

Die als „Nur für den Dienstgebrauch“ deklarierten Informationen werden nach Angaben der Bundesregierung  bei der persönlichen Anhörung von Asylantragstellern verwendet. In diesem nicht öffentlichen Termin schilderten diese ihren „Reiseweg und ihr eigenes Verfolgungsschicksal“. Damit wolle die Behörde tiefere Erkenntnisse über die individuellen Fluchtgründe erfahren und gegebenenfalls Widersprüche aufklären. So entscheidet sie letztendlich über Annahme oder Ablehnung des Asylantrags.

Fazit:

Ja, die Bundesregierung hält Informationen über Reisewege von Geflüchteten unter Verschluss. Die genauen Beweggründe für die Einstufung sind unklar. Auf unsere Presseanfrage hat die Bundesregierung bisher keine ergänzenden Details genannt.

Von Matthias Schaar, Mitglied der Checkjetzt-Redaktion