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31.000 Wissenschaftler gegen den menschengemachten Klimawandel? Diese Petition hat viele Schwächen

In einem Artikel wird behauptet, mehr als 31.000 Wissenschaftler hätten eine Petition unterzeichnet, mit der der menschengemachten Klimaerwärmung widersprochen werde. Doch nur 39 der Unterzeichner sind Klimatologen. Wir haben die Hintergründe geprüft.

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Wissenschaftler schauen durch ein Mikroskop. Nicht alle haben Ahnung vom Klimawandel. (Symbolbild: FotoshopTofs / pixabay)

In diesem Faktencheck geht es um folgendes:

Am 17. Januar 2018 veröffentlichte die Webseite Epoch Times einen Artikel mit drei Behauptungen: 

  • Mehr als 31.000 Wissenschaftler sollen eine Petition unterzeichnet haben, welche die menschengemachte Klimaerwärmung als eine falsche These bezeichnet.
  • Der Petition ist ein kurzes Schreiben beigefügt. Dessen Autor Frederick Seitz sei Präsident der U.S. National Academy of Sciences.
  • Die Begleitforschung zur Petition widerlege den „Mythos“, dass hohe Mengen an CO2 zur Klimaerwärmung beitragen.

Laut dem Analysetool Crowd-Tangle wurde der Beitrag mehr als 10.000 Mal auf Facebook geteilt. 

Das Ergebnis unseres Faktenchecks:

Die Behauptungen sind: Größtenteils falsch. 

Behauptung 1:

  • Mehr als 31.000 Wissenschaftler sollen eine Petition unterzeichnet haben, welche die menschengemachte Klimaerwärmung als eine falsche These bezeichnet.

Was stimmt?

Die Petition ist auch besser bekannt als Oregon-Petition, benannt nach dem Oregon Institute of Science and Medicine (OISM). Dessen Gründer und langjähriger Chef ist Arthur B. Robinson, der die Petition gestartet hat. 

Die ungeheure Menge von 31.000 Unterschriften macht Eindruck. Die Webseite hat die Namen veröffentlicht.. Auf der Webseite der Petition, ist tatsächlich eine lange Liste von mehr als 31.000 Namen veröffentlicht. 

Die Webseite der Petition. (Screenshot: CORRECTIV)

Wie kommt diese Masse an Unterschriften zustande? Petitionproject.org nennt lediglich eine Voraussetzung, um an der Petition teilzunehmen: Die Unterzeichner müssen nach eigenen Angaben in einem „angemessenen“ („appropriate“) wissenschaftlichen Bereich einen formellen Abschluss haben, also mindestens einen Bachelor of Science. 

Epoch Times spricht hier nur von Wissenschaftlern, nennt aber keine Fachgebiete.

Aber reichen allgemeine naturwissenschaftliche „Kenntnisse der Grundlagenforschung“ und „ein Verständnis der wissenschaftlichen Methode“ aus, wenn es um ein komplett anderes Fachgebiet geht? So argumentieren zumindest die Macher der Petition. 

Wir haben dazu Klimaexperten angefragt. Eine Anfrage ging an das Deutsche Klima Konsortium (DKK), einen Verband von 24 Instituten zur Klimaforschung. 

Deren Geschäftsführung und Vorstand widersprechen der Annahme der Oregon-Petition: 

„Klimaforscher sind Experten auf ihrem Gebiet, aber sie sind natürlich Laien in anderen Naturwissenschaften, sagen wir Astrophysik, Mineralogie oder Humanbiologie. Vermutlich kann ein Klimawissenschaftler Erkenntnisse aus diesen Wissenschaftsbereichen leichter nachvollziehen, weil er eine naturwissenschaftliche Ausbildung hat. Aber um zum Beispiel die jahrzehntelangen Forschungsergebnisse der Astrophysik als falsch zu kritisieren, müsste sich der Klimaforscher in den Wissensstand einarbeiten und für die behauptete Lücke oder den Widerspruch Belege liefern. Einfach zu meinen, es könne so nicht sein, reicht nicht. Wissenschaft basiert auf Fakten, nicht auf Meinungen oder Glauben.“

Die Antwort des Deutschen Klima-Konsortiums per E-Mail an CORRECTIV. (Screenshot: CORRECTIV)

Auf der Webseite der Petition gibt es genauere Angaben zum Hintergrund der Unterzeichner. Von den 31.000 Wissenschaftlern haben lediglich 9.000 einen Doktortitel, was Epoch Times im Artikel korrekt betont. Die Auflistung nach Fachgebieten zeigt uns, dass die meisten Unterzeichner ein fachfremdes Gebiet studiert haben. Von 31.000 Unterschriften sind nach eigenen Angaben lediglich 39 von Klimawissenschaftlern, das macht 0,1 % der gesamten Petition. Diese geringe Anzahl von Experten steht auch auf der Webseite unter Qualifications of Signers

Auf der Webseite der Petition wird genannt, welchen Hintergrund die Unterzeichner haben. Nur 39 sind Klimatologen. (Screenshot: CORRECTIV)

Epoch Times benennt diese Schwäche der Liste sehr versteckt: Die Petition werde von „verschiedenen Wissenschaftlern mit einem breiten Spektrum an Fachkenntnissen unterstützt“. Von tatsächlichen Experten ist hier also keine Rede. Selbst die Begründer der Petition, Arthur B. Robinson und Noah E. Robinson, sind keine Experten zum Klima. Beide sind promovierte Chemiker

Kritiker der Petitionsliste bemängeln, dass die Namen der Unterzeichner nur schwer überprüfbar sind. Denn auf der Webseite wird nur der Name genannt, maximal noch der Zusatz PhD (Doktor). Um die Namen zu überprüfen, müsste man jede Datenbank aller Universitäten der USA nach Namen durchsuchen, und dies 31.000 Mal. 

Dieser Umstand macht die Petitionsliste anfällig für Fälschungen. Es gibt Berichte, nach denen zeitweise der 1882 verstorbene Charles Darwin und mehrere fiktive Charaktere aus Fernsehserien auf der Petitionsliste standen. In den FAQs bestätigen die Macher der Petition zumindest einen gefälschten Eintrag. 

Behauptung 2:

  • Der Petition ist ein kurzes Schreiben beigefügt. Dessen Autor Frederick Seitz sei Präsident der U.S. National Academy of Sciences.

Was stimmt? 

Gemeinsam mit der Petition wird ein Brief von Frederick Seitz verbreitet. Die Petition nennt Seitz als ehemaligen Präsidenten der National Academy of Sciences (NAS).

Auszug von der Webseite der Petition. (Screenshot: CORRECTIV)

Auf der NAS-Webseite finden wir heraus, dass Seitz nur bis zum Jahr 1969 Präsident der NAS war. 

Auszug von der Webseite der National Academy of Sciences. (Screenshot: CORRECTIV)

Danach wurde Seitz unter anderem als Lobbyist für den Tabakkonzern R. J. Reynolds Industries bekannt. 

Behauptung 3:

  • Die Begleitforschung zur Petition widerlege den „Mythos“, dass hohe Mengen an CO2 zur Klimaerwärmung beitragen.

Was stimmt?

Der Petition ist der 12-seitige Beitrag Environmental Effects of Increased Atmospheric Carbon Dioxide angefügt. Darin sollen die negativen Effekte von erhöhten CO2-Werten wissenschaftlich widerlegt werden. Zwei der drei Autoren dieses Beitrages sind die bereits genannten Begründer der Petition, Arthur B. Robinson und Noah E. Robinson. Wie erwähnt sind sie keine Experten der Klimawissenschaft, sondern Chemiker. 

Der Beitrag wurde im Jahr 2007 in einer fachfremden Zeitschrift für Ärzte und Chirurgen veröffentlicht. In den FAQs zur Petition wird dies bestätigt. Laut einem Bericht der New York Times war dieses Journal of American Physicians and Surgeons mehrfach ein Initiator von konservativen Protesten.  

Arthur B. Robinson, Mitbegründer der Petition und und des Oregon-Instituts, ist bereits lange politisch aktiv und bewirbt sich für den den U.S. Congress 2020. Er tritt für die Republikaner an. 

Öffentliche Kritik der National Academy of Sciences an dem Begleitschreiben

Der Rat der National Academy of Sciences (NAS) kritisiert die Petition öffentlich auf ihrer Webseite. Dafür gibt es zwei Gründe. Das wissenschaftliche Schreiben, welches der Petition beiliegt, hat ein fast identisches Format wie Veröffentlichungen der NAS. Da auch der Name des ehemaligen Präsidenten Frederick Seitz in der Petition benutzt wird, wird der Anschein geweckt, die NAS unterstütze diese Petition. Dem widerspricht der gesamte Rat der NAS. Weiter wird betont, dass die Experten der NAS auch den Aussagen der Petition entschlossen widersprechen.

Auszug von der Webseite der National Academy of Sciences. In dem Text wird die Petition kritisiert. (Screenshot: CORRECTIV)

Die relevanten Komitees der NAS, sowie die National Academy of Engineering (NAE) und das Institute of Medicine (IOM) seien bereits zu einer großen Übereinkunft gekommen, was die Gefahren der Klimaerwärmung anbelangt. Dieses Schreiben wurde schon 1991 als Policy Implications of Greenhouse Warming veröffentlicht. 

Fazit

Zwar stehen mehr als 31.000 Personen auf der Petitionsliste, diese haben jedoch ganz unterschiedliche Qualifikationen. Die Namen auf der Liste sind zudem nur schwer auf ihre Echtheit prüfbar. Nach eigenen Angaben der Unterzeichner haben 9.000 einen Doktortitel, und nur 39 von 31.000 Unterzeichnern sind Klimawissenschaftler. Die Behauptung ist somit teilweise falsch. 

Das Schreiben, das der Petition beigefügt ist, stammt zwar von Frederick Seitz, dieser war jedoch nur kurz Präsident der National Academy of Sciences und ist heute Lobbyist. Die Behauptung ist somit falsch. 

Die Begleitforschung zur Petition widerlegt zudem nicht, dass hohe Mengen an CO2 zur Klimaerwärmung beitragen. Dem beigefügten wissenschaftlichen Manuskript und dessen Aussagen widersprechen die gesamte Führung der National Academy of Sciences und weitere wissenschaftliche Akademien. Hinter der Petition stecken zwei Chemiker, von denen einer bei den US-Kongresswahlen 2020 für die Republikaner antritt, und ein Lobbyist. Die Behauptung ist also falsch. 

Von Micha Nelkner, Mitglied der Checkjetzt-Redaktion