Faktencheck

Tino Brandt: Ja, der ehemalige V-Mann aus der Neonazi-Szene hat das Gefängnis verlassen

In mehreren Artikeln wird behauptet, der als Neonazi und ehemaliger V-Mann bekannte gewordene Tino Brandt sei aus der Haft entlassen worden. Tatsächlich hat Brandt eine rechtskräftige Haftstrafe verbüßt und ist seit Januar 2020 auf freiem Fuß.

von Lea Weinmann

Tino Brandt
Tino Brandt beim Prozess wegen Versicherungsbetrugs vor dem Landgericht Gera im August 2018. (Foto: dpa-picture alliance / Bodo Schackow)
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Richtig. Tino Brandt hat seine Haftstrafe wegen Versicherungsbetrugs verbüßt und wurde aus dem Gefängnis entlassen. Gegen ein weiteres Urteil wegen Kindesmissbrauchs läuft ein Revisionsverfahren.

Tino Brandt, der vor wenigen Jahren als Neonazi und enttarnter V-Mann des Thüringer Verfassungsschutzes Schlagzeilen machte, wurde im Jahr 2014 vom Landgericht Gera wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen schuldig gesprochen. Im August 2019 verurteilte ihn dasselbe Landgericht außerdem wegen gewerbsmäßigen Betrugs. Nach Angaben des Landgerichts gegenüber CORRECTIV wurde Brandt damals wegen beider Vergehen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten verurteilt.

Nun kursiert die Behauptung, Brandt sei aus der Haft entlassen worden. Nach CORRECTIV-Recherchen ist er seit dem 16. Januar 2020 auf freiem Fuß, weil er seine Haftstrafe wegen Versicherungsbetrugs abgesessen hat. Das zweite Urteil wegen Missbrauchs ist bisher nicht rechtskräftig.

Linken-Politikerin schreibt auf Twitter: Brandt sei „aus dem Gefängnis raus“

Sowohl die Webseite Junge Welt als auch das Portal MZW-News berichteten am 26. Februar, Tino Brandt habe das Gefängnis verlassen. Der Artikel auf Junge Welt verweist als Quelle auf Twitter-Beiträge der Thüringer Landtagsabgeordneten Katharina König-Preuss (Linke) vom 25. und 26. Februar. Darin behauptet die Politikerin, der ehemalige V-Mann sei „aus dem Gefängnis raus“.

Die Thüringer Landtagsabgeordnete Katharina König-Preuss (Linke) schrieb am 26. Februar, Tino Brandt sei „aus dem Gefängnis raus“. (Quelle: Twitter, Screenshot: CORRECTIV)
Die Thüringer Landtagsabgeordnete Katharina König-Preuss (Linke) schrieb am 26. Februar, Tino Brandt sei „aus dem Gefängnis raus“. (Quelle: Twitter, Screenshot: CORRECTIV)

Brandt wurde laut Justizministerium am 16. Januar entlassen

Das Thüringer Justizministerium bestätigte diese Meldung am 28. Februar auf Anfrage von CORRECTIV per E-Mail. Demnach wurde Brandt am 16. Januar 2020 „nach Vollverbüßung einer rechtskräftig gegen ihn verhängten Strafe aus der Haft entlassen“, schreibt ein Sprecher des Ministeriums.

Die E-Mail der Pressestelle des Justizministeriums Thüringen vom 28. Februar. (Screenshot: CORRECTIV)
Die E-Mail der Pressestelle des Justizministeriums Thüringen vom 28. Februar. (Screenshot: CORRECTIV)

Gegen das Urteil wegen Kindesmissbrauchs wurde Revision eingelegt

Das Landgericht Gera in Thüringen hatte in beiden Gerichtsverfahren gegen Brandt (sexueller Missbrauch von Kindern und Jugendlichen sowie gewerbsmäßiger Betrug) das Urteil gesprochen und ihn zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten verurteilt, bestätigt das Gericht uns per E-Mail. Eine Gerichtssprecherin teilt auf Anfrage von CORRECTIV zudem mit, dass Brandts Strafhaft aus dem Verfahren wegen Versicherungsbetrugs am 21.Januar 2020 offiziell abgelaufen sei.

Die E-Mail des Landgerichts Gera an CORRECTIV. (Screenshot: CORRECTIV)
Die E-Mail des Landgerichts Gera an CORRECTIV. (Screenshot: CORRECTIV)

Wie die Sprecherin weiter mitteilt, sei gegen das Urteil wegen Kindesmissbrauchs Revision eingelegt worden. Am Telefon konkretisiert sie gegenüber CORRECTIV: „Damit ist dieses Urteil nicht rechtskräftig.“ 

Brandt muss also momentan keine Haftstrafe wegen Kindesmissbrauchs verbüßen. Das Revisionsverfahren liege aktuell beim Bundesgerichtshof, ergänzt die Gerichtssprecherin am Telefon.