Nein, die US-Wahl wurde nicht offiziell für ungültig erklärt
Auf Facebook verbreitet sich die Behauptung, der Vorsitzende einer US-Wahlbehörde, Trey Trainor, habe die US-Präsidentschaftswahl für ungültig erklärt und Joe Biden sei von seinem Sieg zurückgerudert. Doch Trainor ist gar nicht bemächtigt, eine solche Entscheidung zu treffen. Biden hält zudem an seinem Sieg fest.
In einem Beitrag auf Facebook heißt es: „Liebe Freunde, jetzt ist es amtlich: Die US-Wahl ist UNGÜLTIG! Der Chef der US-Wahlbehörde FEC (Federal Election Commission) Trey Trainor hat die amerikanische Wahl vom 3. November 2020 offiziell für ungültig erklärt!“ Und weiter: „Alle gültigen Stimmen sind ausgezählt, ungültige nicht – Wahlbetrug der Demokraten durch Nachzählungen bewiesen – landesweiter Wahlsieg für D.J. Trump – J. Biden rudert zurück“. Der Beitrag wird seit Ende November auf Facebook verbreitet und wurde mehrere hundert Mal geteilt. Dazu wurde das Foto einer Zeitung gepostet. In der Schlagzeile heißt es aus dem Englischen übersetzt: „Der Skandal des Jahrhunderts. Wie die Wahl gestohlen wurde.“
Recherchen von CORRECTIV zeigen: Es gab tatsächlich ein Interview mit Trainor, in dem er Behauptungen über angeblichen Wahlbetrug verbreitete und daraus den Schluss zog, die Wahl sei „ungültig“. Doch die US-Wahl ist damit nicht offiziell für ungültig erklärt worden. Trainor wäre dazu gar nicht bemächtigt. Und Joe Biden ist auch nicht von seinem Wahlsieg abgerückt.
Seit der Präsidentschaftswahl am 3. November verbreiten Donald Trump und seine Anhänger das Narrativ eines angeblichen Wahlbetrugs und versuchen, gegen den Wahlsieg Joe Bidens gerichtlich vorzugehen. Doch Gerichte wiesen bisher alle Klagen zurück, und Behörden widersprechen den Vorwürfen. Für die Behauptungen über angeblichen Wahlbetrug gibt es keine Belege, wir haben bereits mehrere Faktenchecks dazu veröffentlicht (zum Beispiel hier, hier oder hier).
Trey Trainor war jahrelang als Anwalt für die Republikaner tätig
Trey Trainor, mit vollständigem Namen James E. „Trey“ Trainor III, war jahrelang als Anwalt tätig, zudem als Berater für die texanische Regierung. Er vertrat die Republikanische Partei von Texas als Anwalt bei zwei Präsidentschaftskampagnen und saß im Beirat der Wahlhilfekommission (Election Assistance Commission). Zudem arbeitete er 2016 als Anwalt für Trumps Wahlkampagne und war während der ersten Monate von Trumps Präsidentschaft im Verteidigungsministerium tätig.
Im Mai 2020 bestätigte der Senat Trainor als Vorsitzenden der Federal Election Commission (FEC), nachdem er von Donald Trump bereits 2017 nominiert worden war, wie die Washington Post berichtet. Der Zeitung zufolge zog sich die Bestätigung durch den Senat so lange hin, weil Beiträge Trainors in Sozialen Netzwerken Fragen aufgeworfen hatten und die Senatsführung die Ernennung mehrerer Kommissare blockiert habe, darunter auch Trainors. Auch Transparenzgruppen der Regierung hatten sich demnach gegen seine Nominierung ausgesprochen.
Die FEC ist eine unabhängige Bundesbehörde der Vereinigten Staaten, die geschaffen wurde, um die Bundesgesetze zur Wahlfinanzierung zu verwalten und durchzusetzen. Die FEC ist folglich eines von mehreren Bundesorganen, die sich mit den Wahlen im Land befassen.
Laut einem Bericht des Congressional Research Service, einer Regierungsbehörde, die im Auftrag des Kongresses Analysen zu Themen von öffentlichem politischen Interesse durchführt, sind die Wahlen in den USA „stark dezentralisiert“. Sie werden von Tausenden von bundesstaatlichen und lokalen Systemen verwaltet und nicht von einem einzigen nationalen System.
Die Hauptverantwortung für die Durchführung der Wahl liegt bei den Bundesstaaten und Kommunen
Dem Bericht des Congressional Research Service zufolge haben die Bundesstaaten in der Regel die Hauptverantwortung für Entscheidungen bezüglich der Gestaltung von Wahlen. Kommunen verantworten deren Durchführung in Übereinstimmung mit den auf Bundesstaatsebene geltenden Regelungen. Je nach Bundesstaat variieren die genauen Zuständigkeiten.
Deshalb wäre Trainor als Vorsitzender der FEC nicht bemächtigt, die US-Wahl für ungültig zu erklären, wie es aber in dem Facebook-Beitrag behauptet wird. Ebenso wenig wie beispielsweise Donald Trump. In den USA gibt es keine Bundesbehörde, die den kompletten Wahlprozess überwacht. Und: Die Auszählung der Stimmen sowie die mögliche Anfechtung von Stimmenauszählungen fallen in den Zuständigkeitsbereich der jeweiligen Bundesstaaten. Darüber hinaus hat nur der Kongress die Möglichkeit, Wahlstimmen eines Staates anzufechten.
Trainor stellte im Interview laut US-Faktencheckern falsche Behauptungen über angeblichen Wahlbetrug auf
In den USA verbreiten sich Aussagen Trainors bereits seit Anfang November auf verschiedenen Webseiten, wie die Faktenchecker von USA Today berichten. Ursprünglich stammen sie aus einem Interview Trainors mit dem US-Nachrichtensender Newsmax vom 6. November.
In dem Interview mit dem konservativen Sender stellte Trainor zahlreiche Behauptungen über vermeintlichen Wahlbetrug auf. Mehrere seiner Aussagen sind USA Today zufolge jedoch falsch.
Trainor bezog seine Behauptungen vor allem auf die Auszählungen in Pennsylvania, die sich lange hinzogen. Doch mehrere US-Faktenchecker, zum Beispiel von PolitiFact oder der New York Times, fanden keine Beweise dafür, dass Beobachter daran gehindert worden seien, in die Wahllokale zu gehen. Die Faktenchecker von USA Today schreiben, dass sogar Unterlagen der Trump-Kampagne bestätigen würden, dass ihre Beobachter anwesend gewesen seien, als die Stimmzettel ausgezählt wurden.
Nachzählungen in Georgia und Wisconsin bestätigten Bidens Siege
Es gibt keine Belege für Wahlbetrug oder eine Ungültigkeit der US-Wahl. Wahlsicherheitsbeamte bezeichneten die Wahl laut Medienberichten als „sicherste in der amerikanischen Geschichte“. Aktuell hat sogar der Supreme Court, das oberste Gericht der USA, eine Wahlanfechtung Trumps zurückgewiesen. Am 1. Dezember entkräftete auch US-Justizminister William Barr die Vorwürfe Trumps über den angeblichen Wahlbetrug: Das Justizministerium habe keine größeren Unregelmäßigkeiten festgestellt, so Barr.
Es stimmt auch nicht, dass Nachzählungen den „Wahlbetrug der Demokraten“ bewiesen hätten, wie es in dem Facebook-Beitrag behauptet wird.
In Bundesstaaten, in denen das Ergebnis sehr knapp ausfiel, gab es teilweise Nachzählungen. Dabei wurden in Georgia bei der Nachzählung 2.500 bislang ungezählte Stimmzettel gefunden, 1.643 davon entfielen auf Trump, 865 auf Biden und 16 auf die libertäre Kandidatin. Am Wahlergebnis des Staates änderte das jedoch nichts, Biden bleibt dort Sieger. In Wisconsin konnte Biden seinen Vorsprung im Zuge der Nachzählung um 87 Stimmen ausbauen.
Auch stimmt es nicht, wie auf Facebook behauptet, dass Joe Biden bezüglich seines Wahlsiegs „zurückgerudert“ sei. Vielmehr hat Biden Ende November begonnen, Mitglieder seines künftigen Kabinetts zu benennen.
Fazit
Trainor hat mit seinen Aussagen in einem Interview lediglich die unbelegten Behauptungen von Donald Trumps Anhängern über Wahlbetrug weiterverbreitet. Er kann die US-Wahl nicht für ungültig erklären. Nachzählungen in zwei Bundesstaaten haben Bidens Siege dort bestätigt. Er benennt aktuell sein Kabinett.
Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:
- Biografie von Trey Trainor auf der Webseite der FEC: Link
- Faktencheck von USA Today (19.11.2020): Link
- Bericht des Congressional Research Service „The State and Local Role in Election Administration: Duties and Structures” (4. März 2019): Link
- Ergebnisse der Nachzählung in Georgia: Link
- Ergebnisse der Nachzählung in Wisconsin: Link
- Faktencheck von PolitiFact zu Behauptungen über angeblichen Wahlbetrug (12. November 2020): Link
- Faktencheck von PolitiFact zu Behauptungen über angeblichen Wahlbetrug (7. November 2020): Link