Nein, der Internationale Strafgerichtshof hat keine Klage gegen Pfizer und die israelische Regierung „angenommen“
Ein Bericht der Seite Uncut-News legt nahe, dass es eine Verhandlung vor dem Internationalen Strafgerichtshof in den Haag gegen die israelische Regierung und den Impfstoffhersteller Pfizer geben werde. Doch das ist irreführend, das Gericht hat lediglich eine Eingangsbestätigung versendet.
In einem Artikel vom 14. März titelt die schweizer Internetseite Uncut-News: „Der Internationale Strafgerichtshof nimmt eine Klage wegen Verletzung des Nürnberger Kodex durch die israelische Regierung und Pfizer an“. Eine Gruppe namens „People of Truth“ habe eine „Klage“ beim Internationalen Strafgericht eingereicht, deren Gegenstand die „Durchführung illegaler Experimente an israelischen Bürgern durch Pfizer“ sein soll.
Daraus ziehen einige Leserinnen und Leser des Artikels offenbar die Schlussfolgerung, dass eine Verhandlung vor dem Gericht bevorstehe. Fragen zu dem Artikel erreichten CORRECTIV.Faktencheck per E-Mail und über Whatsapp. Laut dem Analysetool Crowdtangle wurde der Artikel bereits mehr als 2.000 Mal (zum Beispiel hier, hier und hier) auf Facebook geteilt, und er verbreitet sich auch auf Telegram.
Der Artikel suggeriert, dass wegen der Impfungen gegen Covid-19 mit dem Impfstoff von Pfizer/Biontech in Israel mit Verhandlungen vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag zu rechnen sei. Hier fehlt Kontext.
Gegenüber CORRECTIV.Faktencheck bestätige das Pressebüro des Internationalen Strafgerichtshofs, dass eine solche Mitteilung eingesendet wurde und das Gericht eine „Eingangsbestätigung“ („acknowledgement of receipt“) versendet habe. Dies sei ein routinemäßige Verfahren bei allen Mitteilungen („communications“), die das Gericht von Einzelpersonen oder Gruppen erhalte. Man werde die eingegangenen Informationen „unabhängig und unparteiisch prüfen“ („with full independence and impartiality“) und entscheiden, ob das Gericht überhaupt zuständig sei.
Was ist der Internationale Strafgerichtshof?
Der Internationale Strafgerichtshof in den Haag (International Criminal Court, ICC) untersucht und verhandelt Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen, Völkermord und seit dem Jahr 2018 auch Verbrechen der Aggression (zum Beispiel Angriffskriege).
Geschaffen wurde das Gericht 1998 durch das sogenannte „Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs“, das von 123 Staaten ratifiziert wurde. Zu diesen 123 Staaten gehören zum Beispiel Kanada, Brasilien, Senegal und auch Deutschland. Die Ratifikation bedeutet, das Gericht kann auch tatsächlich in diesen Ländern tätig werden. Israel gehört zu den Ländern, die den ICC nicht anerkannt haben. Das Gericht kann dort also nicht ohne weiteres tätig werden.
Wann wird der Internationale Strafgerichtshof tätig?
Immer dann, wenn das Gericht von Situationen erfährt, in denen Völkerrechte verletzt wurden, kann es prüfen, ob diese unter seine Zuständigkeit fallen. Meldungen über potenzielle Verbrechen können ihm von den Staaten, die das Gericht anerkennen, aber auch von jeder anderen Person oder Gruppe eingesendet werden. Das teilte uns das Pressebüro des Gerichts per E-Mail mit.
Es geht in diesem ersten Schritt also zunächst einmal darum, festzustellen, ob das Gericht überhaupt zuständig ist. Sollte dem so sein, kann der Ankläger Ermittlungen aufnehmen, um den Sachverhalt genauer zu prüfen.
Der Fall Israel: Gericht hat lediglich eine „Eingangsbestätigung“ verschickt
Die angebliche Klage gegen Pfizer und die Israelische Regierung, von der in dem Artikel die Rede ist, ist also nicht mehr als ein Hinweis an das Gericht, dass aus der Sicht der Gruppe namens „People of Truth“ in Israel Völkerrechtsverletzungen stattgefunden haben könnten.
Was mit diesen Informationen geschieht und vor allem, ob es zu einer Untersuchung der Vorwürfe und einer anschließenden Verhandlung kommt, ist völlig offen. Zum aktuellen Zeitpunkt können man nur bestätigen, dass man eine Nachricht („Communication“) zu dem Thema erhalten habe, teilte das Pressebüro des Gerichts mit. Das Gericht werde nun prüfen, ob es überhaupt zuständig ist.
„Wir erhalten routinemäßig Einsendungen. Beobachter sollten in einen Bestätigungsbrief durch das Büro nicht mehr hineinlesen, sondern ihn als das sehen, was er ist: eine Eingangsbestätigung.“
Die Eingangsbestätigung des Gerichts hat die Internetseite Israel-News veröffentlicht. Darin heißt es: „Bitte beachten Sie, dass diese Schreiben weder bedeutet, dass eine Untersuchung durch das Büro des Anklägers aufgenommen wurde, noch dass eine solche Untersuchung aufgenommen werden wird.“ Das Pressebüro des Gerichts bestätigte die Echtheit des Schreibens gegenüber CORRECTIV.Faktencheck.
Redigatur: Tania Röttger, Alice Echtermann
Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck: