Nein, es gibt keine Verbindung zwischen einem Labor in Wuhan und Glaxosmithkline, Pfizer, Bill Gates oder George Soros
Ein Kettenbrief konstruiert angebliche Verbindungen zwischen einem Labor in Wuhan, Pharmakonzernen und verschiedenen Personen. Er soll offenbar belegen, dass es eine große Verschwörung rund um die Corona-Pandemie gebe, er besteht jedoch hauptsächlich aus Falschinformationen.
„Die Masken beginnen abzufallen“, heißt es in einem Kettenbrief, der in verschiedenen Sozialen Netzwerken (zum Beispiel hier auf Facebook oder als Screenshot auf Whatsapp) kursiert. Er konstruiert angebliche Verbindungen zwischen einem Labor in Wuhan und den Pharmakonzernen Glaxosmithkline (GSK) und Pfizer sowie George Soros und Bill Gates.
Das soll offenbar zeigen, dass das Coronavirus als Teil einer großen Verschwörung mit all diesen Beteiligten entstanden sei. Die meisten Behauptungen sind jedoch falsch und die Verbindungen existieren nicht.
Die DPA hat zu einer fast identischen Version des Kettenbriefs bereits im Dezember 2020 einen Faktencheck veröffentlicht und sie als falsch eingestuft. Ähnliche Behauptungen kursierten zudem im englischsprachigen Raum und wurden zum Beispiel von Reuters (hier und hier) widerlegt.
1. Behauptung: Das „chinesische Biologielabor in Wuhan“ gehöre zu Glaxosmithkline
Das stimmt nicht. Glaxosmithkline ist ein internationaler Pharmakonzern mit Hauptsitz in London. Das Labor in Wuhan, das gemeint ist, ist höchstwahrscheinlich eines der Labore des Wuhan Institute of Virology. Seit Monaten schon werden Spekulationen verbreitet, dass das Coronavirus dort entstanden sei. Es gibt bis heute keine Belege dafür, dass das stimmt.
Das Wuhan Institute of Virology gehört zudem nicht Glaxosmithkline, sondern ist Teil der Chinesischen Akademie der Wissenschaften. Dahinter steht wiederum der chinesische Staat.
Eine Google-Suche nach dem Begriff „Glaxosmithkline“ auf der Webseite des Wuhan Institute of Virology – und umgekehrt nach dem Begriff „Wuhan Institute of Virology“ auf der Webseite von Glaxosmithkline (deutsche und englische Version) – zeigt ebenfalls keine institutionelle Verbindung der beiden Organisationen.
2. Behauptung: Pfizer gehöre Glaxosmithkline
Das ist falsch. Es handelt sich um zwei verschiedene Pharmaunternehmen. Der Konzern Pfizer hat seinen Sitz in New York und ist börsennotiert. Das heißt, es gibt viele Anteilseigner. Der größte ist der Finanzdienstleister Vanguard Group, der zweitgrößte die Investmentgesellschaft Blackrock (nachzusehen hier oder hier).
Es gibt mehrere Kooperationen zwischen den beiden Unternehmen. So gründeten Pfizer und Glaxosmithkline 2009 ein Joint Venture. Die neue Firma ViiV Healthcare gehört mehrheitlich Glaxosmithkline und treibt nach eigenen Angaben die „Wissenschaft im Bereich der Behandlung, der Prävention und der Heilung von HIV“ voran. 2018 wurde ein weiteres Joint-Venture der beiden Pharmakonzerne für alltägliche Gesundheitsprodukte wie Zahnpasta oder Schmerzgel gegründet; Pfizer gehört seitdem ein Anteil der Konsumgütersparte von Glaxosmithkline.
3. Behauptung: Das „Wuhan Biological Lab“ sei von Dr. Fauci finanziert worden
Anthony Fauci ist seit 1984 der Direktor des National Institute of Allergy and Infectious Diseases (NIAID) in den USA. Mutmaßlich bezieht sich die Behauptung auf ein anderes Gerücht, das im vergangenen Jahr kursierte. Damals hieß es, die US-Regierung habe das Wuhan Institute of Virology mit mehreren Millionen Dollar unterstützt. Wir haben bereits im Juli 2020 in einem Faktencheck erklärt, weshalb die Behauptung größtenteils falsch ist.
Das National Institute of Health (NIH), die zuständige Behörde des US-Gesundheitsministeriums, bestätigte uns damals, dass die US-Regierung und NIAID von 2014 bis 2019 ein Projekt namens „Understanding the Risk of Bat Coronavirus Emergence“ der Nichtregierungsorganisation EcoHealth Alliance finanziell unterstützt haben. Insgesamt seien dabei in einem Zeitraum von sechs Jahren 3,4 Millionen US-Dollar geflossen. Die EcoHealth Alliance reichte einen kleinen Teil der Fördergelder (etwa 600.000 Dollar) an das Institut in Wuhan weiter. Es wurden jedoch auch mehrere andere Forschungsinstitutionen unterstützt.
4. Behauptung: Glaxosmithkline werde „von der Finanzabteilung von Blackrock verwaltet“
Das ist irreführend. Glaxosmithkline ist börsennotiert, die Aktien gehören vielen großen Investoren. Die Investmentgesellschaft Blackrock hält aktuell 6,4 Prozent der Aktien und ist damit der größten Anteilseigner. Das bedeutet aber nicht, dass Glaxosmithkline von Blackrock „verwaltet“ wird.
Blackrock ist ein internationaler Vermögensverwalter. Das heißt, das Unternehmen legt für seine Kunden Geld an – und das bedeutet unter anderem, es kauft Aktien von verschiedenen Unternehmen.
5. Behauptung: Die angebliche Verbindung zu George Soros
Im Kettenbrief ist von der „Open Foundation Company“ die Rede. Die gibt es aber nicht, nur die „Open Society Foundations“ (eine Stiftung) und die Investmentfirma „Soros Fund Management“. Beide wurden von dem Investor und Philanthropen George Soros gegründet.
Im Kettenbrief heißt es, Blackrock verwalte die Finanzen von Soros’ Firma, das stimmt aber nicht. Im Gegenteil: Laut der Webseite Fintel hatte Soros Fund Management früher Anteile von Blackrock, hat diese aber 2020 alle verkauft. Der größte Anteilseigner von Blackrock ist aktuell die Vanguard Group. Die einzige andere Verbindung zu Blackrock, die wir finden konnten, ist, dass bei Soros Fund Management laut Medienberichten bis 2011 ein Mann namens Keith Anderson gearbeitet hat, der einer der Mitgründer von Blackrock war.
Im Folgenden wird in dem Kettenbrief versucht, eine Verbindung von George Soros zu dem Labor in Wuhan herbei zu argumentieren.
Zunächst wird behauptet, die „Open Foundation Company“ betreibe die „französische AXA“. Das ist falsch. Die AXA Gruppe ist kein ausschließlich französisches Unternehmen mehr, sie hat viele Tochterunternehmen und als Aktiengesellschaft viele Anteilseigner. Die einzige vage Verbindung zu George Soros, über die zum Beispiel Reuters in einem Faktencheck berichtete, ist, dass Soros Fund Management Anteile an der US-Finanzfirma AXA Equitable Holdings habe.
Weiter wird behauptet, Soros besitze die Firma Winterthur, die – und hier soll offenbar die angebliche Verbindung nach China zustande kommen – ein Labor in Wuhan errichtet habe. Das ist aber ebenfalls falsch. Die Winterthur Gruppe war ein Schweizer Versicherungskonzern. Er fusionierte schon vor vielen Jahren mit der AXA-Versicherung und baute keine Labore. Wir fanden keine Verbindungen zwischen der Winterthur Versicherung und einem Labor in Wuhan.
Zwar hat Frankreich laut Medienberichten 2004 geholfen, ein Hochsicherheitslabor am Institute for Virology in Wuhan aufzubauen. Es ist jedoch keine Verbindung zur Winterthur- oder AXA-Versicherung oder George Soros ersichtlich.
6. Behauptung: Die angebliche Verbindung zu Bill Gates
In dem Kettenbrief heißt es, Blackrock sei Hauptaktionär des Softwarekonzerns Microsoft, der Bill Gates gehöre. Das ist falsch. Blackrock ist aktuell der zweitgrößte Aktionär von Microsoft – der größte ist die Vanguard Group. Bill Gates hat das Unternehmen zwar gegründet, hält aber schon länger nicht mehr die meisten Anteile. Den Vorstand von Microsoft verließ Gates im Jahr 2020.
Die letzten zwei Behauptungen sind die einzig wahren in dem Kettenbrief. Es wird behauptet, Bill Gates sei Pfizer-Aktionär. Das stimmt laut Medienberichten – seine Stiftung investiert seit vielen Jahren in diesen und andere große Pharmakonzerne. Auch im Finanzbericht der Gates-Stiftung von 2019 taucht Pfizer auf („2019 Annual Tax Return“).
Zudem ist Bill Gates’ Stiftung aktuell tatsächlich der größte Sponsor der Weltgesundheitsorganisation (WHO), vor Deutschland und den USA. Die Zuwendungen machen 11,8 Prozent aller Spenden an die WHO aus.
Fazit
Der Kettenbrief konstruiert eine Verschwörung rund um die Corona-Pandemie, indem er Verbindungen zwischen Personen und Unternehmen erfindet. Insbesondere haben George Soros, Bill Gates und die Pharmakonzerne Glaxosmithkline und Pfizer nichts mit dem Forschungslabor in Wuhan zu tun.
Redigatur: Tania Röttger, Uschi Jonas
Korrektur, 29. Januar 2022: Ursprünglich hatten wir geschrieben, die einzige Verbindung zwischen Pfizer und Glaxosmithkline sei ein Joint-Venture von 2009. Tatsächlich gibt es aber seit 2018 noch ein weiteres Joint-Venture für Konsumgüter.