E-Autos bekommen keinen Kurzschluss im Hochwasser und sind nicht ungeeigneter als Verbrenner
Auf Facebook wird behauptet, Elektrofahrzeuge seien im Hochwasser im Gegensatz zu Verbrennern nicht fahrtauglich. Es komme im Wasser angeblich zu einem Kurzschluss, Funken würden sprühen. Experten widersprechen.
Auf Facebook wird in zahlreichen Beiträgen ein Foto von Bundeswehr-Krankenwagen geteilt, die durch überflutete Straßen fahren. Dazu wird die Behauptung verbreitet, wenn künftig bei Hochwasser-Katastrophen nur noch E-Autos eingesetzt würden, würden „mal kurz ein paar Funken sprühen, es gäbe einen Kurzschluss und das war’s dann.“ Weiter heißt es: „Hochwasser, kein Strom und keine einsatzfähigen Verbrenner mehr.“
Damit wird suggeriert, dass Elektroautos bei Hochwasser nutzlos seien, im Gegensatz zu Verbrennern – also Autos, die mit Kraftstoff wie Benzin oder Diesel fahren. Ein Beitrag mit dieser Behauptung vom 15. Juli wurde mehr als 2.500 Mal geteilt. Auch die AfD Erding hat die Behauptung verbreitet.
CORRECTIV.Faktencheck hat mit Experten vom Verband der Automobilindustrie (VDA) und Elektromobilität NRW gesprochen. Sie widersprechen: Die Einsatzfähigkeit und Sicherheit von Elektroautos bei Hochwasser unterscheide sich nicht von der eines Autos mit Verbrennungsmotor.
Grundsätzlich sind Elektroautos auch auf überfluteten Straßen fahrtüchtig
Eine Sprecherin des VDA teilte auf Anfrage per E-Mail mit: „Die maximale Wassertiefe, durch die ein Elektroauto fahren kann, entspricht mit ca. 30 Zentimetern der eines Verbrenners.“ Der genaue Wert sei je nach Hersteller, Konzept und Design unterschiedlich. „So kommen speziell für Wasserdurchfahrten ausgerüstete Geländewagen auch mit erheblich höheren Wassertiefen zurecht.“
Das bestätigt uns gegenüber auch ein Sprecher von Elektromobilität NRW, einer Initiative des nordrhein-westfälischen Wirtschaftsministeriums: „Im Normalfall – ohne vorherige Beschädigungen – bleibt ein E-Fahrzeug auch im Wasser fahrtüchtig“. Die vom Hersteller zugelassene maximale sogenannte Wattiefe (die maximale Wassertiefe, durch ein Landfahrzeug sicher fahren kann) sei allerdings von Fahrzeug zu Fahrzeug unterschiedlich.
Der Sprecher von Elektromobilität NRW erläutert zudem, dass ein E-Fahrzeug im Hochwasser im Zweifel sogar im Vorteil gegenüber einem Verbrenner sein könne. Für einen Verbrenner gelte: „Solange der Motor mit ausreichend Luft versorgt wird, läuft er weiter. Die Abgase strömen weiterhin über den Auspuff nach außen und verhindern so den Wassereintritt. Die Luftansaugung befindet sich in der Regel knapp unterhalb der Motorhaube im Kühlergrill, so dass der Verbrennungsmotor nur bis zu einer gewissen Wassertiefe mit Luft versorgt werden kann.“ Wenn Wasser in die Brennkammer des Motors gelange, könne keine Verbrennung mehr stattfinden und der Motor gehe aus. Das Fahrzeug sei dann nicht mehr fahrtüchtig.
„In diesem Punkt sind E-Fahrzeuge sogar im Vorteil, da Hochvoltbatterie und Elektromotor als wasserdichte Systeme gekapselt sind und sie keine Luft für die Fortbewegung benötigen“, so der Sprecher von Elektromobilität NRW.
Kein Kurzschluss bei E-Autos im Hochwasser
Im Normalfall komme es bei Hochwasser nicht zu einem Kurzschluss von Elektroautos, erklärte der Sprecher von Elektromobilität NRW weiter. „Sollten beschädigte elektrische Leitungen doch einmal mit Wasser in Berührung kommen, wird dies von den Sicherheitssystemen im Fahrzeug erkannt und die Hochvoltbatterie abgeschaltet. In diesem Fall wäre das Fahrzeug natürlich nicht mehr fahrtüchtig.“
Grundsätzlich gelte: Ein Fahrzeug ist dann nicht mehr fahrtüchtig, wenn der Antrieb nicht mehr funktioniert – und das ist bei Verbrennern genauso wie bei E-Autos der Fall.
Keine Gefahr eines Stromschlags bei Hochwasser
Wie bei Verbrennerfahrzeugen sorgen auch bei Elektrofahrzeugen Sicherheitssysteme für die Sicherheit der Insassen, erklärte die VDA-Sprecherin: „Es besteht keine Gefahr, einen Stromschlag zu bekommen. Eine Struktur aus zahlreichen Sicherungen des Hochvolt-Systems garantiert hier den höchsten Grad an Sicherheit.“ Selbst für den „äußerst unwahrscheinlichen Fall“, dass sich ein Hochvolt-Kabel löse und mit der Karosserie in Kontakt komme, bestehe für eine Person, die die Karosserie anfasse, keine Gefahr.
Das schreibt auch der Autohersteller Volkswagen auf seiner Webseite: „Durch zahlreiche Absicherungen des Hochvolt-Systems besteht im Wasser kein erhöhtes Stromschlagrisiko.“
Hochwasser kann sowohl das Stromnetz ausfallen lassen als auch Tankstellen beschädigen
Mit der Aussage „Hochwasser, kein Strom und keine einsatzfähigen Verbrenner mehr“, wird in dem Facebook-Beitrag zudem suggeriert, bei Hochwasser gäbe es keinen Strom mehr, um E-Fahrzeuge aufzuladen, aber Verbrenner könnten weiterhin tanken.
Diese Aussage lässt sich so nicht treffen. Denn: Bei Hochwasser kann das lokale Stromnetz zusammenbrechen, aber auch Tankstellen können von Überflutungen betroffen sein. Das zeigen Berichte über die aktuelle Hochwasser-Katastrophe in Deutschland im Juli. Und hinzukommt: Damit Benzin und Diesel gezapft werden können, benötigen auch Tankstellen Strom.
Fazit: Bei Hochwasser bleiben E-Fahrzeuge genauso wie Verbrenner bis zu einer gewissen Wassertiefe fahrtauglich. Wie tief das Wasser sein kann, ohne dass das Auto fahruntauglich wird, ist von Modell zu Modell verschieden. Da E-Autos für den Motor keine Luftzufuhr benötigen, könnten sie jedoch sogar im Vorteil gegenüber Verbrennungsautos sein. Zu „sprühenden Funken“ oder einem Kurzschluss kommt es Experten zufolge nicht. Auch gehe keine Gefahr für Insassen aus.
Redigatur: Alice Echtermann, Steffen Kutzner