Faktencheck

Irreführende Behauptungen über die RKI-Erfassung von Coronafällen und Impfdurchbrüchen

In einem Facebook-Beitrag wird behauptet, Impfdurchbrüche – wenn sich also ein Mensch trotz Impfung mit SARS-CoV-2 infiziert und Covid-19-Krankheitssymptome zeigt – würde das Robert-Koch-Institut nur dann in die Statistik aufnehmen, wenn Personen eine „klinische Symptomatik“ zeigten. Ungeimpfte mit positivem PCR-Testergebnis hingegen würden als neue Coronafälle gezählt, egal ob sie Symptome zeigen oder nicht. Diese Behauptungen sind irreführend.

von Uschi Jonas

Ein Facebook-Beitrag vergleicht die Erfassung von Impfdurchbrüchen mit der allgemeinen Erfassung von Coronafällen beim RKI und lässt dabei wichtigen Kontext aus (Symbolbild: Unsplash/ Martin Sanchez)
Ein Facebook-Beitrag vergleicht die Erfassung von Impfdurchbrüchen mit der allgemeinen Erfassung von Coronafällen beim RKI und lässt dabei wichtigen Kontext aus (Symbolbild: Unsplash/ Martin Sanchez)
Behauptung
Ein positiver PCR-Test werde vom RKI nur dann als Impfdurchbruch gezählt, wenn die getestete Person eine klinische Symptomatik zeige. Ungeimpfte hingegen würden bei einem positiven Testergebnis als neue Coronafälle gewertet, egal ob sie Symptome zeigten oder nicht.
Bewertung
Fehlender Kontext
Über diese Bewertung
Fehlender Kontext. Das RKI definiert Impfdurchbrüche als SARS-CoV-2-Infektion mit klinischer Symptomatik, asymptomatische Fälle bei Geimpften werden ebenfalls erfasst. Sowohl Geimpfte als auch Nicht-Geimpfte mit positivem PCR-Testergebnis werden als neue Coronafälle gewertet – unabhängig davon, ob sie Symptome zeigen oder nicht.

In einem Beitrag auf Facebook behauptet ein Nutzer, bei einem Geimpften würde ein positiver PCR-Test vom Robert-Koch-Institut (RKI) nur dann als Impfdurchbruch gezählt, wenn die Person eine „klinische Symptomatik“ habe. Liege bei einem Ungeimpften ein positiver PCR-Test vor, werde diese Person hingegen als neuer Fall gezählt egal ob die Person Symptome habe oder nicht. Der Beitrag vom 27. Juli wurde fast 1.500 Mal geteilt.

Den Behauptungen fehlt jedoch wichtiger Kontext und es werden verschiedene Aspekte der Erfassung der Coronalage vermischt.

Dieser Facebook-Beitrag verbreitet irreführende Behauptungen zur statistischen Erfassung von Coronafällen und Impfdurchbrüchen durch das Robert-Koch-Institut (RKI) (Quelle: Facebook / Screenshot und Schwärzung: CORRECTIV.Faktencheck)
Dieser Facebook-Beitrag verbreitet irreführende Behauptungen zur statistischen Erfassung von Coronafällen und Impfdurchbrüchen durch das Robert-Koch-Institut (RKI) (Quelle: Facebook / Screenshot und Schwärzung: CORRECTIV.Faktencheck)

Zum einen erfasst das RKI, wie viele Coronainfektionen aktuell in Deutschland gemeldet sind. Auf Nachfrage erklärt uns das RKI, dass jeder positive PCR-Test als neuer Coronafall gezählt werde. Dabei spiele es keine Rolle, ob die getestete Person geimpft sei oder nicht.

Zum anderen erfasst das RKI sogenannte Impfdurchbrüche und überwacht so die Wirksamkeit der Impfung. Von Impfdurchbrüchen spricht das RKI dann, wenn sich vollständig Geimpfte mit SARS-CoV-2 infizieren und Symptome einer Covid-19-Erkrankung zeigen. Gelistet werden vom RKI aber auch Infektionsfälle bei Geimpften die keine Symptome zeigen.

RKI wertet Impfdurchbrüche als SARS-CoV-2-Infektionen mit symptomatischem Verlauf bei Geimpften

Der eine Aspekt des Facebook-Beitrags betrifft also die Erfassung neuer Coronafälle im Allgemeinen. Auf unsere Nachfrage erklärt Marieke Degen, Sprecherin vom RKI, dass ein direkter Erregernachweis, zum Beispiel durch einen PCR-Test, in der Regel auf eine „akute Infektion“ hinweise und daher gemeldet werden müsse – unabhängig davon ob die Person Symptome zeige oder nicht, geimpft sei oder nicht. Als neue Coronafälle gezählt werden also Ungeimpfte mit positivem PCR-Testergebnis, ebenso wie Geimpfte mit einem positiven Erregernachweis. Damit widerspricht sie dem Facebook-Nutzer.

Die andere Behauptung betrifft die Erfassung der sogenannten Impfdurchbrüche, also der SARS-CoV-2-Infektionen vollständig Geimpfter, die Krankheitssymptome zeigen. Im Situationsbericht des RKI vom 5. August heißt es dazu auf Seite 17: „Ein wahrscheinlicher Impfdurchbruch ist definiert als SARS-CoV-2-Infektion (mit klinischer Symptomatik), die bei einer vollständig geimpften Person mittels PCR oder Erregerisolierung diagnostiziert wurde.“ Dazu können auch milde Verläufe zählen, erklärt RKI-Sprecherin Ronja Wenchel auf Nachfrage per E-Mail. 

„Klinische Symptome“ sind in der Medizin definiert als Krankheitssymptome eines Patienten oder einer Patientin, die sich ohne weitere Untersuchungen erkennen lassen. In einem Dokument des RKI zur „Erkennung, Diagnostik und Therapie von Patienten mit Covid-19“ werden als konkrete klinische Symptome Husten, Schnupfen oder Fieber genannt. 

Coronafälle bei Geimpften mit asymptomatischem Verlauf werden ebenfalls erfasst

Bereits in den vorklinischen Studien der Covid-19-Impfstoffe habe sich gezeigt, dass die Impfung zu keiner sogenannten „sterilen Immunität“ führe, erklärt die RKI-Sprecherin Wenchel weiter. Von einer „sterilen Immunität“ ist die Rede, wenn eine Impfung nicht nur vor einer Erkrankung, sondern auch vor einer Infektion schützt. „Die Erwartung an die Impfung ist also keine sterile Immunität sondern der Schutz vor einer Erkrankung, also vor COVID-19-typischen Symptomen“, erläutert Wenchel. Um die Wirkungsweise der Impfstoffe zu überwachen sei es deshalb relevant, als Impfdurchbrüche alle Fälle zu zählen, in denen es „zu einer symptomatischen Erkrankung kam.“ 

Fälle, in denen Geimpfte, die einen asymptomatischen Verlauf zeigen, würden aber sofern sie bemerkt werden – ebenfalls erfasst und in den Wochenberichten des RKI aufgeführt, so Wenchel. Zu finden sind diese Fälle im RKI-Bericht vom 5. August in der Tabelle auf Seite 18. Sie werden dort in der Kategorie „COVID-19 Fälle mit vollständiger Impfung“ erfasst. An dieser Stelle werden asymptomatische und symptomatische Fälle bei vollständig Geimpften zusammengefasst.

Covid-19-Impfdurchbrüche und Impfquote nach Altersgruppe erfasst vom RKI bis zum 1.8.2021 (Quelle: RKI / Screenshot und Markierung: CORRECTIV.Faktencheck)
Covid-19-Impfdurchbrüche und Impfquote nach Altersgruppe erfasst vom RKI bis zum 1.8.2021 (Quelle: RKI / Screenshot und Markierung: CORRECTIV.Faktencheck)

Redigatur: Tania Röttger, Matthias Bau