Sachsen: Nein, in Döbeln entsteht kein neues Asylheim
Die rechtsextremistische Partei „Freie Sachsen“ behauptet auf Facebook, dass im sächsischen Ort Döbeln heimlich ein neues großes Asylheim gebaut werde. Es gibt jedoch keinerlei Hinweise darauf.
Im sächsischen Döbeln werde „gerade heimlich ein Asylheim gebaut“, das 640 Menschen beherbergen können solle. Das wird auf Facebook von den „Freien Sachsen“ behauptet, einer Partei, die im Sommer 2021 vom sächsischen Verfassungsschutz als rechtsextremistisch und verfassungsfeindlich eingestuft wurde. Quellen für die Behauptungen werden nicht genannt. Der Beitrag verbreitete sich auch auf Twitter und in dem Sozialen Netzwerk V-Kontakte.
Nach unserer Recherche haben weder die Stadtverwaltung von Döbeln, noch der Landkreis, noch das sächsische Innenministerium Kenntnis von der angeblich geplanten Asylunterkunft.
Der Facebook-Beitrag der „Freien Sachsen“ widerspricht sich inhaltlich: Im Bild heißt es, dass ein Asylheim lediglich geplant sei. Im Text ist jedoch davon die Rede, dass „gerade heimlich ein Asylheim gebaut wird“. Da der Bau oder dessen Planung angeblich „eine direkte Reaktion auf den Asylansturm“ sein soll, stellt sich die Frage, ob nicht stattdessen eine Erstaufnahmeeinrichtung gemeint ist und keine Asylunterkunft.
Für Erstaufnahmeeinrichtungen ist das sächsische Innenministerium zuständig, für Asylunterkünfte dagegen der Landkreis Mittelsachsen. Wir haben bei beiden Stellen und der Stadtverwaltung von Döbeln nachgefragt.
Landkreis und Bundesland: Weder Flüchtlingsheim noch Asylunterkunft in Döbeln geplant
Die Stadtverwaltung kann die Planung oder Errichtung einer neuen Unterkunft für Asylbewerber oder Geflüchtete nicht bestätigen. Der persönliche Referent des Döbelner Oberbürgermeisters Sven Liebhauser schrieb uns, dass in Döbeln „keine diesbezüglichen Informationen“ vorlägen.
Eine Pressereferentin des Landkreises Mittelsachsen schrieb uns auf Nachfrage: „Der Landkreis hat eine Gemeinschaftsunterkunft in Döbeln, in der derzeit circa 130 Menschen leben. Außerdem gibt es ein Wohnprojekt in Döbeln, in dem rund 40 Menschen leben.“ Zu der Frage, ob weitere Unterkünfte geplant seien, schrieb sie: „Unsererseits liegen keine derartigen Absichten vor.“
Das sächsische Innenministerium bestätigt zwar per E-Mail, dass sich die Zugangszahlen in den sächsischen Aufnahmeeinrichtungen seit Mitte des Jahres von 655 im Juli auf im Oktober bisher (Stand: 27. Oktober) rund 1.200 fast verdoppelt hätten, das Bundesland Sachsen unterhält jedoch in Döbeln momentan keine Erstaufnahmeeinrichtung. Wie uns ein Sprecher des sächsischen Innenministeriums mitteilte, gibt es derzeit keine Pläne, in Döbeln eine Erstaufnahmeeinrichtung zu eröffnen.
Ehemalige Notunterkunft wird aktuell als Materiallager genutzt
Von 2015 bis 2016 gab es in Döbeln eine Notunterkunft der Erstaufnahmeeinrichtung. Diese lag laut Medienberichten auf dem ehemaligen Gelände eines Autozulieferers namens Autoliv an der Eichbergstraße – das ist derselbe Ort, der von den „Freien Sachsen“ für die angebliche neue Unterkunft genannt wird.
Die ehemalige Fabrik werde aktuell von der Landesdirektion Sachsen und dem Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien und Baumanagement als Lager genutzt, teilte uns der Sprecher des sächsischen Innenministeriums mit.
Oberbürgermeister von Döbeln: „Es wird hier nichts heimlich geplant und gebaut“
Die Behauptung der „Freien Sachsen“ hat inzwischen größere Kreise gezogen. So berichteten die Sächsische Zeitung am 22. Oktober und die Leipziger Volkszeitung (LVZ) am 27. Oktober über das Gerücht. Beide Artikel kommen zu dem Schluss, dass es keine Pläne für eine Flüchtlings- oder Asylunterkunft gebe. In dem Artikel der LVZ wird Döbelns Oberbürgermeister so zitiert: „Ich weiß nicht, wo die Freien Sachsen […] solche Informationen herzaubern. […] Mir sind weder Bauarbeiten für ein solches Asylheim in Döbeln bekannt, noch weiß ich, dass dafür entsprechende Bauanträge oder Anfragen gestellt wurden. Es wird hier nichts heimlich geplant und gebaut.“
Auch für das Gelände, das in dem Facebook-Beitrag der „Freien Sachsen“ benannt wird, habe die Stadt andere Pläne. Früher seien dort Gurte für Autos hergestellt worden. „Wir wünschen uns dafür wieder eine nachhaltige wirtschaftliche Nutzung mit produzierendem Gewerbe. Erste Gespräche dazu mit Interessenten und dem Freistaat Sachsen gab es bereits unter Vermittlung der Stadtverwaltung Döbeln“, wird Liebhauser in dem Artikel der LVZ zitiert.
Es gibt folglich keine Hinweise darauf, dass eine Asylunterkunft oder Erstaufnahmeeinrichtung in Döbeln geplant wäre. Alle zuständigen Stellen teilen mit, nichts von solchen Plänen zu wissen.
Redigatur: Alice Echtermann, Matthias Bau