Der Bayerische Rundfunk berichtet auch über Ungeimpfte
Der Publizist Markus Langemann verbreitet unter anderem auf Youtube die Behauptung, dass der Bayerische Rundfunk keine Ungeimpften mehr interviewen wolle. Das ist laut einer Stellungnahme des Senders falsch, und es gibt Beispiele für Interviews mit ungeimpften Menschen.
Im Netz verbreiten sich ein Video und ein Artikel mit dem dem Titel „Der größte Skandal seit Bestehen der ARD“. Darin heißt es, der Bayerische Rundfunk (BR) lasse für seine Berichterstattung nur noch geimpfte Menschen „vor die Kamera“. Laut dem Analysetool Crowdtangle wurde der Artikel vom 7. Dezember bisher mehr als 1.400 Mal auf Facebook geteilt. Das Video auf Youtube wurde rund 310.000 Mal angesehen.
Das Video und der Artikel stammen von dem Publizisten Markus Langemann, der die Webseite „Club der klaren Worte“ und einen Youtube-Kanal betreibt. Als Beleg für seine Behauptung führt er eine interne „dringende Empfehlung“ der „Hauptabteilung Produktionsservice“ des BR vom 1. Dezember an.
Bayerischer Rundfunk weist die Vorwürfe zurück
Der BR wies die Behauptung in einer Stellungnahme zurück. Diese wurde laut der Datumsangabe in einer archivierten Version am 8. Dezember veröffentlicht, den Webseitendaten zufolge erschien sie am 9. Dezember. Die Zahl der Corona-Infektionen im Sender sei gestiegen, und man habe daher Vorsichtsmaßnahmen für die Mitarbeitenden im Außeneinsatz ausgesprochen, heißt es darin. Es gehe also um den Gesundheitsschutz der Menschen, die beim BR arbeiten.
Der Sender interviewe aber auch Ungeimpfte. „Oberstes Kriterium“ bei der Berichterstattung sei „die journalistische Relevanz der Aussagen von Interviewten“. Man wolle „ein vollständiges Bild“ vermitteln und berücksichtige auch die Positionen von „Impf-Skeptikern bzw. -gegnern“ in der Berichterstattung.
Wir haben den BR kontaktiert. Pressesprecher Markus Huber schrieb uns per E-Mail, das Dokument, auf das sich Langemann bezog, sei echt und eine „Handlungsempfehlung“. Weiter betont Huber, allein die Redaktionen würden entscheiden, wer interviewt wird. Für die Mitarbeitenden des BR in „produktions- und senderelevanten Bereichen“ gelte aktuell eine 2G-Regel.
BR nennt Beispiele für Interviews mit Ungeimpften
Als Beleg dafür, dass auch Ungeimpfte interviewt werden, führt der Sender in seiner öffentlichen Stellungnahme fünf Beispiele an, darunter unter anderem ein Bericht vom 30. November mit dem Titel „Gerät die 4. Welle außer Kontrolle?“, in dem unter anderem Menschen mit skeptischen Positionen bezüglich der Corona-Impfungen zu Wort kommen. Diese Reportage entstand vor der internen Handlungsempfehlung am 1. Dezember.
Ein anderes Beispiel, das der BR nennt, ist allerdings später entstanden: eine Reportage vom 8. Dezember über eine Frau, die sich bisher nicht hat impfen lassen, dies im Rahmen der Reportage jedoch tut.
Wir fanden zudem einem Videobeitrag zum Thema Impfpflicht vom 15. Dezember, darin wird eine ungeimpfte Krankenschwester am Telefon interviewt. Dabei steht die Frau zwar nicht vor der Kamera, kommt aber mit ihrer Meinung zu Wort. Die Aussage im Artikel von Langemann, dass man nun „von jedem Menschen, den Sie in Beiträgen des Bayerischen Rundfunks sehen, der zu welchen Themen auch immer interviewt wird“ wisse, „dass er geimpft ist“, ist also nicht richtig.
Auf die Stellungnahme und Gegendarstellung des BR weist Langemann weder in seinem Artikel, noch auf Youtube hin (Stand: 13. Dezember). Auf Youtube führt ein Link in der Beschreibung des Videos lediglich zu einem weiteren Artikel auf der Webseite „Club der klaren Worte“, der am 10. Dezember veröffentlicht wurde. Darin wird die Stellungnahme des BR als „frech“ kommentiert und kritisiert, dass die vom BR als Beispiele genannten Berichten Ungeimpfte eher negativ darstellen würden.
Am 14. Dezember veröffentlichte Langemann ein Video mit dem Titel „ARD-Skandal Teil 2 und was die Leitmedien nicht zeigen“. Darin weist er auf die Stellungnahme des BR hin, im Beschreibungstext des Videos ist sie ebenfalls verlinkt.
Redigatur: Uschi Jonas, Alice Echtermann
Update, 10. Januar 2022: Wir haben im Text ergänzt, dass Langemann am 14. Dezember in einem zweiten Youtube-Video auf die Stellungnahme des BR hinwies.