Faktencheck

Gedenkstätte Sachsenhausen hat ukrainischen Geflüchteten nicht angeboten, im ehemaligen KZ zu leben

In Sozialen Netzwerken wird behauptet, die KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen hätte auf Facebook und Instagram angeboten, ukrainische Geflüchtete in einem „speziell gebauten temporären Hotel“ auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers unterzubringen. Das stimmt nicht, die angeblichen Beiträge und das Foto sind manipuliert.

von Paulina Thom

Sachsenhausen Titelbild
In Sozialen Netzwerken kursiert ein manipulierter Beitrag der KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen. Die Verwaltung der Gedenkstätte habe ukrainischen Geflüchteten angeboten, auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslager unterzukommen. Das stimmt nicht. (Foto: Unsplash / Miguel Ángel Díaz Magister)
Behauptung
Die KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen habe in einem Beitrag auf Facebook und Instagram angeboten, ukrainische Geflüchtete im ehemaligen Konzentrationslager unterzubringen. Dazu habe die Gedenkstätte ein Foto zweier Gebäude veröffentlicht, an denen die ukrainische Flagge mit der Aufschrift „Willkommen zu Hause” angebracht sei.
Bewertung
Manipuliert. Das Originalfoto der zwei Gebäuden wurde 2019 auf einem Reiseblog veröffentlicht, die ukrainischen Flaggen wurden nachträglich hinzugefügt. Der Pressesprecher der Gedenkstätte Sachsenhausen dementiert, dass es eine derartige Veröffentlichung auf Facebook und Instagram gegeben habe.

Auf Telegram und Facebook wird ein angeblicher Beitrag der KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen geteilt: Die Verwaltung der Gedenkstätte habe auf Instagram und Facebook angeboten, ukrainische Geflüchtete in einem „speziell gebauten temporären Hotel auf dem Territorium des Museumskomplexes” unterzubringen, heißt es. Begleitet wird der Beitrag von einem Foto zweier Gebäude, an denen die ukrainische Flagge mit der Aufschrift „Willkommen zu Hause“ angebracht ist. 

Doch die angeblichen Beiträge der Gedenkstätte hat es nie gegeben. Ein Foto aus dem Jahr 2019 wurde manipuliert, die ukrainische Flagge und die Aufschrift wurden nachträglich hinzugefügt. 

Links der gefälschte Instagram-Beitrag der Gedenkstätte Sachsenhausen, rechts daneben der Kommentar des Telegram-Kanals, der die Behauptung verbreitet
Links der gefälschte Instagram-Beitrag der Gedenkstätte Sachsenhausen, rechts daneben der Kommentar des Telegram-Kanals, der die Behauptung verbreitet (Quelle: Telegram; Screenshot und Schwärzung: CORRECTIV.Faktencheck)

Das manipulierte Foto stammt von einem Reiseblog von 2019 

Wir haben mit dem Foto eine Bilder-Rückwärtssuche bei Google durchgeführt und sind dabei auf das Originalbild gestoßen. Es wurde am 8. März 2019 auf einem Reiseblog veröffentlicht. Dass es sich dabei um dasselbe Foto handelt und nicht etwa um eine andere Aufnahme der Baracken, sieht man zum Beispiel an den Wolken – sie sind auf beiden Bildern identisch.

Das Originalfoto und das manipulierte Foto nebeneinander: Die ukrainischen Flaggen mit der Aufschrift „Willkommen zu Hause“ wurden dem Originalfoto (links) nachträglich hinzugefügt
Die ukrainischen Flaggen mit der Aufschrift „Willkommen zu Hause“ wurden dem Originalfoto (links) nachträglich hinzugefügt (Quelle: Telegram und Reiseblog viveberlintours; Screenshots: CORRECTIV.Faktencheck)

Auf dem Originalbild sind keine ukrainischen Flaggen mit der Aufschrift „Willkommen zu Hause“ zu sehen. Das Foto wurde also vor mehreren Jahren aufgenommen und nachträglich bearbeitet. 

Pressesprecher der Gedenkstätte dementiert die Veröffentlichung

Weder auf dem Facebook– noch auf dem Instagram-Account der Gedenkstätte findet sich seit Beginn des Russland-Ukraine-Krieges der angebliche Beitrag. Auch im Internet Archive (hier und hier) und im Google-Cache, über das beispielsweise gelöschte Facebook-Beiträge eingesehen werden können, findet sich kein Hinweis auf einen solchen Beitrag.

Wir haben bei der Pressestelle der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, die für die Unterhaltung des ehemaligen KZ in Sachsenhausen verantwortlich ist, nachgefragt, ob es einen entsprechenden Beitrag auf Facebook und Instagram gegeben hat. Pressesprecher Horst Seferens antwortete uns, dass die Gedenkstätte keinen derartigen Beitrag veröffentlicht habe. 

Bei den Gebäuden auf dem Foto handele es sich um die rekonstruierten KZ-Baracken 38 und 39, die zu musealen Zwecken genutzt würden. „Im neu erbauten ‚Museum Baracke 38‘ wird die Geschichte der jüdischen Häftlinge im KZ Sachsenhausen unter anderem an exemplarischen Lebensläufen veranschaulicht“, heißt es auch auf der Webseite der Gedenkstätte. Ein Angebot zur Unterbringung ukrainischer Geflüchteter habe es seitens der Gedenkstätte nie gegeben, sagte uns Seferens. „Die Fotos wurden manipuliert.“

Alle Faktenchecks, die wir im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine veröffentlicht haben, finden Sie hier.

Redigatur: Matthias Bau, Viktor Marinov

Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:

  • Reiseblog mit dem Originalfoto, 08. März 2019: Link