Faktencheck

Nein, mRNA-Impfstoffe verursachen keine Affenpocken

Ein Artikel der österreichischen Webseite TKP verbreitet die Behauptung, dass mRNA-Impfstoffe eine Erkrankung mit Affenpocken verursachen. Quelle der Behauptung soll ein Tweet eines israelischen Wissenschaftlers sein. Es gibt jedoch keine Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen mRNA-Impfstoffen und Affenpocken.

von Kimberly Nicolaus

Affenpocken
Positives Testergebnis einer Affenpocken-Infektion (Symbolbild: Picture Alliance / Chromorange / Christian Ohde)
Behauptung
Laut des israelischen Wissenschaftlers Shmuel Shapira lösen mRNA-Impfstoffe Affenpocken aus.
Bewertung
Falsch. Shmuel Shapira hat nicht behauptet, dass mRNA-Impfstoffe Affenpocken-Infektionen auslösen. Er legte jedoch einen Zusammenhang nahe. Weder für das Eine noch für das Andere gibt es Hinweise. Affenpocken traten bereits in den 1970er Jahren auf.

Am 4. August veröffentlichte die österreichische Webseite TKP einen Artikel mit der Überschrift „Israelischer Top-Experte: Affenpocken kommen vom mRNA-Impfstoff“. In dem Artikel heißt es, Shmuel Shapira, ehemaliger Leiter des israelischen Instituts für biologische Forschung, habe auf Twitter geschrieben: „Affenpocken-Fälle waren jahrelang selten. In den letzten Jahren wurde ein einziger Fall in Israel dokumentiert. Es ist erwiesen, dass die mRNA-Impfstoffe das natürliche Immunsystem beeinträchtigen. Ein Ausbruch von Affenpocken nach einer massiven Covid-Impfung ist kein Zufall.“ Weiter heißt es, der Beitrag sei von Twitter gelöscht worden. Andere Nutzerinnen und Nutzer verbreiten den Inhalt auf Sozialen Netzwerken jedoch weiter (hier, hier und hier). Ob Shapira sich so geäußert hat, ist unklar. Wir fanden lediglich einen Tweet von ihm, in dem es heißt: „Twitter hat mich gewarnt, ich soll meinen Tweet, der eine Verbindung zwischen Affenpocken und Covid-19 herstellt, löschen.“

Aus dem diffusen Zusammenhang, den Shapira angeblich suggeriert hat, macht TKP die Aussage, Affenpocken würden verursacht durch die mRNA-Impfung. Für die Behauptung, Affenpocken seien eine Folge von Covid-19-Impfungen mit mRNA-Impfstoffen, gibt es jedoch keine Belege. Shapiras angebliche Behauptung, mRNA-Impfstoffe würden das Immunsystem nachhaltig schwächen, ist falsch.

Ein deutlicher Hinweis: Der erste Fall von Affenpocken beim Menschen wurde laut RKI schon 1970 bei einem Kind in der Demokratischen Republik Kongo festgestellt. Vereinzelte Ausbrüche gab es in den USA auch 2003 – lange vor der Corona-Pandemie. 

Impfungen mit mRNA-Impfstoffen schwächen das Immunsystem nicht nachhaltig, wie wir bereits mehrfach in Faktenchecks berichtet haben (hier und hier).

Ein angeblich gelöschter Tweet von Shmuel Shapira wird von andere Nutzerinnen und Nutzer in Sozialen Netzwerken weiterverbreitet
Ein angeblich gelöschter Tweet von Shmuel Shapira wird von andere Nutzerinnen und Nutzer in Sozialen Netzwerken weiterverbreitet (Quelle: Twitter; Screenshot und Schwärzung: CORRECTIV.Faktencheck)

Die mRNA-Impfstoffe gegen Covid-19 schwächen das Immunsystem nicht nachhaltig

Die aktuell gegen Covid-19 eingesetzten mRNA-Impfstoffe regen menschliche Zellen dazu an, das sogenannte Spike-Protein des Coronavirus zu produzieren. Das gibt den Anstoß für das Immunsystem, Antikörper gegen SARS-CoV-2 zu produzieren. Dadurch wird das Immunsystem so trainiert, dass eine Erkrankung unwahrscheinlicher wird oder milder verläuft. In einem Faktencheck von November 2021 haben wir den Vorgang ausführlich beschrieben. 

Dass Impfungen das Immunsystem nicht schwächen, erklärte auch Bodo Plachter, kommissarischer Leiter des Instituts für Virologie an der Universität Mainz gegenüber AFP Faktencheck. Als Erklärung für den Ausbruch der Affenpocken käme ein durch Impfung beeinträchtigtes Immunsystem deshalb nicht infrage. 

RKI: Ausbruch von Affenpocken wegen Virusübertragung – kein Zusammenhang mit mRNA-Impfstoffen

In Deutschland wurden laut RKI bislang 3.350 Fälle von Affenpocken gemeldet (Stand: 24. August 2022). Diese Fälle stünden in Zusammenhang mit einem weltweiten Ausbruch der Krankheit, die seit Mai 2022 insbesondere Europa betreffe, so das RKI. Die Zahl der wöchentlich übermittelten Fälle ist laut RKI seit Anfang August leicht rückläufig.

Nach übereinstimmenden Informationen des RKI und des Bundesforschungsinstituts für Tiergesundheit (Friedrich-Loeffler-Institut) handelt es sich bei Affenpocken um eine Viruskrankheit, die vermutlich vor allem von Nagetieren auf den Menschen übertragen wird. Eine Ansteckung von Mensch zu Mensch ist nach aktuellen Kenntnissen insbesondere bei engem Kontakt möglich. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schrieb am 27. Juni, dass sich die Krankheit vor allem unter Menschen verbreitete, die kürzlich sexuellen Kontakt mit einem neuen oder mehreren männlichen Partnern hatten. Weder das RKI, noch das Friedrich-Loeffler-Institut, noch die WHO verweisen auf einen Zusammenhang zwischen mRNA-Impfstoffen und Affenpocken. 

Redigatur: Matthias Bau, Steffen Kutzner

Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:

  • Robert-Koch-Institut: „Internationaler Affenpocken-Ausbruch: Fallzahlen und Einschätzung der Situation in Deutschland“, 25. August 2022: Link
  • Friedrich-Loeffler-Institut: „Nationales Referenzlabor für Affenpocken (Monkeypox), 25. August 2022: Link
  • Robert-Koch-Institut: „Antworten auf häufig gestellte Fragen zu Affenpocken“, 22. August 2022: Link
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