Nein, die EU unterstützte die Ukraine seit 2014 nicht mit 90 Milliarden Euro
Die EU habe die Ukraine seit 2014 mit 90 Milliarden Euro unterstützt, 18 Milliarden würden 2023 folgen, heißt es in Sozialen Netzwerken. Die Beiträge berufen sich auf die russische Nachrichtenagentur Tass – sie übersetzte aber ein Zitat von Ursula von der Leyen teils falsch. Die 18 Milliarden stimmen, die Summe von 90 Milliarden nicht.
Auf Telegram und Facebook kursiert ein angebliches Zitat von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Demnach soll sie gesagt haben: „Die Europäische Union hat die Ukraine seit dem Jahr 2014 mit 90 Milliarden Euro unterstützt und ich habe gute Nachrichten: Wir haben eine Vereinbarung getroffen, die Ukraine im Jahr 2023 mit weiteren 18 Milliarden Euro zu unterstützen, das sind 1,5 Milliarden Euro pro Monat.“
Laut den Beiträgen handelt es sich bei der Aussage um ein wörtliches Zitat der EU-Kommissionspräsidenten. Sie soll sich auf einer Konferenz zur Unterstützung der Ukraine in Paris so geäußert haben. Als Beleg wird ein Artikel der russischen Nachrichtenagentur Tass genannt. Doch das Zitat ist teilweise falsch übersetzt.
Ursula von der Leyen: Mehr als 19 Milliarden Euro Unterstützung für die Ukraine in 2022
Das angebliche Zitat der EU-Kommissionspräsidentin, das in den Beiträgen auf Sozialen Netzwerken geteilt wird, stimmt mit dem Inhalt der Nachrichtenmeldung von Tass überein. Dort wird das angebliche Zitat in Russisch wiedergegeben.
Doch hat das von der Leyen wirklich gesagt? Tass gibt als Quelle einen Auftritt der EU-Kommissionspräsidentin auf einer Konferenz zur Unterstützung der Ukraine in Paris an. Eine Google-Suche mit diesen Stichworten führt zu der Originalaufnahme von Ursula von der Leyens Rede und einem Transkript davon. Sie fand am 13. Dezember bei einer internationalen Solidaritätskonferenz zur Unterstützung der Ukraine in Paris statt. Weitere Teilnehmende waren unter anderem der französische Präsident Emmanuel Macron und Olena Selenska, die First Lady der Ukraine.
Aus der Originalaufnahme der englischsprachigen Rede geht hervor, dass von der Leyen nicht von 90 Milliarden Euro Unterstützung für die Ukraine seit 2014 sprach. Sie sagte (ab Minute 2:50): „In diesem Jahr haben die Europäische Union, die europäischen Mitgliedstaaten und ihre Finanzinstitutionen mehr als 19 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt, jetzt schauen wir auf das nächste Jahr, und ich habe sehr gute Nachrichten, denn gestern Abend konnte man sich auf 18 Milliarden Euro für die Ukraine einigen, anderthalb jeden Monat, also einen stetigen Fluss an direkter Budgethilfe.“ Weder in der Rede noch in dem Transkript steht etwas von 90 Milliarden Euro.
Richtig ist also, dass die EU die Ukraine laut von der Leyen im Jahr 2022 mit 19 Milliarden Euro unterstützt hat und weitere 18 Milliarden Euro als Unterstützungsleistungen im nächsten Jahr geplant sind. Die Rechnung von den angeblichen 90 Milliarden Euro seit 2014 geht auch abgesehen von der Rede nicht auf.
Laut Informationen der EU Kommission belaufen sich die Finanzhilfen der EU von 2014 bis 2021 auf etwa 7,8 Milliarden Euro. Zusätzliche 10 Milliarden wurden als Darlehen von der Europäischen Investitionsbank und der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung bereitgestellt. Wie Ursula von der Leyen sagte, seien es in 2022 mehr als 19 Milliarden Euro gewesen. Aus dem Informationspapier der EU Kommission geht hervor, dass es sich um 19,7 Milliarden Euro an finanzieller, humanitärer Hilfe, Soforthilfe und Budgethilfe handelt. Zusätzlich seien 3,1 Milliarden Euro im Rahmen der Europäischen Friedensfazilität bereitgestellt worden, um die Lieferung von militärischer Ausrüstung an die ukrainischen Streitkräfte zu unterstützen (Stand: Dezember 2022). Damit beläuft sich der Gesamtbetrag auf etwa 40,6 Milliarden Euro.
Über die Höhe der finanziellen Hilfe für die Ukraine kursierten in der Vergangenheit mehrfach falsche Behauptungen.
Redigatur: Viktor Marinov, Matthias Bau
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