Faktencheck

Video von Project Veritas: Pfizer dementiert Mutation des Coronavirus für Impfstoffentwicklung

Ein angeblicher Pfizer-Mitarbeiter behauptet in einem Video, dass der US-Pharmakonzern das Coronavirus gezielt mutiere, um frühzeitig passende Impfstoffe zu entwickeln. Das Video, gefilmt mit versteckter Kamera, wurde von der konservativen US-Plattform „Project Veritas“ veröffentlicht. Pfizer dementiert die Aussage. Belege für solche Vorgänge gibt es nicht.

von Kimberly Nicolaus

project-veritas-corona-mutation-jordon-walker
Dieses Undercover-Video wurde Ende Januar von der US-Plattform „Project Veritas“ veröffentlicht. Der Pharmakonzern Pfizer dementiert die darin aufgestellte Behauptung (Quelle: Twitter; Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)
Behauptung
Pfizer mutiere das Coronavirus gezielt, um neue Impfstoffe zu entwickeln. Das belegten Aussagen eines Pfizer-Mitarbeiters in einem Video.
Bewertung
Unbelegt. Laut des angeblichen Pfizer-Mitarbeiters sei in einem Meeting der Gedanke gekommen, das Coronavirus gezielt zu mutieren. Nachweise, die das belegen würden, gibt es nicht. Pfizer dementiert, bei der Covid-19-Impfstoffentwicklung sogenannte Gain-of-Function-Forschung betrieben zu haben. Ob die Person im Video bei Pfizer arbeitet, lässt sich nicht abschließend feststellen. Der Pharmakonzern äußert sich dazu nicht.

„Eilmeldung: Pfizer forscht an der Mutation des Covid-19-Virus für neue Impfstoffe“, schreibt die konservative US-Plattform Project Veritas auf Twitter. Belegen soll das eine Videoaufnahme eines angeblichen Pfizer-Mitarbeiters namens Jordon Trishton Walker. Das Video, veröffentlicht am 26. Januar, wurde fast 50 Millionen Mal gesehen, der Beitrag über 100.000 Mal geteilt. Die Meldung verbreitete sich international, auch im deutschsprachigen Raum kursiert das zehnminütige Video auf Twitter, Telegram, Youtube und Tiktok

Project Veritas filmte Jordon Trishton Walker anscheinend mit versteckter Kamera bei verschiedenen „Dates“ mit einem Undercover-Journalisten. Anschließend veröffentlichte die Plattform das Video mit mehreren Gesprächsausschnitten. Walker dementiert sie später in einem Konfrontationsvideo. Die Aussagen des angeblichen Pfizer-Mitarbeiters sind deshalb kontrovers, weil sie auf sogenannte Gain-of-Function-Forschung – also Experimente, die Organismen und Viren eine neue Eigenschaft verleihen – anspielen. Diese sind zum Teil umstritten, da sie Organismen potenziell gefährlicher machen können, jedoch auch positive Anpassungen bei Pflanzen oder Bakterien hervorrufen können. Auch in Bezug auf den Ursprung des Coronavirus wird immer wieder behauptet, das Virus sei durch Gain-of-Function im Labor entstanden. Das FBI hält eine Laborpanne inzwischen für „höchstwahrscheinlich“, belegt ist das bislang jedoch nicht, die Untersuchungen dauern an.

Wir dokumentieren im Folgenden, was der Mann im Video sagt und was über Pfizers Covid-19-Impfstoffentwicklung bekannt ist. Unsere Recherche zeigt: Ob es sich tatsächlich um einen Pfizer-Mitarbeiter handelt, lässt sich nicht abschließend feststellen. Der Pharmakonzern äußerte sich bis heute dazu nicht. Pfizer dementierte in einer Stellungnahme, solche gezielten Mutationen bei der Corona-Impfstoffentwicklung durchgeführt zu haben. Nachweise für solche Vorgänge gibt es nicht. 

Die von Project Veritas veröffentlichte Meldung über angebliche Aussagen eines Pfizer-Mitarbeiters, das Coronavirus mutieren zu wollen, verbreitet sich in Sozialen Netzwerken seit Ende Januar international (Quelle: Twitter; Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

Angeblicher Pfizer-Mitarbeiter: Coronavirus-Mutation sei ein Gedanke gewesen, der bei einem Meeting aufkam

Das online verbreitete Video besteht aus mehreren Gesprächsausschnitten, die teils mehrmals und in unterschiedlicher Länge gezeigt werden. Auch Ortswechsel sind erkennbar. Ob das Video die korrekte Reihenfolge der Fragen und Antworten darstellt, ist also unklar. Wir haben Project Veritas um die vollständigen Aufnahmen gebeten – eine Antwort haben wir nicht erhalten.

Zu sehen ist laut Einblendung ein Mann namens Jordon Trishton Walker. Er arbeite als „Director of Research and Development – Strategic Operation and mRNA Scientific Planning“ für Pfizer. Walker unterhält sich mit einer nicht zu sehenden Person, die der Einblendung nach Journalist bei Project Veritas ist. Zwischendurch wechselt das Bild zu einem Moderator: James O’Keefe, Gründer von Project Veritas. Auch der US-Virologe Robert Malone, der in der Vergangenheit mit Falschmeldungen zum Covid-19-Impfstoff auffiel, kommentiert zeitweise. 

Der Journalist fragt Walker: „Denkt Pfizer letztlich darüber nach, das Coronavirus zu mutieren?“ Walkers Antwort ist zu Beginn ein Zusammenschnitt aus mehreren Aussagen, die er zu unterschiedlichen Zeitpunkten getroffen hat. Unter anderem sagt er: „Das ist nicht das, was wir der Öffentlichkeit sagen, nein“, und: „Du musst versprechen, dass du es niemandem sagst.“ 

Wie im weiteren Verlauf des Videos deutlich wird (ab Minute 2:58), kamen Walkers Antworten etwas anders zustande. 

Tatsächlich fragt der Journalist, was Pfizer tue, um seine Impfstoffe zu „optimieren“. Zur Erinnerung: Natürliche Mutationen des Coronavirus führten dazu, dass die zurzeit in Deutschland dominierende Omikron-Variante ansteckender ist als frühere Varianten. Laut dem Robert-Koch-Institut (RKI) bieten die Covid-19-Impfstoffe weiterhin einen guten Schutz vor schweren Erkrankungen, die Wirksamkeit gegenüber einer Infektion mit der Delta-Variante sei jedoch höher gewesen als bei der Omikron-Variante. 

Zur Frage der „Optimierung“ des Corona-Impfstoffs antwortet der vermeintliche Pfizer-Mitarbeiter, es hätte dazu kürzlich ein Meeting gegeben. Später sagt er: „Eines der Dinge, die wir erforschen, ist: Warum mutieren wir [das Coronavirus, Anm. d. Red.] nicht einfach selbst, damit wir vorsorglich neue Impfstoffe entwickeln könnten?“ Danach führt Walker aus: „Es war ein Gedanke, der in einem Meeting aufkam, und wir dachten uns: Warum nicht? Wir werden das bei weiteren Diskussionen in Betracht ziehen.“ Es ginge darum, zu untersuchen, wie man Mutationen „abfangen“ könne, bevor sie in der Natur auftauchten. Es bleibt unklar, ob Walker in dem Zusammenhang von Zukunftsplänen spricht oder ob es sich um einen Ideenaustausch handelt. 

Mann im Video von Project Veritas verneint Gain-of-Function-Forschung

Für den Project Veritas-Journalisten klingen Walkers Beschreibungen nach Gain-of-Function. Walker widerspricht: „Es ist definitiv nicht Gain-of-Function‘. Directed evolution ist sehr anders.“ Pfizer dementiert in einer Stellungnahme bei der Entwicklung der Covid-19-Impfstoffe Gain-of-Function oder directed evolution“-Forschung durchgeführt zu haben. 

Vereinfacht gesagt geht es bei Gain-of-Function-Experimenten darum, Viren oder einem Organismus eine neue Funktion zu verleihen; bei „directed evolution“ wird eine Gruppe von Viren verschiedenen Umweltfaktoren ausgesetzt, um zu schauen, welche Viren mit welchen Eigenschaften sich vermehren oder überleben.

Was bedeutet „Gain-of-Function“?
„Gain of Function (GoF) bedeutet, dass einem Organismus eine Funktion verliehen wird, die er vorher nicht hatte“, schrieb uns Julia Häberlein, Referentin der Pressestelle am Leibniz-Institut für Virologie. Das geschehe zum Beispiel, indem Mutationen unter geeigneten Laborbedingungen gezielt eingefügt werden oder ein bestimmtes Gen von einem Organismus auf einen anderen übertragen wird. Solche Experimente könnten neue Viren-Varianten hervorbringen, um dann zum Beispiel schon die Wirksamkeit von Behandlungs- und Präventionsmaßnahmen an möglicherweise in der Zukunft auftretenden Virus-Varianten zu testen. „Nicht jede Mutation eines Organismus ist auch ein ‚Gain-of-Function‘-Experiment“, so Häberlein. Organismen könnten auch so manipuliert werden, dass beispielsweise eine Funktion verloren geht, ein Erreger also beispielsweise nicht mehr übertragbar ist. Das Institut führe selbst keine solche Experimente durch.
Was bedeutet „directed evolution“?
Die „directed evolution“ dient laut Julia Häberlein vom Leibniz-Institut für Virologie dazu, eine Vorhersage über zukünftig entstehende Virus-Varianten zu machen und die damit verbundenen Resistenzen zu untersuchen. Man könne damit auch herausfinden, weshalb sich bereits existierende Virus-Varianten entwickelt haben und so die „natürliche Mutation“ eines Virus nachvollziehen. Bei der „directed evolution“ sei eine bestimmte Population von Viren einem sogenannten Selektionsdruck ausgesetzt. Das bedeutet: Bestimmte Umweltfaktoren wirken auf die Viren ein. Dadurch können zum Beispiel Erkenntnisse gewonnen werden, welche Eigenschaften eines Virus zur Vermehrung und Überleben unter den Bedingungen beigetragen haben.

Laut Walker forsche Pfizer dazu, ob ausgewählte Strukturmutationen die Covid-19-Impfstoffe „leistungsstärker“ (Englisch: „potent“) machen könnten. Was er damit konkret meint, ist unklar. Er beschreibt auch, wie ein solches wissenschaftliches Experiment zu Covid-19-Mutationen aussehen könnten (ab Minute 3:33): „Es würde so funktionieren, dass wir das Virus in Affen stecken und dann bringen wir sie nacheinander dazu, sich gegenseitig zu infizieren. Wir sammeln Serienproben von ihnen und setzen die Viren, die infektiöser sind, in einen anderen Affen und mutieren das Virus so einfach ständig.“ 

Pfizer wollte Walkers Aussagen auf Nachfrage nicht kommentieren. Mehrere Fachleute aus den Bereichen Biochemie und Mikrobiologie äußerten gegenüber der US-amerikanischen Faktencheck-Redaktion factcheck.org jedoch Zweifel, wie realistisch ein solches Experiment wäre. Stanley Perlman, ein Coronavirus-Forscher an der Universität Iowa hebt die möglichen Umstände der Aussage hervor: Solche Diskussionen könnten stattgefunden haben, jedoch zum Beispiel „zwischen einem Haufen Führungskräfte mit wenig virologischem Training“ oder in Form eines offenen Brainstormings, weit entfernt von einer realistischen Umsetzung. 

Das vollständige Skript des Videos (auf Englisch) von Project Veritas ist hier nachzulesen.  

Seine Aussagen dementiert Walker später, als Project Veritas ihn mit dem Undercover-Video konfrontiert: „Ich bin wortwörtlich ein Lügner. Ich habe versucht, eine Person bei einem Date zu beeindrucken, indem ich gelogen habe. Ich bin nicht einmal Wissenschaftler, ich habe bei einer Consulting-Firma gearbeitet, die Geschäfte macht.“

Project Veritas: Umstrittene Plattform
Die Methoden der konservativen US-Enthüllungsplattform Project Veritas wurden in der Vergangenheit als „umstritten“ bezeichnet. In einem Bericht der New York Times vom November 2021 heißt es etwa, dass Project Veritas Personen beschäftigt, die ihre echten Identitäten verschleiern, um Zielorganisationen zu infiltrieren und gegen Bundesgesetze verstößt.“ Im November 2017 berichtete auch die Washington Post über eine bei Project Veritas angestellte Frau. Sie habe sich an die Washington Post gewandt, um eine Fake-Geschichte in die Zeitung zu bringen, die sich um einen Kandidaten für den US-Senat drehte.
Seit Februar 2023 arbeitet Gründer James O’Keefe nicht mehr bei Project Veritas. Laut Medienberichten hat der Vorstand ihn Anfang Februar in bezahlten Urlaub geschickt; er habe übermäßige Mengen an Spendengeldern für persönlichen Luxus ausgegeben.

Pfizer dementiert Vorwürfe zu angeblicher Forschung an einer Mutation von Covid-19

Wir haben bei Pfizer nachgefragt, ob die Aussagen von Walker stimmen. Die Pressestelle antwortete nicht auf unsere Fragen, verwies aber auf eine Pressemitteilung vom 27. Januar. Darin heißt es: „Im Rahmen der laufenden Entwicklung des Covid-19-Impfstoffs von Biontech/Pfizer hat Pfizer keine Forschungen zur sogenannten gain of function oder directed evolution durchgeführt.“

Auszug aus der Pressemitteilung von Pfizer vom 27. Januar (Quelle: Pfizer; Screenshot und Markierung: CORRECTIV.Faktencheck)

Pfizer nimmt in seiner Stellungnahme zudem Bezug auf sein Corona-Medikament Paxlovid: Das Unternehmen untersuchte demnach im Labor, ob potentielle Coronavirus-Mutationen widerstandsfähig gegen Bestandteile von Paxlovid wären – dieses also unwirksamer machen könnten. Für diese Untersuchung gebe es unterschiedliche Möglichkeiten, etwa Computersimulationen. Ein beschriebener Aspekt sorgte jedoch für Spekulationen: In „wenigen Fällen“, wenn ein Virus keine eigenschaftsgewinnenden Mutationen enthalte, heißt es, könne man es anpassen, um die Wirksamkeit des Medikaments festzustellen. Julia Häberlein, Referentin der Pressestelle am Leibniz-Institut für Virologie, sieht in der Formulierung keinen Beleg für Gain-of-Function-Experimente. Auch Peter Hotez, Dekan der National School of Tropical Medicine am Baylor College of Medicine in Texas, sagte gegenüber der Nachrichtenagentur AP, dass nichts in der Erklärung darauf hindeute, dass Pfizer Forschungen durchführt, die darauf abzielten, die Gefährlichkeit des Coronavirus, zu erhöhen.

Simon Clarke, Mikrobiologe an der Universität in Reading, Großbritannien, sagte – ebenso wie Pfizer in seiner Pressemitteilung – gegenüber der britischen Daily Mail: Experimente, die die Wirksamkeit eines Medikaments gegenüber verschiedenen Mutationen prüfen, seien Routine bei der Entwicklung neuer antiviraler Arzneimittel und würden von Regulierungsbehörden weltweit verlangt. Die Europäische Arzneimittelbehörde empfiehlt Pfizer in dem Bewertungsbericht zu Paxlovid, Ergebnisse solcher Experimente bereitzustellen. 

Zwischenfazit: Project Veritas-Gründer James O’Keefe zog aus dem Undercover-Video die Schlussfolgerung: „Pfizer-Direktor sagt vor der Kamera, dass sie das Covid-19-Virus ‚mutieren‘, um die Ansteckungsgefahr zu erhöhen.“ Dies lässt sich aus dem Gesagten jedoch nicht ableiten. Walker spricht von „Gedanken“ über mögliche Mutationsexperimente. Pfizer dementiert, Mutationen in Form von Gain-of-Function-Experimenten bei der Impfstoffentwicklung durchgeführt zu haben. Fachleute sehen in Pfizers Stellungnahme keine Hinweise auf ungewöhnliche Forschungsvorgänge. 

Arbeitet Jordon Walker bei Pfizer? 

Ob der Mann im Video oder eine Person namens Jordon Trishton Walker überhaupt bei Pfizer arbeitet, wollte der Pharmakonzern uns gegenüber nicht kommentieren. Auch in der Pressemitteilung äußerte sich Pfizer dazu nicht.

Etwa eine Stunde nach Veröffentlichung des Undercover-Videos auf Twitter machte Project Veritas vermeintliche Belege über Walkers Anstellung bei Pfizer publik. Wir haben sie uns angeschaut und recherchiert, was über Walker bekannt ist:

Nach dem Undercover-Video veröffentlichte Project Veritas auf Twitter auch vermeintliche Belege wie diesen, die zeigen sollen, dass Jordon Walker bei Pfizer arbeite (Quelle: Twitter; Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

Ganz oben in dem vermeintlichen Pfizer-Organigramm ist Pfizer-Chef Albert Bourla gelistet. Er ist auf der Webseite von Pfizer geführt. Auch Mikael Dolsten und Shuang Sarah Wu sind nachweislich bei Pfizer angestellt. Ein weiterer von Project Veritas veröffentlichter Screenshot zeigt teilweise Profilfotos der angeblich bei Pfizer angestellten Personen, die im Organigramm abgebildet sind. Dafür, dass Eileen A. Elliott bei Pfizer arbeitet, finden wir einige Hinweise. Zu den anderen Personen finden wir größtenteils nur Profile in beruflichen Sozialen Netzwerken mit Hinweisen, dass sie bei Pfizer arbeiten – von wem sie erstellt wurden, lässt sich jedoch nicht sagen. 

Am 6. Februar, veröffentlichte Project Veritas einen weiteren vermeintlichen Beleg dafür, dass Walker bei Pfizer arbeitet: In einem auf Twitter veröffentlichten Dokument, das ihnen zugespielt worden sei, warnt Pfizer angeblich davor, dass Mitarbeitende ohne Wissen gefilmt würden und „geködert“, um vertrauliche Informationen zu erhalten; einer Person sei dies kürzlich passiert. Wir haben den Pharmakonzern gefragt, ob das Dokument echt ist und von wem es unterschrieben wurde. Die Pressestelle antwortete uns: „Wir äußern uns nicht über unser Statement vom 27. Januar hinaus zu diesen Spekulationen.“

Online-Profile von Jordon Walker inzwischen nicht mehr abrufbar

Eine Google-Suche nach „Jordon Walker“ und „Pfizer“ führt zu einem LinkedIn-Profil, das inzwischen nicht mehr abrufbar ist (Stand: 3. Februar 2023). Auch bei der Datenanalyse-Plattform Apollo tauchte sein Name in Zusammenhang mit einer Anstellung bei Pfizer auf – aber auch hier ist das Profil nicht mehr abrufbar. Gleiches bei Signalhire, einer Online-Plattform zur Personalbeschaffung: Jordon Walker arbeite bei Pfizer, sein Profil ist aber nicht mehr verfügbar. Zuletzt aktualisiert wurde das Profil dort Anfang Januar 2023. 

Bei Zoominfo ist ein Profil mit fast demselben Namen abrufbar: Jordan Walker. Änderungen an diesem Profil wurden zuletzt einen Tag nach Veröffentlichung des Project Veritas-Videos vorgenommen. Was geändert wurde, ist nicht nachvollziehbar. Abgesehen davon, dass der Name, wie auch in einem Twitter-Beitag von Project Veritas, anders geschrieben wird – Jordan statt Jordon – unterscheidet sich auch der sichtbare Teil der E-Mail-Adresse. Das sind Hinweise, dass es sich zumindest bei diesem Profil um eine Fälschung handeln könnte.

Wir suchen weiter und finden einen online veröffentlichten Lebenslauf (hier und hier) von Jordon Walker. Dort steht, er sei seit Juni 2021 Leiter der Abteilung „Worldwide R&D Strategic Operations and mRNA Scientific Planning“ bei Pfizer, so wie es auch in dem Undercover-Video angegeben ist. 

Wir haben die im Lebenslauf angegebenen E-Mail-Adressen und Telefonnummern kontaktiert. Eine Nummer gehört zur allgemeinen Postanschrift des Unternehmens, die andere schaltet direkt auf eine Mailbox. Unsere Anfrage an jordonwalker@imscg.com konnte nicht zugestellt werden. Von der angegebenen Privat-E-Mail erhielten wir keine Rückmeldung, doch der Empfang unserer E-Mail an jordon.walker@pfizer.com wurde uns bestätigt, auch eine E-Mail an jordan.walker@pfizer.com (mit „a“) schien zustellbar. Das zeigt allerdings nur, dass solche Pfizer-Mailadressen existieren.

Laut seinem Lebenslauf habe Jordon Walker einen Bachelorabschluss in Entwicklungsbiologie von der Yale University. Wir haben die Universität kontaktiert, jedoch bis zur Veröffentlichung keine Antwort erhalten. Seinen Doktor der Medizin habe er am UT Southwestern Medical Center im US-Bundesstaat Texas erlangt. Eine Google-Suche mit seinem und dem Namen der Universität führt zu einem Artikel auf der Universitäts-Webseite. Dort steht der Name „Jordan Trishton Lee Walker“ in einem Artikel über die UT Southwestern Medical School Class 2018. Sein Fachgebiet: Radiologie. Auch diese Universität haben wir kontaktiert. Unsere Anfrage blieb unbeantwortet.

Mit den Stichworten „UT Southwestern Medical School“ finden wir auf Youtube außerdem ein Video mit dem Titel „UT Southwestern Medical School-Class of 2018 Slideshow“ – dieselbe Abschlussklasse, in der auch Jordon Walker gewesen sein soll. Darin finden sich mehrere Fotos, die dieselbe Person zeigen, wie in dem von Project Veritas veröffentlichten Undercover-Video.

In einem der Fotos aus dem Youtube-Video „UT Southwestern Medical School-Class of 2018 Slideshow“ (links) heißt es, der Mann sei Trishton Walker. Sein Aussehen und Name stimmen mit dem Undercover-Video von Project Veritas (rechts) überein (Quelle: Youtube / Twitter; Screenshot und Collage: CORRECTIV.Faktencheck)

In einem der Fotos aus der Slideshow steht „worst case of senioritis: Trishton Walker“. Das Aussehen und der Name des Mannes stimmen mit dem von Project Veritas veröffentlichten Undercover-Video überein. Dass es sich bei der abgebildeten Person um Jordon Walker handelt, ist also wahrscheinlich. Ob Walker bei Pfizer arbeitet, lässt sich nicht abschließend feststellen. 

Fazit: Die Aussage, ob Pfizer gezielt das Coronavirus mutiere, ist unbelegt; ebenso, ob der Mann im Video tatsächlich bei Pfizer arbeitet. Das von Project Veritas veröffentlichte Video ist zusammengeschnitten und lässt Fragen zum Kontext und dem Gesprächsverlauf offen. Die angeführten Screenshots belegen nicht zweifelsfrei, dass Jordon Walker „Director of Research“ bei Pfizer ist. Trotz mehrfacher Anfrage macht Pfizer keine Angaben dazu. Der Mann sagt im Video, dass bei einem Meeting der Gedanke aufgekommen sei, das Coronavirus zu mutieren, um dazu passende Impfstoffe herzustellen. Pfizer dementiert jedoch, eine solche Mutation bei der Impfstoffentwicklung durchgeführt zu haben. Belege dafür gibt es nicht. 

Redigatur: Steffen Kutzner, Sophie Timmermann

Update, 3. März 2023: Wir haben präzisiert, dass das FBI die Labortheorie derzeit als „höchstwahrscheinlich“ einstuft.

Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:

  • Pressemitteilung von Pfizer, 27. Januar 2023: Link (archiviert)
  • Artikel vom UT Southwestern Medical Center, 16. März 2018: Link (archiviert)
  • Skript des Undercover-Videos von Project Veritas: Link
  • Wirksamkeit der Covid-19-Impfstoffe, RKI, 7. Februar 2023: Link