Nein, Sophie Rebecca absolvierte nicht die Royal Ballet School in London
Das Schweizer Magazin Die Weltwoche veröffentlichte einen transfeindlichen Artikel und behauptete: Sophie Rebecca sei die erste trans Frau, die die angesehene Royal Ballet School in London absolvierte. Doch Rebecca war dort nie Schülerin.
„Wer sich als Mann plötzlich als Frau fühlt, tanzt heutzutage schnell mal an der angesehensten Ballettschule der Welt. So wie Sophia Rebecca“, titelte am 12. April das Schweizer Magazin Die Weltwoche, das bereits in der Vergangenheit Desinformation verbreitete. In Wahrheit heißt Rebecca mit Vornamen Sophie, nicht Sophia. Laut dem Artikel ist sie die erste trans Frau, die die Royal Ballet School in London absolvierte und „professionell Ballett tanzen“ dürfe.
Die Autorin des Artikels, Anabel Schunke – Medienberichten zufolge neurechte Influencerin in Deutschland – veröffentlichte auf ihrem Twitter-Profil bereits am Tag zuvor ein Foto und schrieb dazu: Das sei Sophie Rebecca, ehemals Rallyefahrerin und IT-Technikerin, die „als erste Transgender-Frau das Examen der Royal Ballet School bestanden“ habe. Die Ballettschule erlaube seit 2013 „Transgender“ im Damenballett.
Sowohl in den Beiträgen als auch den Kommentaren stehen transfeindliche Beleidigungen. Der Twitter-Beitrag wurde über 900 Mal geteilt. Die Behauptungen zu Sophie Rebecca sind jedoch falsch.
Sophie Rebecca war nie an der Royal Ballet School in London
Wir haben bei der Royal Ballet School in London nachgefragt, ob Sophie Rebecca die Ballettschule abgeschlossen hat. Die Presseabteilung bestätigte uns am Telefon, dass sie ausschließlich Tänzerinnen und Tänzer im Alter von 11 bis 19 Jahren unterrichten würden. Rebecca sei älter und daher nicht an der Royal Ballet School; sie habe auch zu früheren Zeiten keine Aufnahmeprüfung abgelegt. Zu der Frage, seit wann die Schule „Transgender“ im Damenballett erlaube, hieß es telefonisch, dass die Royal Ballet School die Geschlechtsidentitäten ihrer Schülerinnen und Schüler nicht kommentiere.
International kursiert auch ein Bild mit englischem Text, das auf Twitter millionenfach angezeigt wurde. Darauf steht, Rebecca habe als erste trans Frau Examen an der Royal Ballet Academy absolviert, doch eine Ballettschule mit diesem Namen existiert gar nicht. Im Beitragstext dazu wird wiederum eine andere Schule genannt. Dort heißt es, sie sei als erste trans Frau an der Royal Academy of Dance (RAD) aufgenommen worden.
Sophie Rebecca absolvierte Prüfungen an der Royal Academy of Dance, ist aber keine professionelle Tänzerin
Rebecca veröffentlichte am 11. April ein Statement auf Instagram, in dem sie klarstellte: „Ich habe nie mit dem Royal Ballet oder an der Royal Ballet School getanzt, es ist absurd, so etwas zu glauben.“ Ähnlich äußerte sie sich auch auf Facebook und Twitter.
Die Royal Academy of Dance (RAD), die in den englischsprachigen Beiträgen genannt wird, sitzt ebenfalls in London und bildet unter anderem auch in Deutschland Tänzerinnen und Tänzer aus. Auf der britischen Webseite ist Rebecca als eine von 100 Personen gelistet, die die RAD geprägt haben. Inzwischen ist die Webseite nicht mehr erreichbar, in einer archivierten Version steht: Sie arbeite als IT-Beraterin und habe im Alter von 33 Jahren begonnen zu tanzen.
Auf Instagram schrieb die RAD am 13. April auf Englisch: „Wir sind uns des Online-Missbrauchs bewusst, der derzeit in den sozialen Medien gegen Sophie Rebecca gerichtet wird. Wir finden dieses Verhalten völlig inakzeptabel.“ Rebecca habe, wie viele andere Menschen auch, eine Reihe von RAD-Prüfungen abgelegt. Im Gegensatz zu dem, was in den sozialen Medien verbreitet werde, sei sie jedoch keine professionelle Balletttänzerin. Weiter heißt es: „Wir sind begeistert, wie wichtig der Tanz für Sophie Rebeccas Leben ist, und sie hat die volle Unterstützung der RAD.“
Redigatur: Uschi Jonas, Paulina Thom